Vom Sünder zum Opfer und zurück

28 Zweikämpfe führte Mario Mandzukic gegen Real - mit Abstand die meisten aller Akteure
© getty

Mario Mandzukic ist neben dem Schiedsrichter der auffälligste Akteur im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid. Ausschlagend dafür ist aber weniger seine Leistung als seine Austeil- und Nehmerqualitäten. Eine Gratwanderung, an der auch Simeone entscheidenden Anteil hat.

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"Es war nicht einfach. Wir wussten, dass es schwer wird. Ich habe wieder viele Schläge bekommen, aber das ist normal. Ich kann das aushalten für die Mannschaft", sagte Mario Mandzukic nach dem Spiel. Allerdings nicht nach dem gestrigen Spiel gegen Real Madrid, sondern nach dem Viertelfinal-Rückspiel der Saison 2012/2013. Damals stand der Kroate noch in Diensten des FC Bayern München, mit dem er in Turin gerade den Einzug in das Halbfinale klar gemacht hatte.

Mandzukic bekam mächtig auf die Socken und stellte sich den Journalisten in der Mixed Zone mit Turban und weiteren sichtlichen Blessuren. "Ich mag das, das pusht mich nach vorne. Wenn jemand so hart ist, finde ich das noch besser. Besser so, als wenn mich jemand in Ruhe lässt, dann schlafe ich ein", führte er weiter aus.

Eingeschlafen ist Mandzukic im gestrigen Derbi madrileno mit Sicherheit nicht. Schon in den ersten Sekunden gab der 28-Jährige die Marschroute vor, indem er Marcelo nach dessen Nachhaken satt über den Platz schubste. Was folgte, war ein ausartender Spießroutenlauf, in dem Mandzukic mal der Gejagte, mal der Jäger war.

Feindbild Ramos

Nicht selten geriet der Kroate dabei mit Sergio Ramos aneinander, einem Spieler, der wie Mandzukic für solche Duelle geschaffen scheint. Ein bisschen Schlappen drauf hier, ein bisschen Ellenbogen raus da. Gleichzeitig wird jede, aber wirklich jede Schiedsrichterentscheidung kommentiert. Wilde Proteste bei einem Pfiff gegen die eigene Mannschaft, zustimmender Jubel oder das Fordern einer noch höheren Bestrafung beim Pfiff gegen den Gegner.

In der 50. Minute erreichte das Duell der beiden Hitzköpfe seinen vorläufigen Höhepunkt. Ramos ging im Strafraum zum Kopfball, zog den Ellenbogen dabei hoch und erwischte den heranrauschenden Mandzukic voll im Gesicht.

Blutverschmiert grummelte der Kroate vom Platz, jedoch nicht ohne Schiedsrichter Milorad Mazic vorher seine klaffende Wunde zu präsentieren und ihn so lautstark auf seine Fehlentscheidung hinzuweisen.

Falsch war diese zweifellos: Mandzukic befand sich im Blickfeld Ramos', weshalb dieser die Arme im Luftzweikampf am Körper lassen sollte. Auch das Argument, dass man anders nicht hochspringen könne, ist in diesem Fall ebenso irrelevant wie die Tatsache, dass man Ramos keine Absicht unterstellen kann: der Ellenbogen hat dort nichts zu suchen.

Auch Simeone mischt mit

Daran ließ Mandzukic auch während seiner Behandlung keinen Zweifel. Im kontinuierlichen Wechsel giftete der kroatische Nationalspieler den vierten Offiziellen, Spieler und Verantwortliche des Gegners und die Ärzte an. Mittendrin auch Atletico-Coach Diego Simeone, der spätestens nach seinem grenzwertigen Verhalten im Achtelfinale gegen Bayer Leverkusen in den Fokus gerückt war, und seinen Stürmer wortstark und wild gestikulierend unterstützte.

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An der Mazic' Entscheidung änderte all das nichts. Mandzukic war in der Folge aber auf 180 und nicht mehr in der Lage, einen normalen Zweikampf zu führen. Und Real schürte sein Feuer. Marcelo schob das Knie raus, Ramos erneut den Ellenbogen und Carvajal schlug zu. Jede dieser Aktionen hätte mit härteren Strafen geahndet werden können, einige sogar müssen.

Das Spiel litt sehr unter dieser hektischen Phase, was vor allem für Atletico ein Nachteil war, das nach der Pause Oberwasser hatte und im Gegensatz zur ersten Hälfte offensiv für Gefahr sorgen konnte.

Brüder im Geiste

Simeone dachte aber nicht daran, seinen temperamentvollen Neuner vom Platz zu nehmen und so vor sich selbst oder den Attacken der Königlichen zu schützen. Verständlicherweise, schließlich ist Mandzukic Simeones verlängerte Pöbelfaust auf dem Platz.

Der Argentinier wusste, wie sehr er es selber gehasst hätte, nach solch einem Foul und in so einer heißen Atmosphäre vom Platz genommen zu werden - und tat es deshalb auch nicht Mandzukic an. Dafür fand er nach der Partie umso lobendere Worte für ihn: "Mario hat das großartig gemacht. Er hat einen wahnsinnigen Aufwand betrieben und Varane und Ramos gut beschäftigt. Genau das brauchen wir in solchen Spielen."

Mario Mandzukic hat schon in seinen Zeiten bei Wolfsburg und Bayern bewiesen, dass er gut einstecken, vor allem aber gut austeilen kann. In Zeiten, wo der Vertrag eines Spielers aufgelöst wird, weil dieser wie ein Wahnsinniger auf das Sicherheitspersonals des eigenen Vereins losgeht, wünscht man sich hin und wieder aber auch ein wenig mehr Fairness - auf und neben dem Platz.

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