Zieler: "Ferguson kann sehr gute Witze machen"

Von Interview: Torsten Adams
Ron-Robert Zieler wechselte 2005 vom 1. FC Köln zu Manchester United
© spox

Am Mittwoch tritt die deutsche U-20-Nationalmannschaft im WM-Achtelfinale gegen Nigeria an (19.45 Uhr im LIVE-TICKER). Im Tor wird Ron-Robert Zieler stehen. Der 20-Jährige ist kein alltägliches Torhütertalent, wie ein Blick auf seine Vita zeigt.

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2005 wechselte der 20-Jährige vom 1. FC Köln nach England. Zu Manchester United. Seit der vergangenen Saison ist er sogar in den Profikader des englischen Meisters aufgestiegen.

Im vergangenen Jahr gewann er die U-19-EM und wurde anschließend für drei Monate an den Drittligisten Northampton Town ausgeliehen. Sein Vertrag bei ManUtd läuft nun am Ende der Saison aus.

Im Interview spricht Zieler über den kommenden Gegner Nigeria, seine Erfahrungen mit den Stars der Red Devils und eine Zukunft in der Bundesliga.

SPOX: Herr Zieler, Sie sind auf dem besten Weg, etwas zu erreichen, was ihr Vorbild nie geschafft hat.

Ron-Robert Zieler: Warum?

SPOX: Oliver Kahn wurde schließlich nie U-20-Weltmeister.

Zieler: (lacht) Da haben Sie natürlich recht. Gerade bei der WM 2002, als ich noch ein kleiner Fetz war, spielte Kahn richtig stark und hatte eine gewisse Vorbildfunktion für mich. Ganz klar, er war einer meiner Helden.

SPOX: Im SPOX-Interview sagte Kahn kürzlich, Deutschland habe keine Weltklasse-Torhüter. Ihre Meinung dazu?

Zieler: Ich würde ihm zustimmen, denke aber, dass wir eine Menge junger Torhüter haben, die das Potenzial besitzen, einmal Weltklasse zu werden. Rene Adler und Manuel Neuer sind zwei sehr hoch veranlagte Torhüter, die momentan in aller Munde sind. Und wer weiß, vielleicht komme ich eines Tages auch noch dazu (lacht).

SPOX: Die WM 2014 in Brasilien ist also Ihr Ziel?

Zieler: So weit schaue ich noch nicht nach vorne. Im Ernst: Mein vorrangiges Ziel ist es, mich im Profifußball zu etablieren, in einem gestandenen Verein die Nummer eins zu werden und mich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

SPOX: Dafür ist die U-20-WM natürlich die perfekte Gelegenheit. Aktuell ist die Stimmung im Team nach dem 3:0 gegen Kamerun sicherlich nicht die schlechteste.

Zieler: Davon können Sie ausgehen. Und das gleich aus mehreren Gründen.

SPOX: Der Einzug ins Achtelfinale als Gruppenerster ist der erste Grund. Was sind die anderen?

Zieler: Wir sind wieder zurück in unser Basisquartier nach Suez gezogen, das ist schon mal sehr positiv. Außerdem hatten wir bis zum Spiel gegen Nigeria nun einige Tage frei und konnten zumindest ein bis zwei Tage ein wenig relaxen.

SPOX: Was ist so toll an Suez? Sie sollen in Ismailia auch sehr idyllisch gewohnt haben mit Blick auf den Suezkanal.

Zieler: Das stimmt auch. Aber leider war das Gebiet vom Militär abgeriegelt und wir durften nicht runter zum Kanal. Hier, unterhalb von Suez, sind wir direkt am Roten Meer. Das Hotel hat einen höheren Standard, eine super Außenanlage und die Trainingsbedingungen sind besser. Die Mannschaft fühlt sich hier einfach wohler.

SPOX: Kommen wir zurück zum Sportlichen. Gegen die USA und Südkorea standen Sie im Tor, beim Kamerun-Sieg spielte Sebastian Mielitz. Wie hat Horst Hrubesch den Wechsel begründet?

Zieler: Der Trainer ist nach dem zweiten Spiel zu mir gekommen und sagte, dass wir qualifiziert seien und deshalb Sebastian gegen Kamerun sein Spiel bekommen würde.

SPOX: Ihr Fehler aus dem Südkorea-Spiel war also nicht die Ursache?

Zieler: So wie ich den Trainer verstanden habe, war das nicht der Grund. Fehler können passieren und ich denke, dass ich meine Sache ansonsten sehr ordentlich gemacht habe. Außerdem versicherte er mir, ich würde im Achtelfinale wieder spielen.

