VfL verspielt perfekte Ausgangslage

Julian Draxler erzielte zwei Tore gegen Gent - das 2:0 war besonders sehenswert
© getty

Der VfL Wolfsburg hat das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei KAA Gent mit 3:2 (1:0) gewonnen und sich damit eine gute Ausgangslage für das Rückspiel erarbeitet.

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Vor 19.978 Zuschauern in der ausverkauften Ghelamco Arena brachte Julian Draxler die Gäste kurz vor der Pause in Führung (44.), ehe sich Sebastian Jung in einem Zweikampf das Knie verdrehte. Den zweiten Durchgang erlebte der Rechtsverteidiger nicht mehr mit. Die vorzeitige Diagnose lautete: Verdacht auf Innenbandriss.

Nach der Pause erhöhten erneut Draxler mit einer Weltklasse-Aktion (54.) und Max Kruse (59.) zwischenzeitlich auf 3:0. Sven Kums (81.) und Kalifa Coulibaly (89.) machten die Partie durch ihre Treffer aber noch einmal spannend und gaben Gent wieder Hoffnung für das Rückspiel.

Durch den Sieg hat sich der VfL bei seiner CL-Achtelfinal-Premiere unter dem Strich eine gute Ausgangslage für das Rückspiel am 8. März in der Volkswagen Arena erarbeitet. Gent dagegen verlor in dieser CL-Saison erstmals vor eigenem Publikum.

Die Reaktionen:

Dieter Hecking (Trainer Wolfsburg): "Vielleicht ist der Knoten jetzt auch für das Liga-Spiel in Berlin geplatzt. Wir haben lange auf ein Erfolgserlebnis in der Liga gewartet, jetzt haben wir auch hier gewonnen. Mit dem Wort Wende wäre ich allerdings vorsichtig, aber so ein Spiel kann die Brust größer werden lassen."

Julian Draxler (VfL Wolfsburg): "Es sind gemischte Gefühle unmittelbar nach dem Spiel. Mit dem 3:0 haben wir uns in einen Rausch gespielt und der ganze Frust der letzten Wochen war verflogen. Aber dann haben wir leider einen Gang zurückgeschaltet und noch zwei dumme Gegentore bekommen. Trotzdem ist ein 3:2-Sieg in Gent sehr positiv. Wir freuen uns darüber. Ich kann heute mit meinem Spiel sehr zufrieden sein. In den letzten Wochen war die Tendenz schon ansteigend. Ich erwarte sehr viel von mir und versuche weiter, hart zu arbeiten. In den letzten Minuten bin ich ein bisschen mit der Mannschaft mitgeschwommen, da fehlten die letzten entscheidenden Momente. Ich hoffe, dass ich an das Spiel heute anknüpfen kann."

Klaus Allofs (Geschäftsführer Sport VfL Wolfsburg)

...zur Leistung von Julian Draxler: "Julian ist ungefähr das Beste, was es im deutschen Fußball gibt. Er ist trotzdem ein junger Spieler, der Zeit braucht. Das wollen einige nicht verstehen. Wir verstehen das und bei uns bekommt er die Zeit, die er benötigt."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Hein Vanhaezebrouck wechselt sein Team im Vergleich zum 2:0-Ligasieg gegen Mouscron-Peruwelz auf zwei Positionen: Für Deaux und Matton stehen Neto und Milicevic in der Startelf.

Dieter Hecking muss gegenüber dem 2:0-Erfolg über Ingolstadt ebenfalls umbauen: Der gelbgesperrte Naldo wird durch Dante ersetzt, der zuletzt geschonte Rodriguez startet wieder als Linksverteidiger für Schäfer. Offensiv ist Arnold wieder mit dabei und beginnt für den verletzten Caligiuri. Casteels steht weiterhin für den verletzten Benaglio im Tor.

25.: Asare rutscht aus, sodass Arnold im Strafraum frei an den Ball kommt. Er legt halbhoch quer in Richtung Kruse, Mitrovic geht gerade noch mit dem Kopf dazwischen, zwingt seinen eigenen Keeper Sels aber sogar zur Parade - Eckball.

38.: Kruse lässt Asare im Strafraum mit einem einfachen Haken ins Leere rutschen und schlenzt den Ball dann in Richtung langem Pfosten. Sels kann ihn gerade noch zur Seite abwehren.

44., 0:1, Draxler: Draxler leitet seinen Treffer selbst ein, indem er sich stark auf der linken Außenbahn durchsetzt. Er zieht in die Mitte, spielt den Doppelpass links mit Vieirinha und schiebt dann aus zwölf Metern vor dem chancenlosen Sels ein.

45.+1: Jung verdreht sich im Zweikampf mit Dejaegere das Bein und kann nicht mehr weitermachen. Für ihn kommt Schürrle.

