Pfiffe für DFB-Elf, Lehrstunde von Maradona

Von Für SPOX in der Allianz Arena: Stefan Rommel / Andreas Lehner
Viele Zweikämpfe im Mittelfeld bestimmten das Spiel zwischen Deutschland und Argentinien
© Getty

Die deutsche Nationalmannschaft hat das letzte ernsthafte Testspiel vor der Nominierung des WM-Kaders gegen Argentinien mit 0:1 (0:1) verloren. Trainer Joachim Löw monierte nach der Partie den mangelnden Mut im Spiel nach vorne.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 65.162 Zuschauern in der nicht ganz ausverkauften Münchner Allianz Arena erzielte Real Madrids Stürmer Gonzalo Higuain das Tor des Tages (45.).

Bei den Deutschen feierten Thomas Müller und Toni Kroos ihr Nationalmannschafts-Debüt.

Die DFB-Elf wurde nach einer schwachen Leistung mit einem gellenden Pfeifkonzert verabschiedet.

Auch Trainer Joachim Löw zeigte sich mit dem Spiel seiner Mannschaft nicht zufrieden: "Das Spiel war sehr von der Taktik geprägt. Argentinien stand gut, hat den Ball laufen lassen und uns vorne beim Aufbau gestört. In der ersten Halbzeit hätte uns etwas mehr Mut gut getan, das Selbstbewusstsein haben wir heute nicht gezeigt. Natürlich müssen wir auch in der Vorbereitung nach vorne mehr Druck erzeugen können. Da haben wir ein paar Fehler mehr gemacht als der Gegner. Auf diesem Niveau werden Fehler sofort bestraft. In der Offensive hätte ich mir mehr Druck gewünscht, unabhängig vom System."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Deutschland im 4-2-3-1-System mit Schweinsteiger im Zentrum neben Ballack. Müller beginnt auf rechts, Klose als einzige Spitze. Den Platz in der Innenverteidigung neben Mertesacker besetzt Tasci.

38.: Die Argentinier mit schnellem Direktspiel durch die Mitte. Di Maria tanzt Boateng und Tasci aus, ist frei im Strafraum und schließt aus 14 Metern ab. Adler lenkt den Ball mit den Fingerspitzen an die Latte.

45., 0:1, Higuain: Deutschland sehr weit aufgerückt. Ein langer Ball von di Maria über Mertesacker reicht, um Higuain in Szene zu setzten. Der kommt 30 Meter vor dem Tor vor Adler an den Ball, umspielt den Torhüter und schiebt den Ball ins linke Eck.

Halbzeit-Fazit: Absolut verdiente Führung für Argentinien, Deutschland hat große Mühe im Spiel nach vorne.

54.: Schweinsteiger flankt aus dem linken Halbfeld. Ballack erreicht den Ball nicht, aber Samuel verlängert Richtung eigenes Tor. Kanpp drüber.

57.: Demichelis muss verletzt mit der Trage vom Platz gebracht werden - Verdacht auf Jochbeinbruch. Für ihn kommt Burdisso. Die Bayern werden es mit Grausen sehen.

73.: Lahm flankt von links mit rechts in den Strafraum. Ballack ist in der Mitte ziemlich frei. Doch der Ball rutscht ihm über den Scheitel und geht weit am rechten Pfosten vorbei.

76.: Cacau zieht aus 25 Metern ab. Romero ist schnell im linken Eck und faustet den Ball zur Seite. Das war bisher die beste Chance für Deutschland.

85.: Veron mit der scharfen Freistoßflanke von rechts. Messi kommt am ersten Pfosten nicht an den Ball, irritiert dafür aber Adler. Der packt im Nachfassen zu.

Fazit: Hochverdienter Sieg für das reifere und bessere Team.

Der Star des Spiels: Juan Sebastian Veron. Am nächsten Dienstag wird Veron 35 Jahre alt. Für die Argentinier ist der "alte Mann" aber nach wie vor unverzichtbar. Man hat das Gefühl, der Angriff kann erst gestartet werden, wenn Veron den Ball berührt hat. Er ist Dreh- und Angelpunkt des Spiels, leitet Angriffe an, verschleppt das Tempo und organisiert sein Team in der Defensive. Einfach eine Augenweide.

Die Gurke des Spiels: Mesut Özil. Läuft in Bremen seit Wochen seiner Form hinterher und hatte nur gegen Enschede einen Ausreißer nach oben. Fand überhaupt keine Bindung zum Spiel, wirkte über weite Strecken sogar apathisch und wurde nach 67 Minuten ausgewechselt.

Die Pfeife des Spiels: Martin Atkinson. Der Engländer pfiff gegen den Ruf der Männer von der Insel sehr kleinlich und zerstörte so ab und an den Spielfluss. Wurde von seinen Assistenten bei manch einer Abseitsentscheidung im Stich gelassen.

Die Lehren des Spiels: Der letzte ernsthafte Test vor der WM in Südafrika ging kräftig daneben. Das deutsche Team agierte wie schon zuletzt gegen spielstarke Gegner im 4-2-3-1, kam aber weder defensiv noch offensiv mit den Argentiniern zu Recht.

In der Rückwärtsbewegung kamen die Deutschen selten in die Zweikämpfe und ließen den Argentiniern vor allem im Zentrum sehr viel Raum. Im Spiel nach vorne fehlte es an schnellem Passspiel und aggressiver Vertikalbewegung. Deutschland brachte so überhaupt kein Tempo in sein Spiel und produzierte viele Fehlpässe.

Die Argentinier störten extrem früh, waren sehr gut organisiert und verschoben schnell von einer Seite zur anderen. So konnten sie in Ballnähe meist Überzahl erzeugen und die deutschen Angriffe spätestens 30 Meter vor dem eigenen Tor stoppen. Vor allem mit der aggressiven Vorwärtsverteidigung tief in der deutschen Hälfte kam das Löw-Team überhaupt nicht zurecht.

Über die spielstarken und passicheren Veron, Mascherano und Messi gaben die Argentinier Tempo und Rhythmus der Partie vor. Erst in der Schlussphase kamen die Deutschen ab und zu vor das gegnerische Tor, ohne aber wirklich zwingend zu werden. Alles in allem eine Lehrstunde für Löw und sein Team. Und das vom vielgescholtenen Diego Maradona.

Deutschland - Argentinien: Daten und Fakten