Joachim Löws schlüssige Entscheidung

Von SPOX
Kevin Kuranyi erzielte in 52 Länderspielen für das DFB-Team 19 Tore
© Getty

Jetzt ist es amtlich: Bundestrainer Joachim Löw hat am Montag per Pressemitteilung bekannt gegeben, dass für Schalkes Torjäger Kevin Kuranyi kein Platz im Kader für die WM in Südafrika sei. Löw erklärte, dass Kuranyis Fehlverhalten vor zwei Jahren beim Qualifikationsspiel gegen Russland nicht ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen sei. Nun wird kontrovers diskutiert. SPOX hat die Reaktionen gesammelt und bezieht selbst Stellung.

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Die SPOX-Meinung von Stefan Rommel:

Joachim Löw nimmt Kevin Kuranyi also nicht mit nach Südafrika. Damit zieht er a) seine Linie durch, knickt b) nicht auf Grund des öffentlichen Drucks ein und beendet c) bis auf weiteres einen Streitpunkt vor der WM.

Warum Löw dem Schalker mit seiner Aussage vor einigen Wochen, man denke über Kuranyi nach, nochmals ein kleines Hintertürchen geöffnet hat, bleibt seine Sache.

Wahrscheinlich wollte er damit Druck aus dem völlig überhitzten Kessel nehmen, um sich ein wenig Ruhe zu verschaffen und im Hintergrund weiter an den WM-Planungen zu basteln.

Denn dass Kuranyi nicht in die "taktischen und personellen" Überlegungen passt, wusste der Bundestrainer ziemlich sicher auch schon vor einigen Wochen. Und er war sich durchaus auch im Klaren, dass sich die ganzen Diskussionen allenfalls um seinen Angreifer Nummer drei bis fünf ranken würden.

Die Nichtnominierung mag deshalb einen faden Beigeschmack haben, ist in sich aber völlig schlüssig.

Löw hat immer wieder betont, dass die letzten gut vier Wochen vor dem ersten Spiel die entscheidenden sein werden. Also die Zeit, die die Mannschaft in den Trainingslagern auf Sizilien und in Südtirol, sowie ab dem 7. Juni in Pretoria zusammen verbringen wird.

In diesen 31 Tagen will der Bundestrainer zuerst aus seiner (Vor-)Auswahl den endgültigen Kader bestimmen und nebenbei eine Mannschaft zusammenschweißen, die der Zielsetzung Titelgewinn gerecht werden kann.

Das heißt im Umkehrschluss auch, dass den Sorgenkindern Lukas Podolski, Miroslav Klose und Mario Gomez, die bei Löw nunmal gesetzt sind, genügend Zeit bleibt, die Probleme und schlechten Statistiken der abgelaufenen Saison abzustreifen und in einem völlig neuen Umfeld zu ihrer eigentlichen Leistungsstärke zu finden.

Löw setzt darauf, dass das der Fall sein wird und richtet danach seinen Kader aus. Insofern ist die Entscheidung sportlich absolut nachvollziehbar. Dass es Kuranyi jetzt schon zum zweiten Mal kurz vor einem Endturnier die WM-Teilnahme kostet, mag für den Spieler tragisch sein.

Am Ende aber muss einzig und allein Löw den Kopf hinhalten, wenn es mit seinen auserwählten Stürmern nicht klappen sollte. Das wäre bei einer Nominierung Kuranyis aber auch nicht anders gewesen.

Das sagen die Beteiligten: :

Bundestrainer Joachim Löw: "Der disziplinarische Vorfall im Oktober 2008 hat für mich letztlich keine Rolle mehr gespielt. Denn es wäre für uns kein Problem gewesen, ihm trotzdem in der Nationalmannschaft eine neue Chance zu geben. Bei allen Überlegungen in unserem Trainerteam sind wir jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass wir taktisch und personell andere Vorstellungen für die Zusammenstellung des WM-Aufgebots haben."

Kevin Kuranyi: "Wie jeder Fußballer habe ich schon als kleines Kind davon geträumt, an einer Weltmeisterschaft teilnehmen zu dürfen. Dieser Traum ist jetzt zum zweiten Mal geplatzt. Ich weiß, dass ich damals Mist gebaut habe, als ich gegen Russland das Stadion in der Halbzeit verlassen habe. Deshalb habe ich mich persönlich und öffentlich dafür entschuldigt. Leider hat das nicht gereicht. Aber das ist eine Entscheidung des Bundestrainers, die ich akzeptiere und respektiere."

Felix Magath: "Es war doch im Grunde klar, dass Löw so entscheiden würde. Warum hätte man sich sonst nach 30 Spieltagen zusammengesetzt und darüber diskutiert, ihn mitzunehmen, und sich dann doch wieder auf das Saisonende vertagt. Jeder Trainer muss seine Entscheidungen allein treffen. Darum beurteile ich diese Entscheidung von Löw nicht. Jeder hat sie zu akzeptieren."

Das sagen die mySPOX-User:

koerbchen74: "Ich wünsche mir, wir hätten einen so starken Bundestrainer, der alte Zöpfe abeschneidet und wirklich nach Leistung aufstellt: Friedrich, Klose, Podolski, Hitzlsperger, Schäfer, Gentner, Trochowski dürften alle kein Thema sein für die WM."

n00baMe: "Bei einer WM geht es nicht darum, die besten 23 Individualisten mitzunehmen, sondern die 23 Spieler, die am besten miteinander harmonieren. Das Team ist drei Wochen Tag und Nacht zusammen, nur die kleinste Missgunst unter den Spielern kann das Team in zwei Lager spalten und eine erfolgreiche WM gefährden."

themarsvoltaire: "Welcher Trainer nimmt ein funktionierendes Team auseinander, nur um irgendwelchen Leuten eine Chance zu geben? Die WM ist kein Chemiebaukasten."

iak: "Bei KK ist es doch einfach so: Da soll eine Mannschaft beweglichen, modernen Fußball spielen und dann geht es um einen Mann, der von Magaths Minimalfussball gelebt hat."

Dreumex: "Am Ende ist Löw eh der Dumme."

PDZ: "An der Aufregung ist der Herr Löw selbst schuld, weil seine Außendarstellung seit der Vertragssache in mehreren Punkten unterirdisch ist."

thefab: "Wenn ein Trainer wie Löw groß rumtönt, dass er nur nach Leistung nominiert, dann muss er Kuranyi dieses Jahr mitnehmen, System hin oder her."

La_Pulga: "Merkwürdig, dass man so lange braucht um festzustellen, dass man 'taktisch und personell andere Vorstellungen für die Zusammenstellung des WM-Aufgebots' hat. Das hätte man auch vor sechs Wochen sagen können, ohne so rumzueiern!"

Löw und sein Problemkader: Großbaustelle Nationalteam