Das Wettrennen der Ersatz-Müllers

Von Für SPOX in Südafrika: Stefan Rommel
Piotr Trochowksi bestritt bisher 34 Länderspiele, in denen ihm zwei Tore gelangen
© Imago

Das Leben ohne den Topscorer: Gegen Spanien muss Löw den perfekten Ersatz für Müller finden. Zählt die Erfahrung von Piotr Trochowski? Oder die Spiel-Intelligenz von "Geheimtipp" Toni Kroos?

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Leider hat die FIFA immer noch keine eindeutige Richtlinie für das Handspiel gefunden. Also behilft sie sich mit einer auf dem Papier fein ausformulierten Regel, die dann aber von ihren Schiedsrichtern doch immer wieder je nach Gusto ausgelegt wird.

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Thomas Müller ist das letzte Opfer dieser schwammigen Regelauslegung geworden. Bei Deutschlands 4:0-Sieg über Argentinien erkannte Schiedsrichter Ravschan Irmatow vier Mal nach einem Handspiel auf Freistoß für den Gegner. Er zückte aber nur einmal die Gelbe Karte.

Müller traf es nach einem unabsichtlichen Handspiel, das der Usbeke offenbar als absichtlich ausgelegt hatte. Dabei erfüllte nur Angel Di Marias Versuch nach knapp zehn Minuten jenen Tatbestand eindeutig.

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Es war Müllers zweite zweifelhafte Verwarnung in diesem Turnier, im Vorrundenspiel gegen Ghana handelte er sich nach einem harmlosen Zweikampf die erste ein.

Das ist schon bitter genug, wirklich dramatisch wird das Fehlen Müllers aber erst, wenn man sich die bisherigen Leistungen des Müncheners vor Augen hält und erkennt, wie wichtig er nach sieben Länderspielen bereits für diese Mannschaft ist. Nicht umsonst ist der 20-Jährige der Führende der Scorer-Wertung.

Im Halbfinale gegen Spanien (Mi., 20 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sky) muss Bundestrainer Joachim Löw also seine rechte Flanke neu besetzen. Aber mit wem?

Piotr Trochowski:

Der Hamburger ist die nahe liegendste Lösung. Kam schon drei Mal für Müller ins Spiel und so zu drei Einsätzen bei insgesamt 48 Minuten Spielzeit auf der rechten Seite. Seine Technik ist exzellent, Troches Beidfüßigkeit kann ein Faktor sein, weil er mit dem Ball am Fuß schwer auszurechnen ist, auch mal zur Mitte ziehen und abschließen kann.

Beim letzten Vorbereitungsspiel gegen Bosnien zog ihn Löw sogar noch Müller vor, Trochowski konnte seine Chance allerdings nicht nutzen.

Seine Spielwiese passt nicht so recht ins Konzept der schnellen Ballzirkulation, der Hamburger hält den Ball zu oft zu lang, benötigt zu viele Kontakte und verstrickt sich entweder in Einzelaktionen oder löst die Situation mit einem überhasteten Torabschluss aus der zweiten Reihe.

Dazu fand er mit Lahm in den bisherigen Spielen der beiden auf der rechten Seite keinen echten Spielfluss. Aber Löw gefallen Trochowskis spielerischen Vorzüge, er schätzt seine Passsicherheit. Außerdem ist er trotz seiner überschaubaren Größe robust. Trochowski hat - auch auf Grund seiner größeren Erfahrung -  gute Chancen auf einen Startplatz.

Cacau:

Der spielende Mittelstürmer bringt eigentlich alles mit, um auch auf der rechten Seite zu agieren. Cacau ist schnell, hat Zug zum Tor, ein starkes Passspiel, großes Laufpensum und einen sehr guten Abschluss.

Es bleiben aber drei Probleme: Der Stuttgarter ist seit Tagen angeschlagen, verpasste schon die Begegnungen gegen England und Argentinien und ist auch für das Spanien-Spiel sehr fraglich. Außerdem käme Cacau von rechts quasi von der falschen Seite für den Torabschluss.

Wenn er von links kurz zur Mitte zieht, ist er mit seinem rechten Fuß gefährlich. Der linke ist dagegen nicht seine bevorzugte Waffe. Und: Er wäre nach Podolski der zweite gelernte Stürmer, der eine Mittelfeldposition einnehmen muss. Das dürfte viel zu riskant sein, vor allem gegen eine Mannschaft wie Spanien.

Cacau muss zunächst hundertprozentig fit werden. Erst dann ist er eine Option - allerdings nur, um von der Bank als Joker zu kommen.

Toni Kroos:

Nach den Ausfällen von Heiko Westermann und Christian Träsch hat ihn Löw bisher immer als Einwechselspieler auf der Doppel-Sechs gebracht. Im Verein spielt Kroos aber in einem 4-2-3-1 auf dem Flügel - allerdings links.

Da kann er eine seiner großen Stärken am besten ausspielen, wenn er zur Mitte zieht und mit dem starken rechten Fuß abzieht. Aber Kroos hat in Leverkusen dermaßen große spielerische und auch physische Fortschritte gemacht und bringt genug Flexibilität mit, um sich auch auf der rechten Seite zurechtzufinden.

Sein größtes Plus gegenüber der Konkurrenz: Kroos kann ein Spiel ebenso lesen wie Müller. Er erahnt die Räume und stößt dann hinein oder er spielt den entscheidenden Pass selbst in die Lücke. Das Spielverständnis Kroos' und seine Technik machen ihn zum geeigneten Puzzlestück im deutschen Spielsystem.

Dazu kommt, dass er unter Jupp Heynckes auch grätschen und kämpfen gelernt und sein Defensivspiel deutlich verbessert hat. Als Unterstützung für Lahm ein wichtiger Faktor.

Am Montag war Kroos jedoch erkältet und muss auch auf die medizinische Abteilung hoffen. Trotz der Malaise ist der Leverkusener aber der Geheimtipp für kommenden Mittwoch.

Marko Marin:

Nach zwei Kurzeinsätzen in den ersten beiden Spielen gegen Australien und Serbien ist der Bremer etwas in Vergessenheit geraten. Besonders das Serbien-Spiel verlief für Marin sehr unglücklich.

Seine großen Stärken im Dribbling brachte er bisher noch gar nicht auf den Platz, als Starter gegen Spanien kann ihn man sich kaum vorstellen.

Zumal die Verteidigung überhaupt nicht zu seinen Stärken gehört. Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine Einwechslung.

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