SPOX: Apropos Achtelfinale. Gegner Nigeria wurde nur Gruppendritter, hat zudem noch eine kürzere Regenerationszeit als Ihr Team. Die Vorzeichen stehen ja nicht schlecht für ein Weiterkommen.

Zieler: Ich denke schon, dass wir im Vorteil sind. Zum einen haben wir uns mit dem Gruppensieg eine sehr gute Ausgangsposition verschafft und harmonieren von Spiel zu Spiel besser. Dann ist auch noch Sven Bender zu unserem Team dazugestoßen.  Zum anderen haben wir mit Südafrika (Testspiel vor der WM, Deutschland gewann 6:1; Anm. d. Red.) und Kamerun zuletzt schon zwei afrikanische Teams besiegt. Das hilft uns sehr. Wir wissen, wie man gegen solche Mannschaften agieren muss. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine Runde weiterkommen werden.

SPOX: Kennen Sie die Mannschaft von Nigeria? Wie muss man gegen sie spielen?

Zieler: Eigentlich ist es egal, gegen wen wir spielen. Im Achtelfinale einer WM gibt es ohnehin keine schlechten Teams mehr. Wichtig ist, dass wir diese Partie mit der gleichen Einstellung angehen wie die vorangegangenen, dann werden wir uns durchsetzen.

SPOX: Stichwort durchsetzen: Sie sind als 15-Jähriger von Köln nach Manchester gewechselt. Wie lautet Ihr Zwischenfazit nach gut vier Jahren in England?

Zieler: Ich habe sehr interessante Erfahrungen gemacht und mich sowohl sportlich als auch menschlich enorm weiterentwickelt. Die Zeit in England war sehr wichtig für mich und der frühe Wechsel hat sich definitiv gelohnt.

SPOX: 2005 haben Sie im Büro von Sir Alex Ferguson Ihren ersten Profivertrag unterschrieben. Ist er tatsächlich so knorrig wie ihn die Medien oft beschreiben?

Zieler: Als ich damals das erste Mal neben ihm stand, war er sehr freundlich, und ich kann Ihnen versichern, dass er auch richtig gute Witze machen kann. Wenn man sich ordentlich verhält, kommt man mit ihm sehr gut aus. Sobald es allerdings auf das Spielfeld geht, kann er auch knallhart durchgreifen. Er hat für United unheimlich viel geleistet und ist eine absolute Respektsperson.

SPOX: Wie sieht Ihr Alltag bei ManUtd aus? Trainieren Sie regelmäßig mit den Profis?

Zieler: Bei bestimmten Übungseinheiten wie Torschuss oder kleineren Spielchen bin ich regelmäßig dabei. Zudem absolvieren wir täglich ein spezielles Torwarttraining.

SPOX: Wie ist es, täglich mit einem Edwin van der Sar zu trainieren?

Zieler: Von Edwin kann man in jeder noch so kurzen Trainingseinheit etwas lernen. Er hat es nicht mehr nötig, den Konkurrenzkampf unter den Torhütern verbissen und eng zu sehen. Im Gegenteil: Besonders auf uns junge Spieler kommt er zu und gibt uns Ratschläge, wenn ihm Fehler auffallen.

SPOX: Am Ende der Saison läuft Ihr Vertrag aus. Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?

Zieler: Ich habe die Zeit in England sehr genossen. Aber nun spüre ich auch, dass ich in sportlicher Hinsicht den nächsten Schritt gehen muss. Wohin die Reise geht, wird sich sicherlich in absehbarer Zeit entscheiden. Ich denke, die Klubs verfolgen die U-20-WM sehr genau. Ich gebe jedenfalls mein Bestes.

SPOX: Sie sind in Köln geboren, seit Ihrer Kindheit FC-Fan, und Faryd Mondragon ist auch nicht mehr der Jüngste. Das würde ja passen.

Zieler: Es wäre ein Traum, irgendwann einmal für Köln zu spielen. Damit beschäftige ich mich momentan allerdings nicht, und zudem müsste Köln dann an mir Interesse zeigen. Es gibt zahlreiche Vereine, die mich interessieren und für die ich interessant sein könnte.

SPOX: Aber zur Bundesliga würden Sie nicht nein sagen?

Zieler: Ich bin nun seit über vier Jahren im Ausland und habe die Erfahrung gemacht, dass ich es hier schaffen kann. Sicherlich könnte ich mir auch vorstellen, in England zu bleiben. Aber Deutschland ist meine Heimat und ich denke, dass ich mich auf lange Sicht dort auch am wohlsten fühlen würde.

Das U-20-WM-Achtelfinale im Überblick