Löws Fünf-Elemente-Lehre

Von Für SPOX in Dortmund: Stefan Rommel
Wird wohl auch in Zukunft die Rolle des Kapitäns übernehmen: Philipp Lahm
© Getty

Gleich der Start ins Länderspieljahr soll ein Fingerzeig für 2011 werden. SPOX zeigt die fünf dringlichsten Fragen, die die neue Saison beantworten soll.

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Das mit den Auftaktspielen der deutschen Nationalmannschaft in ein neues Jahr ist so eine Sache. In der letzten Dekade ging die DFB-Auswahl sechs Mal als Verlierer vom Platz, zuletzt setzte es Niederlagen gegen Argentinien und Norwegen, beide zu Hause und beide mit 0:1.

Man hätte also durchaus angenehmer in das neue Jahr starten können, als mit einem Testspiel gegen einen viermaligen Weltmeister.

Dortmund freut sich auf Italien, und damit vielleicht auch ein bisschen auf die Revanche für die Ohnmacht stiftende Niederlage im WM-Halbfinale 2006 an gleicher Stelle (Mi., ab 20.30 Uhr im LIVE-TICKER).

Dabei soll die Squadra Azzurra nur der Auftakt werden für ein Jahr, das gerne als Übergangslösung zwischen den Turnieren gesehen wird, dessen sportlicher Stellenwert ohne einen großen Titelkampf aber dennoch von enormem Wert sein könnte.

Neben der Pflichtaufgabe "direkte Qualifikation für die Europameisterschaft 2012" ist Bundestrainer Joachim Löw auf der Suche nach Antworten zu weiteren dringlichen Fragen.

Die EM-Qualifikation:

Als "hard fact" steht Platz eins in der Gruppe A. Alles andere wäre bei bereits fünf Punkten Vorsprung auf Platz zwei eine große Enttäuschung. Deutschland dominiert die Staffel, auch wenn der Bundestrainer und Teammanager Oliver Bierhoff warnen.

"Das ist noch nicht gelaufen. Wir haben eine gute Ausgangssituation, aber die nächsten zwei, drei Spiele werden wichtig werden, gerade im März und dann später gegen Österreich", sagt Löw. "Das Ziel ist, die Qualifikation frühzeitig fix zu machen - und nicht im Oktober nach Istanbul zu einem Endspiel fliegen zu müssen."

Für die Playoff-Spieltage im November hat der DFB allerdings schon - wenngleich auch unter Vorbehalt - Testspiele gegen die Niederlande und die Ukraine vereinbart.

Michael Ballacks Zukunft:

Der Kapitän a.D. steht bei 98 Länderspielen, "jetzt wird er die 100 auch vollmachen, davon bin ich überzeugt", sagt Bierhoff. Allerdings ist das derzeit alles andere als klar. Ballacks Situation hat sich nach einem halben Jahr Verletzungspause verschlechtert, zumal die Konkurrenten auf der Position vor der Abwehr sicherlich mit einem Bonus ins Spieljahr gehen.

"Im defensiven Mittelfeld haben Schweinsteiger und Khedira gespielt, teilweise auch Toni Kroos", sagt Bierhoff. Zudem schickt sich mit Ballacks Vereinskollege Simon Rolfes ein weiterer Kandidat an, sich wieder in den engeren Kreis zu spielen.

Für die Partie gegen Italien sagte Löw noch telefonisch ab, ein Einsatz Ballacks war aber ohnehin nicht vorgesehen. "Wir werden uns im März treffen und reden", sagt Löw.

Rein sportlich sieht Bierhoff Ballacks mögliche Rückkehr sehr pragmatisch: Der dadurch noch mehr angefachte Konkurrenzkampf sei "für alle von Vorteil". Allerdings müsse er aber "zum Wohl des Teams kanalisiert werden". 2011 wird für Ballack persönlich definitiv das entscheidende Jahr im Hinblick auf seine Zukunft im Team.