54., 0:2, Draxler: Weltklasse-Bude vom Nationalspieler! Draxler wird 20 Meter vor dem Tor angespielt, dreht sich fließend um die eigene Körperachse und tunnelt Mitrovic, sodass er alleine aufs Tor zuläuft. Er krönt die Wahnsinns-Aktion mit einem Lupfer über den herauseilenden Sels!

59., 0:3, Kruse: Vieirinha schickt rechts Träsch, der direkt in die Mitte flankt. Kruse steigt im Sechzehner hoch und drückt den Ball mit der Innenseite ins Tor.

62.: Kruse ist wieder über rechts durch und kann völlig unbedrängt in den Sechzehner ziehen. Aus zehn Metern rechter Position schlenzt er den Ball aber an den linken Pfosten!

63.: Kums schlängelt sich durch die Wolfsburger Abwehr und schaufelt den Ball irgendwie Richtung Tor. Dante ist noch dran, der Ball landet auf der Latte.

81., 1:3, Kums: Kums hat auf der linken Seite zu viel Platz und kann am Strafraumrand in die Mitte ziehen. Aus halblinker Position schließt er in Richtung rechtes Toreck ab - Casteels ist zu spät unten und kann den Ball nicht mehr abwehren.

84.: Dejaegere schießt von der Strafraumgrenze wuchtig mit rechts. Casteels hat den Ball erst im Nachfassen wirklich sicher.

89., 2:3, Coulibaly: Wolfsburg kassiert die Quittung für schläfrig-arrogante Minuten: Saief bedient mit der Flanke an den ersten Pfosten Coulibaly. Per Kopf lässt der Stürmer Casteels aus kurzer Distanz ins kurze Eck alt aussehen.

Fazit: Verdienter, aber letztlich doch glücklicher Sieg für den VfL Wolfsburg. 80 Minuten lang waren die Wölfe überlegen, dass Gent am Ende noch einmal herankam, war der Überheblichkeit der Gäste geschuldet.

Der Star des Spiels: Julian Draxler. Entschied durch seine technische Beschlagenheit das Spiel. Leitete seinen ersten Treffer bärenstark ein, das 2:0 war pure Weltklasse. Auch ansonsten sehr spielfreudig und beweglich. Sahnetag des Nationalspielers.

Der Flop des Spiels: Nana Asare. Gab mit Abstand das unglücklichste Bild in Gents ohnehin schwacher Dreier-Abwehrkette ab. Hatte seine linke Seite überhaupt nicht im Griff, fast jeder Angriff der Wölfe lief über seinen Flügel. Rutschte im Strafraum zudem zweimal haarsträubend aus und war selten nah genug am Gegenspieler.

Der Schiedsrichter: Svein Oddvar Moen (Norwegen). Richtig, in der 16. Minute nach Vieirinhas Ballberührung am Arm keinen Elfmeter zu pfeifen. Sehr großzügig (aus Wolfsburger Sicht) jedoch die Auslegung des rustikalen Zweikampfs von Dante gegen Depoitre (38.). Insgesamt aber ein guter Auftritt.

Das fiel auf:

  • Gegen den Ball war die 4-1-4-1-Ordnung im Spiel des VfL deutlich zu erkennen. Kruse schob an vorderster Front im Halbkreis die Räume der Genter Verteidigung zu, dahinter machte es die Wolfsburger Viererkette den Gastgebern schwer, die Mittelfeldreihe schnell zu überspielen.
  • Nach Ballgewinn machte der VfL im Umschaltverhalten vieles besser als in den letzten Wochen: Mit Tempo ging es schnell über die Außen nach vorne, zudem zögerten die Wölfe nicht, auch mal aus der Distanz den Abschluss zu suchen.
  • Taktisch präsentierte sich Gent phasenweise fast schon wild: Die defensive Dreierkette um Asare, Mitrovic und Nielsen erhielt manchmal flankierte Unterstützung von Dejaegere und Foket, manchmal aber auch überhaupt nicht. Das führte dazu, dass sich der VfL verhältnismäßig einfach nach vorne spielen konnte. Auch im Angriff wirkten die Laufwege der Belgier nicht wirklich abgestimmt.
  • Gent zeigte im Spielaufbau zuweilen etwas zu nervös: Gerade in der Anfangsphase leistete sich der Außenseiter einige Fehlpässe, die zu guten Möglichkeiten für den VfL führten.
  • Der VfL machte die linke Verteidigungsseite der Belgier schnell als Schwachstelle aus. Immer wieder konnten sich die Gäste über ihre rechte Seite nach vorne kombinieren und mittels Flanken in Tornähe gelangen, weil Dejaegere nicht konsequent nach hinten umschaltete und Asare schlecht herausrückte.
  • Wolfsburg verfiel nach dem 3:0 in ähnliche Muster wie schon in der Hinrunde. Das Passspiel wurde schlampiger, die Körperspannung ließ nach. Gent rächte das mit zwei Treffern.

KAA Gent - VfL Wolfsburg: Daten zum Spiel