Mit Geduld und Klasse

Von Für SPOX in Mönchengladbach: Stefan Rommel
DFB-Team, Deutschland, Wales
© Getty

Im letzten WM-Qualifikationsspiel des Jahres gewann die deutsche Nationalmannschaft nach 90 hart umkämpften Minuten in Mönchengladbach 1:0 gegen Wales.

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Auf der Verpackung stand "WM-Qualifikationsspiel", genau wie vor einigen Tagen gegen Russland.

Und vielleicht gab es wirklich einige ganz Verwegene unter den 44.500 Zuschauern im Mönchengladbacher Borussia-Park, die allen Ernstes daran geglaubt hatten, einen ähnlich beschwingten Abend zu erleben wie das Publikum in Dortmund am Samstag.

Defensive Waliser verhindern Zauber-Fußball

Doch spätestens nach den ersten fünf Minuten hätte jedem klar sein müssen, dass das Spiel der deutschen Mannschaft eines nicht würde bieten können: Zauber-Fußball.

So attraktiv und offensiv die Russen zu Werke gingen, so destruktiv, verschüchtert und defensiv machte Wales der DFB-Elf das Leben schwer. Es wartete eine komplett andere Partie auf die Mannschaft von Joachim Löw, und es war die spannende Frage des Abends, wie das Team damit umgehen würde.

Löw: "Mannschaft war mental sehr stark"

"Es war zu erwarten, dass die Waliser sehr tief stehen werden. Aber gerade in der zweiten Halbzeit haben wir mehr investiert. Unsere Mannschaft war auch mental sehr stark", formulierte Löw seine Gedanken auf der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Der Bundestrainer wirkte anders als die Mannschaft von Beginn an hellwach, brüllte schon nach wenigen Minuten energische Anweisungen aufs Feld. Vieles passte Löw nicht, seine Auswahl rannte in der ersten Halbzeit relativ konzeptlos gegen das 5-4-1 der Waliser an.

Erste Hälfte ohne Torchance

Aus einem Fußball- wurde zeitweise ein Handballspiel. Der Ball zirkulierte um den von neun Spielern bewachten gegnerischen Strafraum, ohne dabei den Weg in die mikroskopisch kleinen Schnittstellen zu finden.

So erspielte sich Deutschland trotz drückender Überlegenheit in den ersten 45 Minuten nicht eine zwingende Torchance. Lediglich ein Fernschuss von Bastian Schweinsteiger streichelte die Latte.

Pfiffe als Motivation

Diejenigen Zuschauer, die naiverweise ein Spektakel wie gegen die Russen erwartet hatten, quittierten den Auftritt beim Gang in die Kabinen mit Pfiffen. Es darf als Erkenntnis des Abends gelten, dass sich die Mannschaft davon und von der Haltung des Gegners nicht hat verrückt machen lassen und solide ihr Spiel weiter gespielt hat.

Nach dem Wechsel nämlich erhöhte Deutschland die Schlagzahl, peu a peu. Jetzt erst nahm das Mittelfeld die neue Spielsituation so richtig an und zeigte neben dem hochgejubelten vertikalen Spiel, das in dieser Konstellation schlicht unmöglich war, auch andere Qualitäten.

Lahm: "Es war Geduld gefragt"

Qualitäten, die den Betrachter zum Schluss kommen lassen: Die Mannschaft hat sich weiterentwickelt. Zu keinem Zeitpunkt verfiel die DFB-Elf in Aktionismus oder Panik, sondern penetrierte die Gäste unverdrossen - und mit der nötigen Gelassenheit.

"Ich habe zu keinem Zeitpunkt der Partie an unserem Sieg gezweifelt", bekannte Philipp Lahm. "Es war Geduld gefragt und unser Spiel 90 Minuten lang durchzuziehen. Das ist uns gelungen. Und dass wir dann auch noch das entscheidende Tor machen können, zeigt die Klasse unserer Mannschaft."

Mit vier Punkten Vorsprung in die Winterpause

Viel war von einem Qualitätssprung die Rede. Davon, dass das Team gelernt hat, auch in schwierigen Phasen ruhig zu bleiben und sich nicht verrückt machen zu lassen. Weder vom Gegner, noch von den Zuschauern.

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So geht Deutschland mit vier Punkten Vorsprung vor Russland in die Winterpause der WM-Qualifikation. Das nächste Spiel ist eigentlich das Heimspiel gegen Liechtenstein Ende März. Aber schon jetzt wird das Rückspiel gegen den hartnäckigsten Verfolger als eine Art Endspiel um den Gruppensieg verkauft.

Kleinere Gegner geben den Ausschlag

Ein Gedanke, mit dem sich Schweinsteiger gar nicht anfreunden kann. Im Gegenteil. "Nicht das Rückspiel in Moskau in einem Jahr gegen die Russen wird entscheiden, wer Erster oder Zweiter in dieser Gruppe wird", so Schweini energisch. "Sondern die Spiele gegen Wales, Finnland und Aserbaidschan, gegen die kleineren Mannschaften, werden am Ende den Ausschlag geben."

In Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland bereits zwei Punkte gegen die Finnen verloren hatte und Russland bei einem Spiel weniger nach einem möglichen deutschen Remis gegen Wales mit einem eigenen Dreier hätte vorbeiziehen können, war das Tor von Piotr Trochowski Gold wert.

Weiterentwicklung gelungen

"Der Sieg war wichtig, die sechs Punkte ziehen richtig rein. Wir spielen erst in einem halben Jahr wieder in der Qualifikation und haben eine gute Grundlage geschaffen", so Schweinsteiger weiter.

So sah es auch Joachim Löw, der von einem guten Fundament sprach, das sich die Mannschaft da gelegt habe. Und neben den drei Punkten durfte der Bundestrainer auch damit zufrieden sein, wie die Mannschaft seine Forderung nach Weiterentwicklung erfüllt hatte.

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