Zeit der Bewährung

Von Für SPOX in Aachen: Stefan Rommel
Lukas Podolski (r.) erzielte in bisher 70 Länderspielen 37 Tore für Deutschland
© Getty

Der Test der deutschen Nationalmannschaft gegen Malta geht zwar im allgemeinen Trubel um die Klub-Endspiele unter - für einige DFB-Akteure ist das Spiel gegen den Weltranglisten-154. aber schon von zentraler Bedeutung. Bundestrainer Joachim Löw hat für den einen oder anderen einiges riskiert. Jetzt erwartet er Leistung und Ergebnisse.

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Während auf Klubebene noch beinahe in ganz Europa um Punkte und Trophäen gekämpft wird, bereiten sich die Nationalmannschaften der Verbände bereits auf die Weltmeisterschaft in Südafrika vor.

Deutschland wird am kommenden Freitagvormittag zum Regenerationstrainingslager nach Sizilien aufbrechen und dort bis zum 21. Mai entspannen und neue Kräfte sammeln.

Den eigentlichen Auftakt zur Endphase der WM-Vorbereitung aber macht das Benefizspiel des DFB gegen Malta (ab 17.45 Uhr im Live-Ticker). In Aachen erwartet die deutsche Rumpfmannschaft die Nummer 154 der Weltrangliste - Malta liegt damit knapp hinter Vanuatu und einen Platz vor Nicaragua - zum ersten Länderspiel auf dem Tivoli überhaupt.

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Rund fünf Millionen Euro wird das von der DFB-Stiftung Egidius Braun veranstaltete Spiel gegen Malta für die vielen sozialen Projekte des DFB und seiner Stiftungen generieren.

"Kein einziger Euro davon wandert auf das Konto des DFB. Die komplette Einnahme geht an die Egidius-Braun-, die Sepp-Herberger-, die Robert-Enke- und die DFB-Kulturstiftung. Aber natürlich auch an die Bundesliga-Stiftung", sagt DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger.

Wichtige Erkenntnisse für die WM

Aber neben den bemerkenswert hohen Einnahmen soll die Partie auch sportlich wichtige Erkenntnisse für die WM bringen.
Zwar fehlen mit den sieben Bayern- und den vier Bremer Spielern sowie Michael Ballack insgesamt zwölf Spieler des vorläufigen WM-Kaders, trotzdem erwartet Bundestrainer Joachim Löw eine engagierte Leistung und das entsprechende Resultat. "Wir haben eine starke Mannschaft und wollen uns mit einem Sieg in das Trainingslager verabschieden."

Für einige Akteure im neu zusammengewürfelten DFB-Team bekommt die Partie gegen Malta zudem eine wichtige Bedeutung.

So wird Manuel Neuer in Abwesenheit seiner beiden Kontrahenten Tim Wiese und Jörg Butt im Tor stehen. Unter der Woche spekulierte die "Sport-Bild" bereits, dass sich Löw in der T-Frage insgeheim schon entscheiden habe - und zwar für den Schalker.

"Manuel Neuer wird beginnen und ich denke, er wird auch durchspielen", verriet Löw. Der Auftritt heute Abend wird für Neuer so oder so mehr sein als nur sein drittes Länderspiel. Es wird die erste Bestandsaufnahme in der für Neuer veränderten Situation: Er wird ab sofort wohl nicht mehr der Jäger sein im Kampf um den Stammplatz im Tor, sondern der Gejagte.

Jeder kleine Fehler, jede Unachtsamkeit wird von nun an noch aufmerksamer registriert, der Druck ist selbst gegen einen eher harmlosen Gegner wie Malta ungleich größer.

Worten müssen Taten folgen

Zuletzt war der sonst eher zurückhaltende Neuer auch durch den einen oder anderen kecken Spruch aufgefallen. "Ich bin reif für die Aufgabe und sehe mich als den komplettesten der drei Torhüter." Gegen Malta müssen den forschen Worten zum ersten Mal Taten folgen. Immerhin hat Neuer den kleinen Wettbewerbsvorteil, von Anfang an bei der Mannschaft zu sein.

Eins der großen Sorgenkinder Löws ist Lukas Podolski. Der Kölner hat eine schwache Saison gespielt, zwei läppische Tore reichen im Normalfall nicht für eine WM-Nominierung. Podolski profitiert von seinem Bonus und dem großen Vertrauen, das ihm der Bundestrainer entgegenbringt.

Das muss er aber ab sofort auch mit Leistungen rechtfertigen. Unter der Woche lieferte Löw allen seinen sechs Stürmern quasi einen Freifahrtschein, der Bundestrainer will alle mit nach Südafrika nehmen. Eigentlich eine schöne Gewissheit für Podolski - glaubt man aber den Ausführungen von Ex-Torhüter Uli Stein, das reinste Gift für den Kölner.

