Tottenham-Held Heung-Min Son: Keine Erinnerungen an das Drama und die Sperre

Mit seinem Doppelpack in nur 131 Sekunden schoss Heung-Min Son Tottenhams zwischenzeitliche 2:1-Führung gegen City heraus.
© getty

In Abwesenheit des verletzten Stammstürmers Harry Kane entwickelte sich Heung-Min Son zum gefährlichsten Spieler von Tottenham Hotspur. Mit seinem Doppelpack gegen Manchester City hatte er entscheidenden Anteil am Weiterkommen seiner Mannschaft. Das Halbfinal-Hinspiel gegen Ajax Amsterdam in der Champions League wird er jedoch gesperrt verpassen.

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Dass Heung-Min Son noch nicht ganz realisiert hatte, was da gerade eigentlich alles passiert ist, wurde im Sky-Interview nach dem Spiel schnell klar. Son grinste vor sich hin und sagte: "Ich kann mich schon gar nicht mehr daran erinnern, wie das Spiel ausgelaufen ist."

Da hatte er aber einiges verpasst! Er und seine Spurs waren schließlich weiter, draußen, weiter, draußen und dann doch weiter. Komprimiert gab es das sogenannte Wechselbad der Gefühle in der dritten Minute der Nachspielzeit, als Schiedsrichter Cüneyt Cakir und sein VAR nach Citys Jubelarien deren vermeintliches 5:3 zurücknahmen. Das Hüfte-und-Arm-Tor von Fernando Llorente zum 3:4 20 Minuten zuvor erkannten sie aber an.

Tottenham steht damit nach der Saison 1961/62 erst zum zweiten Mal in seiner Vereinsgeschichte im Halbfinale der Königsklasse. "Meine Spieler sind Helden", sagte Trainer Mauricio Pochettino lapidar. Und einer der Haupthelden ist Son, der einen Doppelpack erzielte und nach seinem Treffer zum 1:0 im Hinspiel somit für drei der vier Tottenham-Tore im Viertelfinalduell mit City verantwortlich war.

Son gegen City: Doppelpack und Sperre

Dass Son aber auch ein bisschen tragischer Held war, wusste er natürlich auch nicht. Diese epische Schlacht schüttelte wohl nicht nur sein Kurzzeitgedächtnis durch, sondern auch sein Langzeitgedächtnis. Vergessen hatte er, dass er im Laufe des Wettbewerbs bereits zwei Gelbe Karten gesehen hatte - weshalb seine dritte gegen City eine Sperre im Halbfinal-Hinspiel gegen Ajax Amsterdam bedeutet. "Das wusste ich nicht", sagte er im Interview nach dem Spiel. Aber wenn es so sei, natürlich "sehr, sehr schade".

Sehr, sehr schade ist das vor allem auch für seinen Klub. Denn in Abwesenheit des verletzten Harry Kane entwickelte sich Son zuletzt zum gefährlichsten Tottenham-Spieler. Er scheint die Abwesenheit des Stammstürmers sogar zu genießen. Immer, wenn Kane verletzt fehlt, läuft Son zur Hochform auf. So war es bei Kanes erster Zwangspause kurz nach dem Jahreswechsel und so ist es jetzt wieder. Acht seiner letzten neun Pflichtspieltore schoss Son, wenn Kane nicht auf dem Platz stand.

Gegen City waren es die beiden so wichtigen Auswärtstore nach dem frühen Rückstand, für die Son nur 131 Sekunden brauchte. Zuerst schob er gedankenschnell ein, dann schlenzte er traumhaft. "Der Zeitpunkt der Tore war sehr wichtig", sagte Son. Schon im Hinspiel und beim Eröffnungsspiel des neuen Tottenham Stadium gegen Crystal Palace am Wochenende zuvor hatte er getroffen.

Son ist in der Form seines Lebens

20 Pflichtspieltore erzielte Son in dieser Saison, womit er nur mehr eines von seiner persönlichen Bestleistung aus der Saison 2016/17 entfernt ist. Im Kalenderjahr 2019 traf Son bereits zehn Mal und damit am öftesten bei Tottenham. Kurz: Son ist in der Form seines Lebens.

Wichtig ist er aber nicht nur wegen seiner Tore, sondern auch wegen seiner Mentalität. Gegen City bestritt er die zweitmeisten Zweikämpfe aller Tottenham-Spieler. "Wir haben wieder gekämpft", sagte er, "und unglaublichen Charakter und Kampfgeist gezeigt." Vor allem er.

Son begann als zweite Spitze neben Lucas Moura, rückte nach einer taktischen Umstellung von einem 4-4-2 mit Raute auf ein 4-2-3-1 aber schon Mitte der ersten Halbzeit ins linke Mittelfeld. In der Gefahrenzone tauchte er in der Folge zwar seltener auf, von seiner entfesselnden Zielstrebigkeit nach Ballgewinn profitierte Tottenham aber auch über links. Son ist der Schnellzug, den die Lokführer Christian Eriksen und Dele Alli mit ihren Pässen am liebsten auf die Reise schicken.

Viel zu vergessen gibt es für Son nicht

Im Halbfinal-Hinspiel gegen Ajax braucht es aber einen neuen Plan, dann fehlen mit dem gesperrten Son und dem weiterhin verletzten Kane die beiden gefährlichsten Spieler der Mannschaft. Richten muss es wohl der 34-jährige Hüfte-und-Arm-Torschütze Llorente und zwar von Beginn an.

"Wir werden Spaß haben", ist sich Son trotz der misslichen Personallage sicher. Er hat jetzt erstmal Zeit, diese epische Schlacht gegen City zu verarbeiten. Als er abschließend gefragt wurde, ob es gar ein Spiel war, das er niemals vergessen werde, sagte er: "Das glaube ich schon."

Viel zu vergessen gibt es für Son aber ohnehin nicht, denn an das meiste konnte er sich schon direkt nach Abpfiff gar nicht mehr erinnern.

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