Doch wer denkt, dass das Team von Trainer Marco Pezzaiuoli das ewig junge Duell gegen das Nachbarland als Regenerationsprogramm ansieht, der täuscht sich. Gleich nach dem England-Spiel schob der 40-Jährige solchen Gedanken einen Riegel vor: "Es gibt noch keinen Grund, jetzt zu feiern. Wir werden auf keinen Fall nachlassen, denn wir haben noch einiges vor."
Kino als Ausgleichsprogramm
Trotz Pezzaiuolis strengen Worten setzte der Coach vor dem Spiel gegen die Niederlande auf Abwechslung: Er schickte seine Kicker in ein Jenaer Kino, wo sich die Nachwuchstalente den Spionage-Thriller "Duplicity" mit Julia Roberts ansahen.Ganz so entspannt ging es beim Team Niederlande nicht zu - und das aus gutem Grund: "Deutschland ist bereits für das Halbfinale qualifiziert, wir dagegen noch nicht", sagt Trainer Albert Stuivenberg gegenüber SPOX. "Wir haben am Montag trainiert und die Truppe noch einmal speziell auf den Gegner eingestellt. Selbst den Schwimmbad-Besuch am Sonntag haben wir als Regenerations-Einheit genutzt."
Mustafi: Sieg als Motivationsspritze
"Alle Hebel in Bewegung setzen" heißt also die Maxime der Stuivenberg-Truppe, denn nur mit einem Sieg gegen Deutschland stehen die Oranjes sicher in der Runde der besten vier Mannschaften.
Doch auch die deutschen Jungs wissen, was ein weiterer Erfolg gegen den letzten Gruppengegner Wert sein kann. "Mit einem Sieg gegen die Niederlande kann man Motivation für den weiteren Turnierverlauf mitnehmen", sagt Innenverteidiger Shkodran Mustafi vom Hamburger SV. "Außerdem müssen wir als Tabellenführer nicht gegen den Gewinner der anderen Gruppe antreten."
Sammer: "Definitiv ein besonderes Spiel"
Auch wenn Mustafi damit schon einen Ausblick auf das Halbfinale am kommenden Freitag in Dessau-Roßlau gibt, gilt die volle Konzentration im DFB-Team den Niederländern. So warnt DFB-Sportdirektor Matthias Sammer: "Unser Ziel ist der Titel, wir haben zwei Spiele gewonnen und drei Endspiele vor uns. Wir haben noch nichts erreicht und dürfen nicht leichtsinnig werden."
Für den Europameister von 1996, der als Aktiver selbst mehrfach gegen die Elftal antrat, ist das Kräftemessen mit dem Erzrivalen kein gewöhnliches Duell: "Das ist definitiv ein besonderes Spiel. Da geht es nicht nur um den Gruppensieg. Also ich verliere nicht gerne gegen die Niederländer."
Rhythmus nicht verlieren
Sollte den deutschen Talenten tatsächlich im dritten Spiel ein Sieg gelingen, wird der Rummel um die ohnehin schon mit Lob überschütteten Nachwuchskicker nicht weniger.
Dass sich Mustafi, Yabo und Co. von dem ihnen aufgedrückten Stempel als Turnierfavorit beeinflussen lassen könnten, bereitet Sammer keine Sorgen: "Ein guter Fußballer lässt sich von solchen Nebensächlichkeiten nicht ablenken, sondern konzentriert sich auf das nächste Spiel." Vielmehr müsse das Team nun aufpassen, dass man die Spannung hochhalte und den Rhythmus nicht verliere.
Anders als die Pezzaiuoli-Schützlinge trat die kleine Elftal im bisherigen Turnierverlauf nicht sehr überzeugend auf. Einem mageren 1:1 im ersten Gruppenspiel gegen England folgte ein glücklicher 2:1-Erfolg gegen die Türken. "Wir sind mit unseren bisherigen Leistungen keineswegs zufrieden", gibt Stuivenberg zu. "Wir können viel besser spielen und wollen uns gegen Deutschland steigern."
Christopher Buchtmann gesperrt
Die herausragenden Ergebnisse seiner Mannschaft im Vorfeld der EM will Stuivenberg vor dem Aufeinandertreffen im Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld nicht zum Maßstab nehmen: "Wir haben im September schon gegen Deutschland gewonnen. Aber seitdem haben sich viele Dinge geändert", sagt der 38-Jährige. "Wir wissen, dass sie ein starkes Team haben und es wird ein hartes Stück Arbeit, sie erneut zu schlagen."
Sein Gegenüber Pezzaiuoli muss seine Erfolgsformation auf mindestens einer Position verändern: England-Legionär Christopher Buchtmann holte sich im Spiel gegen seine Wahlheimat seine zweite Gelbe Karte im Turnier ab und fehlt seinem Team gegen die Niederlande.
Janzer angeschlagen
Ein Fragezeichen steht indes hinter Manuel Janzer. Der Stuttgarter leidet an einer Sprunggelenkverletzung im rechten Fuß.
Egal, mit welcher Elf das DFB-Team am Dienstag auflaufen wird, Sammer hat vollstes Vertrauen in Pezzaiuoli: "Es könnte sein, dass wir einige andere Spieler sehen. Der Trainer muss doch wissen, auf wen er sich verlassen kann, wenn es ernst wird."
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