Zeit für Rückkehrer

Von Für SPOX in Kopenhagen: Stefan Rommel
Unter Beobachtung: Thomas Hitzlsperger (v.) kehrt zurück in Joachim Löws (r.) Team
© Getty

Deutschlands Testspiel in Dänemark erscheint vielen als lästige Pflichtnummer - etliche Spieler hoffen in Kopenhagen aber auf ihr ganz persönliches Comeback.

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Es wurde viel geschrieben über das erste Länderspiel der neuen Saison und noch mehr hinter verschlossenen Türen diskutiert.

Selten waren sich dabei alle Beteiligten einig, dass der Termin ein Unding sei. Also verständigten sich Bundestrainer Joachim Löw und seine Kollegen aus der Bundesliga auf eine sehr abgespeckte Version, um den schwierige Grat zwischen ernsthafter Testmöglichkeit und lästigem Pflichttermin noch einigermaßen zu beschreiten.

Ein Debüt, viele Comebacks

Wenn Deutschland am Mittwoch im Parken Stadion zu Kopenhagen auf Dänemark trifft, stehen nur 16 Spieler im Kader der DFB-Auswahl. Darunter lediglich sieben der 23 WM-Fahrer. Dann tritt beim nördlichen Nachbarn eine bessere B-Elf an.

Es sind keine guten Voraussetzungen für einen Test mit großer Aussagenkraft, die deutsche Mannschaft wird in der Zusammenstellung nie mehr miteinander auf Reisen gehen. Viele haben die Partie deshalb schon mehr oder weniger abgeschrieben und zetern lieber über die vielen Daheimgelassenen und Ausfälle.

Und trotzdem hat die Partie in Dänemark für eine ganze Reihe von Spielern doch seinen ganz speziellen hohen Stellenwert.

Für einen ist es das Debüt, für viele andere Rückkehr und Chance zugleich, wieder auf sich aufmerksam zu machen und andere wollen vom Fernbleiben der Kollegen profitieren - zumal die ersten beiden Pflichtspiele Anfang September in der EM-Qualifikation in Belgien und gegen Aserbaidschan quasi schon vor der Tür stehen.

Thomas Hitzlsperger: Seit sechs Jahren dabei, 51 Länderspiele, eine Institution beim DFB. Und derzeit doch ein ganzes Stück davon entfernt, bei normaler Kaderstärke ein Teil der Mannschaft zu sein.

Hitzlsperger hat ein verlorenes Jahr hinter sich, das in der verpassten WM-Teilnahme gipfelte. Nach seinem Irrtum Lazio Rom hat er dort schnell wieder seine Zelte abgebrochen und ist nach England "heimgekehrt".

Bei West Ham United startet er im Verein einen Neuanfang - gegen Dänemark kann er sich jetzt auch wieder nachhaltig ins Gedächtnis der deutschen Fans spielen. Jogi Löw hatte ihn immer auf dem Zettel.

Der Bundestrainer weiß, was er am loyalen und pflichtbewussten Hitzlsperger hat und trotz der neuformierten Doppel-Sechs mit den WM-Entdeckungen Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira, sowie den genesenen Michael Ballack und Simon Rolfes in der Hinterhand spielt Hitz bei ihm weiterhin eine große Rolle.

Für Hitzlsperger, der sogar als Kapitän der Mannschaft auflaufen wird, ist der Test in Kopenhagen der erste Schritt zurück in eine Mannschaft, die ihn beinahe schon vergessen hatte.

Patrick Helmes: 16 Monate ist Helmes' letzter Einsatz schon her. Beim 2:0 in Wales durfte er satte vier Minuten mitspielen. Danach folgte ein Kreuzbandriss bei einem Urlaubskick, ein halbes Jahr Pause, kaum Einsatzzeit bei Bayer Leverkusen und damit auch keine Chance auf ein WM-Ticket.

