Chaos in der Nachspielzeit: Remis gegen Polen

Von Stefan Moser / Marc-Oliver Robbers
Harte Duelle im Mittelfeld: Miroslav Klose im Zweikampf mit Damien Perquis
© Getty

Die deutsche Nationalmannschaft bleibt auch im 17. Länderspiel gegen Polen ohne Niederlage. Beim Testspiel am Dienstag kam die Elf von Bundestrainer Joachim Löw durch einen Last-Minute-Treffer von Cacau zu einem 2:2 (0:0).

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Vor 40.000 Zuschauern in der EM-Arena in Danzig brachte der Dortmunder Robert Lewandowski (54.) die Gastgeber in Führung. Toni Kroos (68.) erzielte per Foulelfmeter den Ausgleich. Das erste Länderspieltor des Münchners.

In der Nachspielzeit überschlugen sich die Ereignisse: Nach einem Foul von Torhüter Tim Wiese traf mit Jakub Blaszczykowski (91.) auch der zweite Dortmunder aus elf Metern. Den erneuten Ausgleich erzielte mit dem Schlusspfiff Cacau (94.).

Die Reaktionen:

Joachim Löw (Bundestrainer): "Ich bin dankbar, dass wir solche Spiele machen können. Und dankbar, dass uns noch das Tor in der Schlussminute gelungen ist. Und ich bin dankbar, dass wir nicht jedes Spiel gewinnen. Dass manche Dinge nicht so funktionieren, liegt auch in meiner Verantwortung - wenn man so viele Wechsel vornimmt. In einem Testspiel muss auch nicht alles funktionieren, aber es bringt viele Erkenntnisse für die Trainer. Wir hatten schon in der ersten Halbzeit gute Möglichkeiten. Dass wir sind nach zweimaligem Rückstand wieder zurückgekommen sind, zeigt mir, dass wir noch andere Möglichkeiten haben."

Lukas Podolski: "Es war ein ganz besonderes Spiel. Wir hatten schon in der ersten Halbzeit einige gute Möglichkeiten. Wenn wir die Tore machen, sieht es hier anders aus. Aber man muss den Polen ein Kompliment machen, sie haben toll gekämpft."

Thomas Müller: "Wir haben ziemlich offensiv agiert, defensiv haben wir ab und zu nicht so gut gestanden. Mit dem 2:2 können wir insgesamt leben, ein 1:2 hätte mir nicht so gut gefallen. Wichtig ist aber, was der Trainer sieht und dass wir die Philosophie umsetzen. Das Ergebnis ist zweitrangig."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Özil, Schweinsteiger und Neuer durften bereits nach Hause fahren. Insgesamt wechselt Löw gleich auf sieben Positionen: Wiese im Tor, Träsch, Boateng und Mertesacker neben Lahm in der Viererkette. Rolfes auf der Sechs, Götze und Schürrle im Mittelfeld. Die gebürtigen Polen Klose und Podolski bleiben im Team.

Für Polen starten die Dortmunder Blaszczykowski und Lewandowski sowie Peszko aus Köln. Insgesamt stehen neun Legionäre in der Elf von Trainer Smuda.

21.: Nach einer Ecke verliert Kroos am gegnerischen Strafraum den Ball. Der polnische Konter läuft über drei Stationen und landet bei Peszko, der aus 12 Metern von links abzieht. Sein Ball rauscht knapp am linken Pfosten vorbei.

42.: Dreifach-Chance für Deutschland! Klose bedient Podolski, der aus zehn Metern trocken abzieht. Szczesny pariert! Die Kugel landet bei Klose, der aus acht Metern abzieht. Szczesny mit einer unglaublichen einhändigen Parade. Den Nachschuss jagt Klose übers Tor.

54., 1:0, Lewandowski: Kuba treibt den Ball unbehelligt durchs Mittelfeld, steckt schön durch auf Dudka, der über herauseilenden Wiese fällt. Der Ball landet aber bei Lewandowski, der aus kurzer Distanz ins leere Tor einschiebt.

