"Ich habe alles richtig gemacht"

Von Für SPOX in Istanbul: Fatih Demireli
Mehmet Ekici wechselte vor der Saison vom 1. FC Nürnberg zu Werder Bremen
© Getty

Mehmet Ekici ist eines der Gesichter des Umbruchs in der türkischen Nationalmannschaft. Die verjüngte Truppe von Guus Hiddink will gegen Deutschland (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) einen großen Schritt Richtung EM-Playoffs machen. Im Interview spricht Ekici über Siegchancen, den Umbruch, sein Idol Mehmet Scholl und warum der Wechsel zu Werder Bremen richtig war.

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SPOX: Guus Hiddink sagt, dass es eine Überraschung wäre, wenn die Türkei gegen Deutschland gewinnen würde. Sehen Sie das ähnlich?

Mehmet Ekici: Sicher ist Deutschland der Favorit des Spiels und es wird für uns nicht einfach. Die Deutschen haben sich souverän für die EM qualifiziert, aber wir haben dennoch keine Angst vor Deutschland und wollen das Spiel natürlich gewinnen. Wir haben auch unsere Ziele.

SPOX: Spinnen wir mal ein bisschen: Es steht das Angebot, das Spiel nicht anzupfeifen und beide Mannschaften erhalten automatisch einen Punkt. Deal?

Ekici: Ich hätte nichts dagegen. Der Blick auf die Tabelle genügt, damit jeder weiß, was wir brauchen. Mit einem Unentschieden könnten wir leben, aber dann müssen wir gegen Aserbaidschan gewinnen. Belgien hat Deutschland auch noch vor der Brust. Wir wären mit vier Punkten in beiden Spielen durch.

SPOX: Jetzt lassen Sie mal den Fußballer Mehmet Ekici außen vor. Was hat die Partie für den Menschen Mehmet Ekici, der in Deutschland geboren wurde, zur Schule gegangen ist und heute noch in Deutschland lebt für eine Bedeutung?

Ekici: Ich bin in Deutschland groß geworden und in diesem Land wurde mir alles ermöglicht, deswegen bin ich Deutschland auch sehr dankbar. Natürlich ist es für mich eine besondere Situation, denn ich spiele für die Türkei, mein Vaterland, und wenn ich die Möglichkeit bekommen sollte, werde ich dementsprechend auch auftreten.

SPOX: Wie ist es bei Ihnen im Umfeld? Rufen Freunde an und sagen: "Mehmet verliert nicht, sonst kann ich morgen nicht zur Arbeit"?

Ekici: (lacht) Ja, viele Freunde rufen mich tatsächlich an. Es ist für die Türken in Deutschland ein sehr wichtiges Spiel, aber das gilt auch für die Leute hier in der Türkei. Die Fans im Stadion werden uns nach vorne pushen und es wird eine ganz andere Stimmung als in Berlin. Die Fans hier sind fanatischer und aggressiver - ein Vorteil für uns.

SPOX: Apropos Berlin: Damals hat die Türkei sang- und klanglos 0:3 verloren. Was hat sich seitdem verändert in der türkischen Mannschaft?

Ekici: Die Mannschaft ist jünger geworden. Natürlich klappt nach dem Umbruch noch nicht alles, schließlich geht es nicht immer sofort von 0 auf 100, aber wir haben viele junge und vor allem hungrige Spieler, die unbedingt gewinnen wollen, aber sich auch präsentieren und weiterentwickeln wollen. Wir haben sehr gute Einzelspieler, die europaweit unterwegs sind. Wir sind auf dem Weg zu einer Einheit, aber das braucht Zeit. Für die Weiterentwicklung der Mannschaft wäre die Teilnahme an der EM deswegen sehr wichtig.

SPOX: Sie sind ein Teil dieses Umbruchs, gehören seit November 2010 zum Kader. Wie sehen Sie seitdem Ihre Entwicklung in der Nationalmannschaft? Man hat das Gefühl, dass es für Sie noch nicht die richtige Position gibt. Guus Hiddink lässt Sie spielen, aber ständig auf anderen Positionen...

Ekici: Ich muss sagen, dass es für mich der absolut richtige Schritt war und ich stehe hinter meiner Entscheidung, für die Türkei zu spielen. Es ist richtig, dass unser Trainer sehr viel rotiert auf den Positionen und da gibt es keine feste Vergabe, deswegen ist es für mich auch schwer zu sagen: Das ist meine Position. Es ist ganz einfach: Er entscheidet, ich spiele.

