Mutige Nachrücker beeindrucken Löw

SID
Fußball, Deutschland, Mario Gomez, Marko Marin, Kevin Kuranyi
© dpa

Nürnberg - Allen Fragen nach den fehlenden Platzhirschen nahm Joachim Löw galant die Schärfe, doch die junge Spieler-Generation legte gleich nach dem gelungenen Saisonstart gegen Belgien die Zurückhaltung ab.

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Sechs neue Kräfte in der Startelf, ein erfreuliches Debüt von Serdar Tasci (21) und ein "Zaubertor" von Fast-Neuling Marko Marin (19) machten das 2:0 der deutschen Nationalmannschaft 52 Tage nach dem verlorenen EM-Finale auch sportlich zur Kampfansage an alle etablierten National-Kicker.

Neulinge hochmotiviert

Ein Umbruch allerdings war es noch lange nicht, auch wenn Ersatz-Kapitän Bastian Schweinsteiger die Erkenntnisse des Nürnberger Fußball-Abends mit viel Euphorie zusammenfasste: "Ein neues Abenteuer beginnt. Jeder Spieler muss versuchen, sich einen Platz zu erkämpfen. Und die gestandenen Spieler müssen Leistung bringen, um in der Mannschaft zu bleiben."

Viele der Nachrücker packten nach den Absagen von Michael Ballack, Torsten Frings, Per Mertesacker und Arne Friedrich "sehr engagiert und motiviert" ihre Chance beim Schopfe, hielt der Bundestrainer fest.

"Mut zu Fehlern"

Zwar lief beim Benefizspiel gegen harmlose Belgier, das rund vier Millionen Euro für soziale Zwecke in die Kasse des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) spülte, lange nicht alles rund.

Vor allem die "Abteilung Attacke" schwächelte mit Ausnahme des später verletzt ausgeschiedenen Lukas Podolski.

Doch das störte DFB-Chefcoach Löw zum Aufbruch in eine "neue Periode" gar nicht: "In erster Linie wollte ich sehen, dass die Mannschaft versucht, zu kombinieren, den Ball schnell laufen zu lassen, das Spiel schnell aufzulösen." Dazu gehöre durchaus auch der Mut zu Fehlern.

"Alte Hasen" gegen "Junge Wilde"

Zwar ließ Löw als Leiter des neuen Titelprojekts "WM 2010" keine Zweifel zu, dass Kapitän Ballack und Routinier Frings nach ausgestandenen Verletzungen in den Personalplanungen weiter eine herausragende Rolle spielen.

Doch die aufmüpfigen Nachrücker wie Thomas Hitzlsperger kommen dem Bundestrainer gerade recht. "Nach wie vor wissen wir schon, was wir an beiden Spielern haben", sagte Löw zu Ballack und Frings.

"Aber es ist einfach so, dass ich den Konkurrenzkampf sehen möchte. Die Spieler müssen angreifen, die schon länger dabei sind."

Und dass der 48-jährige Freiburger Ernst macht, zeigte schon in Nürnberg das Beispiel Christoph Metzelder. Bei der EM durfte der Mann von Real Madrid trotz sichtbarer Probleme immer wieder verteidigen. Gegen Belgien entschied Löw, dass der Fitness-Zustand des 27-Jährigen noch nicht für einen Einsatz reicht.

Viel Lob für Tasci und Marin

Zu den Gewinnern des einzigen Tests vor der neuen WM-Ausscheidung, die am 6. September in Vaduz gegen Liechtenstein und vier Tage später in Helsinki gegen Finnland beginnt, dürfen sich der Deutsch-Türke Tasci und der gebürtige Bosnier Marin fühlen.

"Er spielt taktisch einen guten Ball, vor allem seine Spielauflösung nach vorn mit langen Pässen ist hervorragend", lobte Löw den Stuttgarter Neuling und stufte ihn zusammen mit dem Schalker Westermann zumindest als "Alternative" für das EM-Stopperpaar Mertesacker/Metzelder ein.

Marin sorgte nach dem Elfmeter-Tor von Schweinsteiger (59. Minute) nach wunderschönem Zusammenspiel mit Philipp Lahm für das Highlight der Test-Partie (77.).

"Frech und qualitativ gut", bewertete Löw das 2:0 des Gladbachers, der aus seiner Niederlage beim "EM-Casting" auf Mallorca nun Positives zieht: "Es ist jetzt leichter für mich."

Positiver Konkurrenzkampf

Fast alle der 18 Spieler des Belgien-Kaders dürften erneut dabei sein, wenn sich die DFB-Auswahl am 2. September zum Abschiedsspiel für Oliver Kahn in München versammelt. Dazu werden wieder die "Alten" Ballack (31), Frings (31) und Friedrich (29) kommen.

Im Torwart-Duell um die Nummer 1 wird es nach dem beschäftigungsarmen Abend für Robert Enke nichts Neues geben, da Hauptkonkurrent Rene Adler noch einige Zeit ausfällt.

Doch die von Löw geschürte positive Unruhe beim Vize- Europameister ist mit dem "guten Warm up" durchaus ausgebrochen. Zumal mit dem Münchner Toni Kroos (18) oder dem Schalker Jermaine Jones (26) weitere potenzielle Nachrücker auf ihre Chance lauern.

Und auch vom Neu-Leverkusener Patrick Helmes erwartete Löw "einiges in den kommenden Monaten, er hat ein enormes Potenzial."

Schweini will "mehr Verantwortung" übernehmen

Ob aus den ersten zarten Veränderungen tatsächlich schon in näherer Zukunft eine neue Struktur und vielleicht sogar Hierarchie in der deutschen Nationalmannschaft wächst, muss abgewartet werden.

Die Voraussetzungen dafür aber scheinen gegeben, wie nicht nur der Münchner Schweinsteiger betonte, der jetzt "noch mehr Verantwortung" übernehmen will: "Das Potenzial ist sehr groß. Es gibt wenige Mannschaften auf der Welt, die einen so jungen Kader besitzen."

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