67.: Elfmeter für Deutschland: Glowacki legt Müller im Strafraum! Klare Sache: Strafstoß.

68., 1:1, Kroos: Schickt Szczesny nach links und schiebt locker nach rechts. Das erste Länderspieltor von Kroos!

90.: Elfmeter für Polen: Wiese kommt gegen Brozek zu spät, Boateng schaut nur zu.

91., 2:1, Blaszczykowski: Kuba verwandelt sicher ins rechte untere Eck. Keine Chance für Wiese!

94., 2:2, Cacau: Mit dem Schlusspfiff! Müller zieht über rechts in den Strafraum ein und passt flach in die Mitte, wo Cacau nur noch den Fuß hinhalten muss!

Fazit: Unterhaltsames und aufregendes Spiel - auch aufgrund der vielen Fehler. Nach der turbulenten Schlussphase darf sich Deutschland über das Ergebnis nicht beschweren.

Der Star des Spiels: Wojciech Szczesny. Der Keeper des FC Arsenal entschärfte satte zehn Schüsse auf sein Tor - die meisten davon überragend. Auch in der Strafraumbeherrschung und mit dem Fuß sehr souverän. Wie sein Pendant Wiese nutzte er die Unzulänglichkeiten in der Abwehr, um sich auszuzeichnen.

Der Flop des Spiels: Christian Träsch. Konnte die Chance nicht nutzen, sich für die offene Planstelle als rechter Außenverteidiger zu empfehlen. Hatte in der Defensive größte Mühe mit dem Tempo von Peszko. In der Offensive keine Ruhe am Ball und ohne klare Aktionen. Zusammen mit Rolfes, der nach gutem Beginn stark abbaute, der schwächste deutsche Feldspieler.

Der Schiedsrichter: Der Italiener hatte keine Probleme mit dem intensiven, aber insgesamt fairen Spiel. Auch die beiden Elfmeter waren korrekt. Diskussionswürdig war lediglich der erste Treffer für die Polen. Die Aktion von Dudka gegen Wiese war wohl eine Schwalbe. Dann hätte der Schiedsrichter Gelb zeigen und auf Freistoß für Deutschland entscheiden müssen.

Analyse: Sehr unterhaltsames, aber von vielen Fehlern geprägtes Spiel in der ersten Halbzeit. Auch mit verändertem Personal behielt Deutschland zunächst die taktische Marschroute aus dem Österreich-Spiel bei: sehr offensive Ausrichtung, hoch stehende Viererkette und nur ein echter Sechser.

Durch aggressives Pressing eroberte das Mittelfeld auch wieder früh viele Bälle und kam vor allem über den gut aufgelegten Kroos zu mehreren guten Torgelegenheiten.

Doch es waren auch einige Probleme erkennbar: Die Spieleröffnung aus der Abwehr über Boateng und Mertesacker funktionierte nicht, ungenaues Passspiel führte oft zu schnellen Ballverlusten im Mittelfeld.

Nachlässigkeiten beim Umschalten ermöglichten den flinken Polen dann auch gleich mehrere hochkarätige Chancen. Alleine der Kölner Peszko erwischte die schlecht gestaffelte rechte Abwehrseite gleich dreimal mit heruntergelassenen Hosen - scheiterte aber jeweils frei vor Wiese.

Auch nach der Pause blieb die deutsche Mannschaft enorm anfällig für Konter - auch weil das Mittelfeld in der Rückwärtsbewegung zu passiv agierte. Das Gegentor fiel erneut auch aufgrund der schlechten Staffelung in der deutschen Viererkette.

Gegen Ende der Partie litt der Spielfluss wie üblich unter den vielen Wechseln, auch wenn Müller wieder für mehr Spielwitz sorge. Erst in der Nachspielzeit überschlugen sich aber die Ereignisse. Unter dem Strich ein glückliches, aber nicht unverdientes Unentschieden - das Löw aber genügend Ansatzpunkte für Verbesserungen lässt.

Polen - Deutschland: Fakten zum Spiel

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