SPOX: Sie sind der klassische Zehner, aber teilweise haben Sie beim 1. FC Nürnberg und auch schon in der Jugend des FC Bayern als Sechser fungiert. Welche Position bevorzugen Sie persönlich?

Ekici: Das ist schwer zu sagen. Letztlich ist es ausschlaggebend, wo man der Mannschaft am besten helfen kann und ob die Leistung stimmt. Stimmt die Leistung der Einzelspieler, funktioniert die Mannschaft und dann ist es auch die richtige Position.

SPOX: Es ist aber schon auffällig, dass viele "gebürtige Zehner" zum Sechser mutiert sind. Toni Kroos, den Sie vom FC Bayern noch kennen, ist das letzte Beispiel. Wie sehen Sie diese Entwicklung als Prototyp dieser Gattung Spieler?

Ekici: Ich bin als Sechser groß geworden, ich habe diese Position in der Bayern-Jugend gespielt und bin von Jahr zu Jahr nach vorne gerückt und daher hatte ich auch keine Probleme, als ich wieder auf der Sechs spielen musste, zumal man im Zentrum bleibt.

SPOX: Gibt es für Sie ein Vorbild?

Ekici: Vorbilder gibt es immer, gerade in jungen Jahren. Bei mir waren das Mehmet Scholl und Zinedine Zidane.

SPOX: Scholl war Ihr Trainer bei Bayern II und gilt als Ihr großer Förderer. Haben Sie noch Kontakt?

Ekici: Ja, wir telefonieren und schreiben uns immer wieder. Der Kontakt mit ihm ist nicht abgebrochen.

SPOX: Schauen Sie eigentlich mal nach, was Ihre Ex-Kollegen von der Zweiten Bayerns machen?

Ekici: Ja, ich verfolge die Mannschaft natürlich, weil ich dort eine sehr schöne Zeit hatte und da drückt man natürlich weiter die Daumen. Leider sind sie in die Regionalliga abgestiegen. Die Mannschaft hat viele junge Spieler und es natürlich ein Unterschied, ob man für Junioren spielt oder für die Herren, weil die Gangart viel härter ist. Ich hoffe, dass Bayern aber schnell wieder zurückkehrt.

SPOX: Sie haben sich damals dafür entschieden, sich zum 1. FC Nürnberg ausleihen zu lassen, obwohl Sie Louis van Gaal halten wollte. In Nürnberg sind Sie zum Bundesliga-Spieler gereift und zum Nationalspieler geworden. Wie schaut es mit der Verbundenheit zum Club heute aus?

Ekici: Die ist groß. Sie haben mir die Türen geöffnet und mir die Bundesliga ermöglicht. Ich hatte mit Dieter Hecking einen sehr guten Trainer, der mich unterstützt und vorangebracht hat. Nürnberg hat vielleicht nicht viele finanzielle Mittel, aber der Jugendstil bringt den Verein voran und das sieht man auch in dieser Saison wieder. Die Abgänge wurden kompensiert.

SPOX: Nach Nürnberg hätten Sie auch beim FC Bayern bleiben können, aber Sie sind zu Werder Bremen gegangen. Was sprach für Werder?

Ekici: Werder ist ein großer Name, der international anerkannt ist. Der Klub ist mit das Beste, was es in Deutschland gibt. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, die charakterlich und fußballerisch sehr stark ist. Ich weiß, dass ich alles richtig gemacht habe.

SPOX: Inwiefern ist Bremen auch als eventuelles Sprungbrett gedacht? Stichwort: Mesut Özil...

Ekici: Soweit denke ich gar nicht. Ich bin noch jung und will erst einmal den nächsten Schritt hier in Bremen machen. Ich muss mich fest in die Bremer Mannschaft spielen, das ist das Wichtige.

SPOX: Hand aufs Herz: Wie sehr haben die Vergleiche mit Mesut Özil anfangs genervt?

Ekici: Ach ja, natürlich nervt das, aber mit der Zeit schaltet man das ab und hört nicht mehr hin. Ich bin ich, er ist er. Wir sind sehr verschieden.

Die deutsche Gruppe in der EM-Quali

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