"Ich habe jetzt die Trainer gesprochen, unter denen er gearbeitet hat. Jeder Trainer hat mir bestätigt, dass er der faulste Spieler ist, den sie je haben. Er macht nichts, trainiert nicht. Deswegen ist er in so einer Verfassung", fauchte Stein. Auch Löw hatte kürzlich den Druck auf Podolski forciert. "Er muss jetzt wirklich in allen Bereichen was tun, um innerhalb kürzester Zeit auf ein hohes Niveau zu kommen. Er wird ein spezielles Programm bekommen und von uns täglich angetrieben, damit er schnell wieder an seine Leistungsgrenze herankommt."

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Löw hält Stein-Kritik für überzogen

Von der harschen Kritik Steins hält er aber gar nichts. "Ich weiß nicht, wie Steins Informationen zustande kommen. Die Vorwürfe sind schlichtweg falsch. Bei uns tut Poldi alles hochmotiviert und leistungsbereit. Aufgaben, die er gestellt bekommt, erledigt er immer zu unserer Zufriedenheit. Seine körperlichen Werte liegen uns vor. Sie sind sehr gut. Gerade auch was Ausdauer und Schnelligkeit betrifft. Er hat auf gutem Niveau gearbeitet." Trotzdem bleibt für Podolski eine ungewohnte Situation. Neben den Stein-Vorwürfen muss sich der 24-Jährige bald auch vor Gericht verantworten, nachdem ihn ein Kölner Rentner-Ehepaar wegen Nötigung und Gefährdung des Straßenverkehrs angezeigt hat.

Bei den Fans mehren sich zudem Zweifel an seiner Entscheidung für den Wechsel nach Köln, die unterdurchschnittliche Saison unterstreicht diese Befürchtung. Seinen einstmals großen Kredit bei den Fans hat er in den letzten Monaten verspielt. Jetzt ist die Zeit für Wiedergutmachung gekommen.

Vielleicht kommt ihm dabei ein Argument seiner Kritiker zugute. Angeblich treffe Podolski ja nur in den unwichtigen Spielen gegen die Underdogs. Die Nummer 154 der Welt kommt da für ihn ja wie gerufen.

In der Viererkette wird Löw wohl Serdar Tasci als Innenverteidiger neben Kapitän Arne Friedrich bringen. Ein kleiner Vorteil für den Stuttgarter - schließlich bliebe dann für seinen anderen Kontrahenten im Kampf um einen Platz im Abwehrzentrum, Heiko Westermann, nur die ungeliebte linke Außenbahn. Jerome Boateng wird offenbar ebenfalls auf die Außenposition verfrachtet.

Große Chance für Friedrich und Tasci

Für Friedrich und auch Tasci eine große Chance, in der Gunst Löws wichtige Punkte zu sammeln. Immerhin wird sich der Bundestrainer beim Meldeschluss am 1. Juni aller Wahrscheinlichkeit nach noch von einem seiner potenziellen Innenverteidiger trennen.

Interessant wird auch die Rückkehr zum einstmals gesetzten Spielsystem im 4-4-2 werden. In Abwesenheit von Mesut Özil wird Löw sehr wahrscheinlich wieder mit zwei Stürmern und ohne zentralen offensiven Mittelfeldspieler beginnen.

Zuletzt vertraue der Bundestrainer vor allem in den wichtigen Spielen immer einem 4-2-3-1-System. Gegen die sehr defensiv erwarteten Malteser verschwindet Plan B wieder in der Schublade. Besonderes Augenmerk richtet sich hier auf die Doppel-Sechs mit den beiden Stuttgartern Christian Träsch und Sami Khedira.

Das Zusammenspiel der beiden - des defensiven Träsch und des deutlich offensiveren Khedira - ist ein Abziehbild der langjährigen Lösung des offensiven Michael Ballack plus X, also entweder Torsten Frings, Simon Rolfes oder Thomas Hitzlsperger.

Alle Spieler kommen zum Einsatz

Löw kündigte zudem an, alle 16 Feldspieler und damit auch seine eingeladenen Perspektivspieler zum Zug kommen zu lassen. Also dürfen sich Mats Hummels, Kevin Großkreutz und Stefan Reinartz große Hoffnungen auf ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft machen. Lediglich Torhüter Tobias Sippel wird wohl nicht zum Einsatz kommen.

Bisher hat Löw in seiner Amtszeit 34 Neulinge eingesetzt. Heute kommen drei dazu. Hoffnungen, doch noch irgendwie auf den WM-Zug aufzuspringen, sollte sich aber keiner mehr machen.

Unter normalen Umständen wird Löw am 1. Juni seine endgültigen 23 WM-Fahrer aus dem vorläufigen Kader rekrutieren. Im Prinzip kann nur eine schlimmere Verletzungsmisere daran noch etwas ändern.

Die voraussichtlichen Aufstellungen

Deutschland: Neuer - Boateng, Friedrich, Tasci, Westermann - Träsch, Khedira, Kroos, Trochowski - Kießling, Podolski
Malta: Haber - A. Muscat, A. Agius, Scicluna, J. Caruana - Briffa, Pace, Bajada, R. Fenech - Mifsud, Bogdanovic

Schiedsrichter: Alain Hammer (Luxemburg)