Löw in Bedrängnis

Von Für SPOX bei der Nationalmannschaft: Stefan Rommel
Die Bilanz des Bundestrainers Joachim Löw: 24 Siege, 5 Unentschieden, sechs Niederlagen
© Getty

Der Bundestrainer steht vor der WM-Qualifikation unter Druck. Die Fans und sein Boss fordern Wiedergutmachung. Und der ein oder andere Bundesligatrainer wird ganz genau hinschauen.

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Ein erstes zartes Indiz für einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung der deutschen Nationalmannschaft gab es für die Verantwortlichen bereits vor einigen Wochen in Düsseldorf.

Zum Testspiel gegen den zugegebenermaßen nicht unbedingt sehr attraktiven Gegner Norwegen klafften große Lücken auf den Rängen der LTU-Arena. Ein Länderspiel der DFB-Auswahl nicht ausverkauft?

Am schlechten Wetter kann es zumindest nicht gelegen haben, das Dach der Arena war geschlossen, drinnen herrschten frühlingshafte Temperaturen.

Düsseldorf war kein Einzelfall. Bereits beim ersten Test nach der EM 2008 in Nürnberg gegen Belgien blieb der Verband auf einigen tausend Tickets sitzen.

Nicht nur die Ergebnisse müssen stimmen

Für das erste Pflichtspiel des Jahres 2009 in Leipzig wurden bereits im Vorfeld alle Karten verkauft. Das ist eine gute Nachricht. In der Fußball-Diaspora Ost-Deutschland, das nur alle Jubeljahre in den Genuss eines Länderspiels kommt, aber nicht anders zu erwarten.

43.000 Zuschauer werden im schmucken Leipziger Zentralstadion erwartet. Und die wollen vor allem eines: Wiedergutmachung. Für die zuletzt dürftigen Auftritte der DFB-Elf gegen England (1:2) und Norwegen (0:1).

Nun ist es gegen Liechtenstein und einige Tage später in Wales schwer möglich zu glänzen. Trotzdem muss neben dem vorrangigen Ergebnisfußball - zwei Siege sind im Hinblick auf den "Oktober als Monat der Wahrheit" (Co-Trainer Hansi Flick) mit den Spielen in Russland und gegen Finnland Pflicht - auch endlich wieder ein spielerischer Aufwärtstrend sichtbar sein.

Die letzte wirklich überzeugende Vorstellung gelang beim 2:1-Sieg über die Russen im Oktober 2008 - dort aber auch nur 45 Minuten lang.

Bei den Niederlagen in den letzten beiden Testspielen verfiel die Mannschaft in alte, längst eingemottet geglaubte Strickmuster und konterkarierte den vom Bundestrainer geforderten Offensivfußball aufs Schlimmste.

Klose-Kritik an Ballack

Gleich nach der Pleite gegen Norwegen schwang sich DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger zum obersten Kritiker auf. "Ich bin mit den Ergebnissen der A-Mannschaft derzeit nicht zufrieden. Es ist die Aufgabe von Joachim Löw und dessen Trainer-Stab, jetzt sehr genau zu analysieren, wie es sein kann, dass die Mannschaft zweimal hintereinander verloren hat."

Zuletzt war dies übrigens vor sechs Jahren unter Teamchef Rudi Völler der Fall. Zwanziger gab den drohenden Imageverlust offen zu. "Die Sympathiewerte für die Nationalmannschaft werden nach solchen Spielen nicht weiter nach oben geschraubt, das ist mir klar."

Vor dem Spiel gegen Liechtenstein hat Joachim Löw auch deshalb weniger mit dem Gegner zu kämpfen als mit hausgemachten Problemchen, die sich schnell aber wieder zu ernsthaften Problemen auswachsen könnten. Wenn denn in einem der beiden anstehenden Spiele etwas schief geht.

Löws Zwist mit Kapitän Michael Ballack war längst beigelegt, da trat vor gut einer Woche Miroslav Klose auf den Plan und zündelte erneut.

"Man hat gemerkt, dass Michael sich wieder mehr einzugliedern versucht. Aber das muss er auch auf dem Platz tun. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen, aber das muss er lernen, und das schafft er auch", sagte Klose im "Stern" und erntete dafür kaum Beifall. Im Gegenteil.

Bierhoff macht denselben Fehler

"Diese Aussagen waren sinnlos, weil sie für das Team nichts bringen. Vor allem der Zeitpunkt war unglücklich. Grundsätzlich gilt: Wie der Kapitän sollen alle Spieler solche Themen intern ausfechten", geißelte Teammanager Oliver Bierhoff die öffentliche Klose-Kritik an Ballack.

"Wir sollten es vermeiden, über Dritte in der Öffentlichkeit zu reden." Sprach es und machte just in diesem Moment denselben Fehler.

So richtig ausgeräumt scheint noch längst nicht alles zu sein, auch wenn sich Ballack offenbar mehr und mehr zu integrieren versucht. Aus der Sommermärchen-Truppe ist eine Zweckgemeinschaft geworden. Und Löw muss das Rad der Zeit wieder zurückdrehen.

Bundestrainer contra Bundesliga

Dabei hat sich der Bundestrainer unnötig selbst unter Druck gesetzt. Vor ein paar Tagen erneuerte er seine Kritik. "In der Bundesliga ist Vieles gut, aber wir können uns bei der Vorbereitung der Spieler und Mannschaften verbessern. Dazu gehören elementare Dinge wie Schnelligkeit oder Präzision", sagte Löw.

Die Retourkutsche von verschiedenen Seiten aus 1. und 2. Liga ließ nicht lange auf sich warten, auch Bayern-Manager Uli Hoeneß äußerte seine Bedenken im Umgang miteinander.

"Es ist eine neue Qualität, dass der Draht zwischen der Nationalmannschaft und den Vereinen so getrennt wird. Was mir fehlt, ist der enge Kontakt."

Probleme bleiben

Auf der Tagung der Bundesligatrainer am vergangenen Sonntag wurden alle Ungereimtheiten untereinander zwar wieder ausgeräumt. Ein bisschen wird aber erneut hängen bleiben. Und sollten aus den beiden anstehenden Spielen nicht sechs Punkte geholt werden, sicherlich wieder hervorgekramt werden.

Löw kann schließlich nicht Arbeitsweisen anderer kritisieren - ob er nun damit Recht hat oder nicht - und selbst mit seiner Art Fußball scheitern.

Deutschlands WM-Quali-Gruppe 4 im Überblick