Die Kapitänsfrage:

Sie ist automatisch gekoppelt an Ballacks Rückkehr. Stillschweigend ist der immer noch der Anführer der Mannschaft, Löw nennt ihn trotz Abwesenheit "Kapitän des Teams". Allerdings haben sich Philipp Lahm als nomineller und Bastian Schweinsteiger als emotionaler Kapitän bei der WM etabliert.

Es steht latent die Befürchtung neuer Machtspielchen im Raum, so wie vor dem WM-Halbfinale, als Lahm mit unglücklichen Aussagen für ziemlich viel Unruhe gesorgt hatte.

"Es wird im Miteinander auch wichtig sein, zu zeigen, dass es nicht um ein Kapitänsgerangel geht", sagt Bierhoff.

"Aufgrund seiner Persönlichkeit und seines Namens wird es bei Michael Ballack aber immer wieder Diskussionen geben, ob er Kapitän ist oder nicht", prophezeit Bierhoff: "Er steht immer im Fokus."

Wackelkandidaten und Neue:

Löw genießt das Privileg, so viel aus dem Jugendreservoir schöpfen zu können, wie noch kein Bundestrainer vor ihm. Zehn bis 15 Spielern traut er den Sprung nach ganz oben zu.

"Mittlerweile kann ein 19-Jähriger Druck auf einen 23-Jährigen machen. Das ist die beste Situation für einen Trainer. Die jungen Spieler haben mich zuletzt sehr beeindruckt, sie sind sehr entwicklungsfähig", gibt Löw zu, schränkt aber auch ein: "Ob sie den Ansprüchen genügen und bei der Nationalmannschaft eine tragende Rolle spielen werden, ist allerdings erst in einigen Monaten, vielleicht auch Jahren zu beantworten."

Aus der nachrückenden Generation dürften die Dortmunder Mats Hummels und Mario Götze große Chancen haben, 2011 den Durchbruch zu schaffen. "Hummels überzeugt mich mehr und mehr. Er hat sich in den letzten Monaten verbessert, im Defensivverhalten und in der Spielauslösung."

Noch euphorischer hören sich Löws Elogen auf den 18-jährigen Götze an. "Er ist das größte unserer Talente derzeit. So wie er derzeit spielt, gehört er fest zum A-Team."

Auf der anderen Seite müssen sich andere Akteure nach zuletzt eher durchwachsenen Leistungen wieder profilieren. Heiko Westermann oder Serdar Tasci haben ihren Vorsprung im Kampf um einen Posten in der Innenverteidigung längst ausgebraucht und sind nun selbst in der Rolle der Jäger.

Auch ein Spieler wie Marko Marin muss deutlich zulegen. Seine Nichtnominierung für das Italien-Spiel sollte ein erster Warnschuss sein.

Weiterentwicklung der Spielidee:

2010 hat die Mannschaft sicherlich einen großen Schritt nach vorne gemacht. Allerdings gibt es immer noch Spielsituationen, die ihr Probleme bereiten. Und daran soll konsequent gearbeitet werden.

"Ziel muss sein, unsere Spielstärke weiter zu verbessern und zu optimieren. Und wir wollen weiter offensiven, attraktiven Fußball spielen. Dazu müssen wir weiter junge Spieler ans Team heranführen. Wir haben sieben oder acht Spieler, die im Hinblick auf die kommenden Jahre sehr wichtig werden können für die Mannschaft", sagt Löw und verweist erneut auf den Jugendstil.

Mit so attraktiven (Heim)Spielen wie noch nie in einem Kalenderjahr soll der Wettbewerbscharakter Einzug halten und das Niveau auch in oftmals ungeliebten Testspielen hoch gehalten werden, wie Bierhoff im SPOX-Interview erklärt.

Neben Italien erwarten die deutschen Fans auch noch Uruguay, Brasilien und sehr wahrscheinlich die Niederlande.

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