"Des Geldes wegen zu ManCity? Alles Quatsch"

Von Thomas Gaber
Loris Karius (M.) ist Torhüter der deutschen U-16-Nationalmannschaft.
© Getty

Adam Szalai (Real Madrid), Ron-Robert Zieler (Manchester United), Alexander Merkel (AC Milan), Björn Bussmann (Blackburn Rovers) und jetzt Loris Karius (Manchester City). Deutsche Nachwuchsspieler sind bei europäischen Topvereinen en vogue.

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Sie wurden entdeckt, über einen langen Zeitraum beobachtet, geködert und haben sich letztlich entschlossen, in jungen Jahren Deutschland den Rücken zu kehren. Was bringt 15-, 16-Jährige dazu, Familie und Freunde zu verlassen, um ihren Weg zum Profifußballer im Ausland anzustreben?

SPOX sprach mit Harald Karius, dem Vater von Loris Karius, der ab 1. Juli 2009 für Manchester City spielen wird.

Jugendkoordinator enttäuscht

Thomas Albeck waren die Hände gebunden. Der Jugendkoordinator des VfB Stuttgart hatte letztlich keine Chance, Loris Karius im Ländle zu halten. Das 15-jährige Torwarttalent war frei auf dem Markt und folgte dem Ruf von Manchester City - laut Albeck in erster Linie des Geldes wegen.

"Da waren Summen im Spiel, die jenseits jeglicher Vorstellungskraft liegen, da können und wollen wir nicht mithalten. Wenn ein Spieler in wenigen Jahren finanziell praktisch ausgesorgt hat, ziehen alle pädagogischen und sportlichen Argumente nicht mehr", sagte der Nachwuchsleiter.

Albeck und der VfB haben kapituliert. Mehr als eine bei Wechseln ins Ausland gültige Ausbildungsentschädigung in Höhe von 30.000 Euro bekommen sie nicht.

Papa Karius: Geld spielt keine Rolle

Harald Karius wehrt sich im Gespräch mit SPOX vehement gegen Albecks Argument. "Das ist alles Quatsch. Geld war für uns nie der ausschlaggebende Punkt. Wenn ein junger Spieler es in den Profibereich schafft, verdient er überall gutes Geld. Wenn er in Stuttgart geblieben wäre, hätte er in zwei Jahren genauso viel Geld verdient."

Karius betont vielmehr die sportliche Perspektive, die Manchester City Loris geboten hat.

"Der VfB Stuttgart ist bekannt für seine hervorragende Ausbildung. Wir lassen den Jungen auch mit einem weinenden Auge ziehen. Aber ManCity hat uns ein sauberes Konzept vorgelegt. Der Verein hat uns im Vergleich zum VfB Loris' Weg in den Profifußball viel konkreter aufgezeigt. Die sportliche Perspektive war beim VfB nicht so gegeben."

U 18 der Citizens souverän

In Deutschland hätte Loris Karius auf dem Weg in die erste Mannschaft zwei Jahrgänge mehr durchlaufen müssen als in England. "Er fängt am 1. Juli im Under-18-Team von Manchester City an", sagt Vater Karius.

Zwischen dem Under-18-Team und der ersten Mannschaften um Superstar Robinho liegt "nur" noch die Reservemannschaft. Loris Karius kommt in eine funktionierende Einheit. Die U 18 der Citizens führt die Tabelle der Youth Academy League in England mit 17 Punkten Vorsprung auf den Stadtrivalen Manchester United an.

Die beiden Derbys wurden jeweils ohne Gegentor gewonnen, der Nachwuchs des FC Liverpool 4:1, Middlesbrough 9:2 und die Blackburn Rovers 8:1 geputzt.

Viele Angebote aus England und Deutschland

Die Jugendakademie von Manchester City gehört zu einer von 41 vom englischen Verband FA lizenzierten Akademien. Loris Karius hat sich alles ganz genau angeschaut.

"Den ersten Kontakt zu Manchester City gab es anlässlich des Länderspiels der deutschen U-16-Nationalmannschaft gegen Mazedonien im September 2008. Wir wurden mehrfach nach Manchester eingeladen, um Jugendabteilung, Profibereich, Stadion und Umfeld zu besichtigen. Zwischendurch gab es immer wieder Gespräche zwischen ManCity, uns und Loris' Beratern. Er hat in Manchester trainiert, auch mit Joe Hart, dem Torhüter der Profis", erzählt Papa Karius.

ManCity war aber beileibe nicht der einzige Interessent. "Es gab viele Angebote aus England und Deutschland. 70 Prozent aller Premier-League-Vereine wollten Loris. Vom Namen her sogar größere als Manchester City", verrät sein Vater.

"Haben Loris nichts aufgedrängt"

Familie Karius hat auch andere Interessenten in England besucht - und wurde enttäuscht. "Das war eine andere Welt im Vergleich zu ManCity. Da wurden Absprachen nicht eingehalten, die Gespräche verliefen sehr nüchtern und sachlich. Die Leute von ManCity dagegen haben alles, was sie versprochen haben, eingehalten. Wir haben auf jede Frage umgehend eine Antwort erhalten", sagt Harald Karius.

Der Vater betont, dass es Loris' alleinige Entscheidung war, auf die Insel zu wechseln.

"Wir als Eltern können Loris nur begleiten und ihn unterstützen. Wir haben ihn in keinster Weise zu irgendetwas gedrängt. Er wollte es tun, ihm hat das Umfeld gefallen, die Bedingungen, die Perspektive. Er will zeigen, dass das Vertrauen, das in ihn gesetzt worden ist, gerechtfertigt ist. Und wenn er es nicht packen sollte, kommt er eben zurück. Das Interesse in Deutschland wird dann noch da sein."

Schulische Ausbildung gesichert

Harald Karius hält den Schritt ins Ausland auch aus pädagogischer Sicht für sinnvoll.

"Wir glauben, dass es besser ist, den Schritt nach England jetzt zu wagen als erst im Alter von 23 oder 24 Jahren. Loris lernt die Sprache perfekt, neue Mentalitäten, andere Sitten. Ein Jugendlicher gewöhnt sich in diesem Alter schnell an neue Begebenheiten. Außerdem kommt er bei einer Gastfamilie unter und muss nicht im Internat wohnen."

Der Nachwuchskeeper wird in England die zehnte Klasse wiederholen und mit eigens von ManCity zur Verfügung gestellten Mentoren arbeiten, um schnell den schulischen Anschluss zu finden.

"ManCity hat für viele Bereiche eigene verantwortliche Leute eingestellt. Einer kümmert sich um Loris' schulische Ausbildung, ein anderer um sein Leben in der Gastfamilie. Das ist sehr professionell und hat uns absolut überzeugt", sagt der Papa.

Dass das Abenteuer England kein Selbstläufer wird, weiß auch die Familie Karius. Der Papa sagt: "Loris hat ein großes Talent, sonst wäre das Interesse an ihm nicht so gewaltig. Aber im Fußball geht es nur über Leistung. Loris hat keine Stammplatzgarantie bei Manchester, sondern muss sich alles hart erarbeiten."

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