50 Seiten Messi und ein Katalog für Neuer

SID
Manuel Neuer hielt bislang stark, machte aber einen Fehler beim Gegentor von Upson
© Getty

Mindestens 50 Seiten Messi, ein spezieller Motivationsfilm und genug Informationen für einen Elfmeter-Zettel für Manuel Neuer: Einen wichtigen Beitrag für die Vorbereitung der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf das WM-Viertelfinale am Samstag in Kapstadt gegen Argentinien (Sa., 15.45 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky) hat ein kleines Team in Köln geleistet.

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"Das Scouting ist von großer Wichtigkeit für uns. Urs Siegenthaler sammelt in Zusammenarbeit mit der Sporthochschule Köln unheimlich viele Informationen, die sehr hilfreich für uns sind", sagt Bundestrainer Joachim Löw.

Worte, die Professor Jürgen Buschmann und seine 56 Studenten gerne hören. Was vor vier Jahren vor der Heim-WM in Deutschland aus einer spontanen Idee des damaligen Bundestrainers Jürgen Klinsmann und dem mit Buschmann gut befreundeten DFB-Pressemann Uli Voigt entstand, ist inzwischen ganz offiziell die "Arbeitsstelle für Scouting-Studien der Deutschen Sporthochschule".

100-Seiten-Update für Siegenthaler

Buschmann und seine Mannschaft arbeiten auch für einige Bundesligisten, zuletzt zählten aber nur die Nationalmannschaft und die Neuauflage des Argentinien-Spiels.

Erst am vergangenen Dienstag erhielt DFB-Chefscout Siegenthaler noch einmal ein mehr als 100 Seiten starkes Update, in das bereits Argentiniens Achtelfinale gegen Mexiko (3:1) vom Sonntagabend eingearbeitet war.

Vor WM-Beginn hatten die Kölner schon Dossiers über alle WM-Teilnehmer erstellt - dazu gehören jeweils rund 300 zusätzliche Seiten über Land und Leute oder Erwartungen aus der Heimat.

Motivationsfilme besonders beliebt

Äußerst beliebt bei den deutschen Spielern sind die rund sechsminütigen Informations- und Motivationsfilme über den jeweiligen Gegner - im Fall von Argentinien sind darin unter anderem Bilder vom Achtelfinale 2006 oder vom deutschen Triumph im WM-Finale 1990 zu sehen.

Buschmann und seine Mannschaft leisten ganze Arbeit. "Vor vier Jahren hatten wir gegen Argentinien einen Zettel, diesmal brauchen wir einen Katalog, derart viele Informationen haben wir alleine über die argentinischen Elfmeterschützen", sagt Löw und ergänzt: "Wir bündeln diese Informationen und geben nur das Wichtigste an die Spieler weiter. Wir wollen sie nicht mit Informationen überfrachten."

Und wie wichtig sind die Analysen aus Köln. "Wir haben dadurch auch gegen Argentinien wieder Ansätze gefunden, wo sie verwundbar sind", sagt der Bundestrainer.

Nur Nuancen entscheiden

Um diese Ansätze herauszufinden, wurden Qualifikations- und Testspiele sowie die bislang vier Auftritte der Argentinier in Südafrika in bis zu zehnstündiger Detailarbeit pro Partie seziert.

Ballkontakte, Laufwege, Passfolgen, die Entwicklung von Torchancen, nichts entgeht den vielen Augen in Köln. "Wir erfassen zum Beispiel, welche Spieler an den letzten fünf Stationen vor einer Torchance beteiligt waren", sagte Buschmann.

Die Werte werden anschließend auch mit jenen der deutschen Mannschaft verglichen. "Bei uns ist da beispielsweise Mesut Özil, der an 15 bis 16 Chancen beteiligt ist, Lionel Messi bei den Argentiniern an 26", sagte Buschmann, der insgeamt aber nur geringe Unterschiede in Effektivität zwischen den beiden Teams sieht.

"Das sind nur Nuancen, was Spielanlage, Effektivität und taktisches Verhalten angeht."

Ihren bisherigen WM-Gegnern waren beide Teams dagegen deutlich überlegen. Argentinien hat 76 Schüsse abgegeben - Topwert. Davon kamen 36 aufs Tor - Topwert. Deutschland schoss innerhalb des Strafraums 21 Mal aufs Tor - Topwert. Nur bei den gespielten und angekommenen Pässen hinken beide Teams den Spaniern deutlich hinterher.

Finanzielle Unterstützung durch DFB

Bei der Analyse der Einzelspieler wurde übrigens kein besonderer Wert auf Weltfußballer Messi gelegt.

"Er kommt zwar überall vor, aber eigentlich kennt ihn ohnehin jeder. Wichtiger sind die Spieler, die man nicht so kennt, wie ein Tevez oder ein Higuain", erklärte Stephan Nopp, der 2006 noch als Student dabei war und inzwischen festangestellt ist.

"2006 bei der Heim-WM war das Projekt für uns noch eine Ehre", sagte Buschmann. Inzwischen unterstützt der DFB die Abteilung mit 20.000 Euro pro Jahr.

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