Alles andere wäre unprofessionell

Von Interview: Stefan Rommel
Rene Adler war als lautstarker Rückhalt einer der Garanten für Deutschlands Sieg in Russland
© Getty

Er war neben Torschütze Miroslav Klose und dem überragenden Mesut Özil der Matchwinner der deutschen Nationalmannschaft in Moskau: Torhüter Rene Adler.

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Der Leverkusener zeigte gegen die Russen erneut eine famose Leistung und hielt den Sieg und damit das Ticket zur WM-Endrunde in Südafrika mit glänzenden Paraden fest.

Im Interview nach dem Spiel blieb Adler gewohnt sachlich - verriet aber zumindest noch das Geheimnis seiner ungeheuren mentalen Stärke.

Frage: Herr Adler, Sie hatten eigentlich nicht so viel zu tun, aber in den Momenten, in denen Sie gefordert waren, hielten Sie überragend. Wie schwer ist so ein Spiel für Sie?

Rene Adler: Es gibt schon Spiele, in denen man als Torhüter weniger im Fokus steht. Ich bin immer noch sehr aufgewühlt, weil es auf jeden Fall das emotionalste Spiel meiner noch jungen Karriere war. Es gab sehr, sehr viel Druck im Vorfeld, aber wir wollten hier unbedingt gewinnen. Also sind wir "auf Sieg" gegangen und wollten in Moskau das Ticket zur WM lösen. Dementsprechend stolz sind wir, dass wir das geschafft haben.

Frage: Sind Sie auch stolz auf sich?

Adler: In dem Sinne, dass ich mich auf den Punkt habe konzentrieren können, schon. Ich war mental voll bei der Sache, dafür habe ich die Woche sehr viel gearbeitet. Ich war sehr fokussiert und kann schon sagen, dass ich einen weiteren Schritt nach vorne gemacht habe.

Frage: Waren Sie eigentlich noch nervös?

Adler: Nervös ist das falsche Wort. Ich war angespannt, aber ich denke, man kann nur gut spielen, wenn man das auch ist.

Frage: Wie gehen Sie damit um, dass Sie jetzt wieder sehr hochgelobt werden?

Adler: Das tangiert mich fast gar nicht. Ich weiß, wie schnelllebig das Geschäft ist, ich habe auch schon die Kehrseite kennengelernt. Ich werde das mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen, mehr aber auch nicht.

Frage: Wie haben Sie die sehr aufgeheizte Atmosphäre im Stadion empfunden?

Adler: Das sind genau die Spiele, für die jeder Fußballer arbeitet. Man muss da auch mit ein bisschen Demut rangehen und sich in Erinnerung rufen, wie und warum man angefangen hat, Fußball zu spielen. Wie man damals selbst noch vor dem Fernseher gesessen hat. Und dann hier beim härtesten Gegner, in dessen Stadion, in diesem Hexenkessel in der Hauptstadt Russlands zu gewinnen, ist ein absolutes Highlight.

Frage: War die Partie mental für Sie noch anspruchsvoller als das Hinspiel gegen die Russen, als Sie Ihr Debut im DFB-Dress gegeben haben?

Adler: Es war anders. Im Hinspiel wollte ich das Spiel einfach genießen und wollte die Emotionen mitnehmen. Das war jetzt auch so, aber man bekommt den Druck doch ganz anders zu spüren. Trotzdem konnten wir als Mannschaft alles andere ausblenden und uns nur auf unsere Leistung konzentrieren. Deshalb war das eine sehr runde Mannschaftsleistung.

Frage: Was machen Sie, um sich auf den entscheidenden Punkt hinzuführen?

Adler: Ich arbeite viel mental, ich sehe das als Training. Ich nutze die Möglichkeiten, die uns der DFB bietet: Gespräche mit dem Mentaltrainer zu führen, Bücher zu lesen, offen zu sein für viele Dinge. Auf einem gewissen Niveau und ab einer gewissen Leistungsdichte können das die Prozentpunkte sein, die über Sieg oder Niederlage entscheiden und den Unterschied machen. Es wäre unprofessionell, wenn ich diese Möglichkeiten nicht nutzen würde.

Frage: Ihre Parade gegen Bystrow in der ersten Halbzeit lenkte die Partie erst in die richtige Bahn...

Adler: Ich gehe da einen Schritt raus und verkürze den Winkel. Dann will er mich tunneln und ich bekomme die Beine noch zusammen. Da war sicherlich auch ein bisschen Glück dabei, dass er den Ball nicht optimal getroffen hat, aber für den Verlauf des Spiels war es eine sehr wichtige Szene. Und für mich war es die Aktion, die mich voll ins Spiel gebracht hat.

Frage: Deutschland ist für Südafrika qualifiziert, jetzt kann man eigentlich auch davon ausgehen, dass Rene Adler dann im Tor stehen wird.

Adler: Damit beschäftige ich mich gar nicht. Ich will das Spiel erstmal sacken lassen und dann später nochmal durchgehen. Was das für die Rangfolge im deutschen Tor für eine Rolle spielt, darüber zerbreche ich mir jetzt nicht den Kopf. Das war auch in der Vergangenheit nicht der Fall. Wenn ich spiele, versuche ich das Beste für die Mannschaft und mein Land zu geben. Das ist mir diesmal ganz gut gelungen und da werde ich meiner Linie auch treu bleiben.

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