Higuain entscheidet chancenarmes Spiel

SID
Spielte neben Ballack auf der Sechs: Bastian Schweinsteiger (l.) ist vor Jonas Gutierrez am Ball
© Getty

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei ihrem letzten Testlauf vor der WM-Nominierung in allen Mannschaftsteilen eklatante Schwächen offenbart und verlor verdient mit 0:1 gegen Argentinien.

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Nach einer ernüchternden 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den zweimaligen Weltmeister Argentinien dürfte nach den geplatzten Vertragsverhandlungen zwischen dem Bundestrainer und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) 99 Tage vor dem WM-Start nun wieder reichlich Unruhe in den Kreis des Vize-Europameisters einkehren.

Vor vier Jahren war nach einem 1:4 in Italien kurz vor der Heim-WM in Deutschland noch eine Debatte über den damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann entfacht worden.

Das DFB-Team war vor 65.162 Zuschauern durch einen Treffer in der ersten Hälfte von Gonzalo Higuain (45.) in Rückstand geraten und konnte nach der Pause das Blatt nicht mehr wenden.

Adler unglücklich

Beim entscheidenden Gegentor machte die neue deutsche Nummer eins Rene Adler keine gute Figur. "Ich bin zu spät gekommen. Ich war davon überzeugt, dass ich den Ball bekomme. Aber dann war ich eine Zehntelsekunde zu langsam, das wird auf diesen Niveau sofort bestraft. Ich bin den berühmten Schritt zu spät gekommen", erklärte die neue Nr. 1 nach dem Spiel.

Löw, vor vier Jahren noch Klinsmanns Assistenzcoach in Florenz, hatte die Wiederholung eines solchen Debakels im Vorfeld des Klassikers gegen die Südamerikaner ausgeschlossen, da seine Elf mittlerweile über mehr Erfahrung verfüge.

Dies bestätigte sich aber nur teilweise. Vor allem Jerome Boateng und Serdar Tasci, die durchaus noch als Lehrlinge bezeichnet werden dürfen, wirkten in der Viererkette alles andere als sicher.

Aber auch die Probleme im Mittelfeld und im Angriff wurden überdeutlich. Auch Bayern Münchens Shootingstar Thomas Müller, der in seinem Heimspiel wie erwartet sein Debüt im DFB-Team gab, zahlte trotz vieler guter Ansätze reichlich Lehrgeld.

Müller in der Startelf

Löw hatte dem 20-Jährigen vom Start weg das Vertrauen geschenkt. Müller, der als 874. Nationalspieler und zudem 33. Neuling in der Ära Löw in die DFB-Geschichte einging, spielte auf der rechten Außenposition im Mittelfeld für seinen Vereinskollegen Bastian Schweinsteiger, der wie vom Bundestrainer angekündigt in der Zentrale neben DFB-Kapitän Michael Ballack agierte.

Leverkusens Jungstar Toni Kroos, dem Löw ebenfalls seinen ersten Einsatz in der Nationalelf in Aussicht gestellt hatte, musste zunächst mit der Bank vorlieb nehmen und wurde erst in der 67. Minute für Müller eingewechselt.

Auch der zuletzt stark auftrumpfende Cacau, dessen Sturmkonkurrent Mario Gomez sowie dem in der Bundesliga-Torschützenliste führenden Stefan Kießling saßen bei Spielbeginn auf der Bank, da Löw auf WM-Torschützenkönig Miroslav Klose als einziger Spitze vertraute.

Wenig Spielfluss

Sowohl der Vize-Europameister, der erstmals in seinen schwarzen WM-Auswärtstrikots antrat, als auch die Albiceleste bemühten sich in der Anfangsphase vergeblich, Struktur ins Spiel zu bekommen. Viele Fehler im Aufbauspiel auf beiden Seiten ließen keinen Spielfluss aufkommen.

Müller, der bemüht war, über die rechte Seite für Schwung zu sorgen, wurde ebenso wie Lukas Podolski auf links immer wieder frühzeitig abgefangen. Chancen kamen auf beiden Seiten nicht zustande, da beide Defensivreihen ihre Arbeit zunächst zuverlässig erledigten.

Bei den Gauchos, bei denen der Münchner Martin Demichelis als einziger Bundesligaakteur in der Abwehrkette spielte und in der 56. Minute mit einem Jochbeinbruch ausgewechselt werden musste, konnte auch Weltfußballer Lionel Messi vor der Pause nur teilweise Akzente setzen.

Lattenschuss von di Maria

Den ersten Torschuss für die deutsche Mannschaft gab Philipp Lahm in der 22. Minute ab, der Ball ging aber weit am argentinischen Kasten vorbei. Adler war in seinem neunten Länderspiel in Hälfte eins nahezu beschäftigungslos, weil das Team von Diego Maradona ebenfalls kaum Torgefahr ausstrahlte.

Auszeichnen konnte sich Adler jedoch, als er seinen Schuss des freistehenden Portugal-Legionärs Angel di Maria von der Strafraumgrenze mit den Fingerspitzen an die Latte lenken konnte. Es war die bis dahin größte Torchance der Begegnung.

In der 45. Minute jedoch nutzte Gonzalo Higuain von Real Madrid einen Blackout der deutschen Abwehr und schob den Ball am weit aus seinem Tor herausstürmenden Adler zum 1:0 ins Netz.

Wenig Impulse aus dem Mittelfeld

Nach der Pause brachte Löw für Klose dessen Bayern-Konkurrenten Mario Gomez, der aber ebenfalls alleine auf weiter Flur stand und das Angriffsspiel nicht beleben konnte. Unterstützung erhielt er ab der 67. Minute von Cacau.

Die Argentinier, die keineswegs überzeugen konnten und hin und wieder recht rustikal agierten, deckten dennoch die Schwächen der deutschen Elf gnadendlos auf. Weder Ballack, der in der 54. Minute noch eine gute Gelegenheit hatte, noch Schweinisteiger oder Mesut Özil konnten entscheidende Impulse setzen.

Beste Spieler bei den Gastgebern, die sich beim zuvor letzten Duell mit den Gauchos im WM-Viertelfinale von Berlin am 30. Juni 2006 mit 4:2 im Elfmeterschießen durchgesetzt hatte, war mit Abstrichen Per Mertesacker. Die Gäste aus Südamerika hatten in di Maria und Jonas Gutierrez ihre herausragenden Kräfte.

Deutschland - Argentinien: Daten und Fakten