Jetzt ist Helmes aber zurück. Im Klub drängt er vehement in die Startelf, in der Nationalmannschaft muss er sich hinter Miroslav Klose, Mario Gomez und Cacau anstellen. Zwei davon sind aber in Dänemark nicht dabei, Helmes hat die Chance, verlorenen Boden zumindest etwas wieder aufzuholen.

Helmes wird zunächst zwar auf der Bank sitzen, im Laufe der Partie aber noch zum Einsatz kommen. Ähnlich wie bei Hitzlsperger hat auch der Leverkusener eine ganze Saison wegzuwischen und seine Perspektive für die Zukunft zu unterstreichen.

Serdar Tasci und Jerome Boateng: Nur 240 Sekunden durfte Tasci bei der WM ran - und das auch noch im wenig bedeutungsvollen Spiel um Platz drei gegen Uruguay. Dabei war der Stuttgarter Mitte Mai mit großen Hoffnungen auf einen Platz in der Innenverteidigung neben Per Mertesacker zur Nationalmannschaft gereist.

Den sicherte sich aber Arne Friedrich, der durch eine  bärenstarke WM ein Kopf-an-Kopf-Rennen in einen veritablen Vorsprung vor Tasci verwandelte. Jetzt fehlt der Wolfsburger, ebenso wie Mertesacker. Also kann Tasci endlich mal wieder zeigen, was er drauf hat.

Ähnlich liegt der Fall bei Jerome Boateng. Der spielte zwar fast die komplette WM durch, durfte bei der A-Nationalmannschaft aber noch nie auf seiner Lieblingsposition in der Innenverteidigung ran. Insofern feiert Boateng am Mittwoch eine kleine Premiere.

Sascha Riether: Der Wolfsburger reist als einziger Novize zum Spiel, wird seine Einsatzzeit aber auf jeden Fall bekommen. Der Verdacht liegt nahe, dass Riether nur eine Art Lückenbüßer sein soll. Trotzdem wird Riether der 40. Neuling der Ära Löw sein.

Wahrscheinlich wird er aber in der Innenverteidigung zum Einsatz kommen - nicht unbedingt seine bervorzugte Position.

Toni Kroos: Mesut Özil trainiert in Bremen, also ist die zentrale Position hinter der einzigen Spitze vakant. Der Münchener deutete in Südafrika vieles an - allerdings nie auf Positionen, auf denen er sich zu Hause fühlt.

Kroos spielte im zentralen defensiven Mittelfeld oder auf der rechten Außenbahn. Seine Stärken spielt er aber am besten auf der linken Außenbahn oder im Offensivzentrum aus. Gegen Dänemark feiert also auch er Premiere, als einer der jüngsten deutschen Spielgestalter aller Zeiten.

Eine große Aufgabe für den gerade 20-Jährigen, der jetzt aber beweisen kann, wie sehr er unter Jupp Heynckes in Leverkusen schon gereift ist und seinem neuen Coach Louis van Gaal ein Bewerbungsschreiben aus der Ferne liefern kann - schließlich muss der nach Arjen Robbens Ausfall umbauen und denkt über Kroos auf der zentralen Position von Thomas Müller nach.

Mario Gomez: Verkorkste EM, enttäuschende WM - so richtig läuft es nicht für den Münchener im DFB-Dress. In Abwesenheit der beiden vor ihm platzierten WM-Stürmer Klose und Cacau wittert Gomez jetzt seine Chance.

In Südafrika durfte er immer nur von der Bank ins Spiel; eine Rolle, die Gomez gar nicht behagt. Er braucht Vertrauen und Selbstsicherheit und die holt man sich nur durch längere Einsatzzeiten und Tore.

Also erhofft sich der 25-Jährige vom angeblich so läppischen Dänemark-Trip doch einiges: "Ich freue mich auf das Spiel. Für mich ist es die Chance, womöglich ein Länderspiel über 90 Minuten zu machen."

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