Drama in Lissabon! Real hat La Decima

Der Wendepunkt: Sergio Ramos köpft die Königlichen in der Nachspielzeit in die Verlängerung
© getty

Es ist geschafft! Real Madrid hat sich den langersehnten zehnten Triumph in der Champions League gesichert. Gegen Stadtrivale Atletico siegten die Königlichen in einem höchst dramatischen Finale mit 4:1 (1:1, 1:1, 0:1) nach Verlängerung und haben La Decima endlich in ihren Händen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 64.000 Zuschauern im ausverkauften Estadio da Luz in Lissbaon brachte Diego Godin die Rojiblancos nach einem Patzer von Real-Keeper Iker Casillas per Kopf in Führung (36.). Als die Partie bereits entschieden schien, traf Sergio Ramos in der dritten Minute der Nachspielzeit nach einer Ecke und rettete die Königlichen in die Verlängerung.

Dort bereitete Angel di Maria das vorentscheidende 2:1 mit einem starken Sololauf vor, den Gareth Bale per Abstauber vollendete (110.). Marcelo erzielte kurz vor Ende gegen müde Colchoneros das 3:1 (117.), ehe Cristiano Ronaldo per Strafstoß den Schlusspunkt setzte (120.).

Für Real Madrid war es nach zwölf Jahren der zehnte Triumph in der Champions League, die Geschichte Atleticos ist nach den Final-Begegnungen gegen Bayern München 1974 um ein bitteres Kapitel reicher.

Das Derbi madrileno war im sechsten Anlauf das erste Endspiel der Königsklasse, dass in der Verlängerung entschieden würde und nicht ins Elfmeterschießen ging.

Die Reaktionen:

Carlo Ancelotti (Trainer Real Madrid): "Wir haben das Ziel von La Decima die ganze Zeit verfolgt - auch in schwierigen Zeiten. Jetzt haben wir es erreicht und das zu Recht. Ich bin bereit für Cibeles und eine Nacht ohne Schlaf."

Diego Simeone (Trainer Atletico Madrid): "Es war kein Pech. Real ist einfach besser geworden. Letztlich hat Sergio Ramos das Spiel entschieden. Ob die Nachspielzeit angemessen war, weiß ich nicht. Aber die Entscheidung müssen wir akzeptieren."

Alle Stimmen und Reaktionen zum Finale

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Königlichen müssen neben dem gelbgesperrten Alonso auch Pepe ersetzen, der nach seinem in der Liga erlittenen Muskelfaserriss nicht rechtzeitig fit wurde. In der Innenverteidigung beginnt Varane an der Seite von Ramos, der gerade erst wieder genesene Khedira bildet mit di Maria und Modric im 4-3-3 das Mittelfeld. Gute Nachrichten gibt's von Benzema, der seine Zerrung im Oberschenkel auskuriert hat und an vorderster Front startet.

Bei Atletico steht Toptorjäger Costa entgegen aller Negativ-Prognosen nach seiner Spezialbehandlung in Belgrad von Beginn an auf dem Feld. Coach Diego Simeone stellt ihm im bewährten 4-4-2 David Villa als Sturmpartner an die Seite. Für Arda Turan reicht es dagegen nicht. Der türkische Nationalspieler leidet an einer Beckenprellung und steht nicht einmal im Kader, Garcia ersetzt ihn und rückt ins rechte Mittelfeld.

9.: Von wegen Wunderheilung! Costa muss nach gerade einmal neun Minuten vom Feld, für ihn kommt Adrian. Es ist die schnellste Auswechslung in einem Champions-League-Finale seit 29 Jahren.

32.: Das muss es sein! Tiago spielt im Spielaufbau einen verheerenden Fehlpass in die Füße von Bale. Der Angriff rollt, Benzema zieht die Innenverteidigung mit seinem Laufweg auseinander und ermöglicht Bale die Gasse. Der Waliser geht mit Tempo durch die Mitte, verzögert zwei Mal - und schiebt die Kugel aus zehn Metern knapp am langen Pfosten vorbei!

36., 0:1, Godin: Was für ein krummes Ding! Real bekommt den Ball nach einer Ecke nicht weg und Juanfran köpft aus dem Rückraum zurück in die Gefahrenzone. Casillas kommt ohne Grund aus dem Kasten und muss mit ansehen, wie Godin zehn Meter vor dem Tor Khedira überspringt und den Ball über den Keeper hinweg köpft. Zwar fischt Casillas den Ball im Zurücklaufen noch aus dem Tor, die Kugel hatte die Linie aber schon klar überschritten. Bitterböser Patzer von San Iker!

41.: Wieder Ecke von rechts, wieder brennt's im königlichen Strafraum. Kokes Hereingabe findet Adrian, der die Kugel aus acht Metern knapp über das Tor köpft.

54.: Wieder steht Ronaldo bei einem Freistoß bereit, der Schuss aus 25 Metern wird noch leicht von der Mauer abgefälscht und senkt sich gefährlich - Courtois faustet zur Ecke! Die landet wieder vor den Füßen des Weltfußballers, der die Kugel aber am Tor vorbei stochert.

56.: Adrian bekommt nach einer Ecke links im Sechzehner den Ball und nimmt die Kugel technisch anspruchsvoll halbhoch direkt. Ein Madrilene bekommt sein Bein in den scharfen Schuss - und klärt gerade noch so zur Ecke.

62.: Ramos erkämpft sich einen Ball auf links und bringt eine starke Flanke nach innen. Ronaldo kommt wenige Meter vor dem Tor an die Kugel, kann den Ball aber nicht aufs Tor bringen und verlängert. Benzema rutscht am zweiten Pfosten Zentimeter an der Kugel vorbei.

73.: Endlich geht's mal schnell bei den Königlichen: Nach einer Passstafette am Atletico-Strafraum kommt Bale aus 16 Metern frei zum Abschluss, der flache Abschluss zischt hauchdünn am rechten Pfosten vorbei.

78.: Bale nimmt auf der rechten Außenbahn tempo auf, lässt Godin ganz alt aussehen und dringt von rechts in den Sechzehner ein. Aus zehn Metern versucht es der Stürmer mit dem linken Außenrist - und trifft nur das Außennetz.

90.+3, 1:1, Ramos: UN-FASS-BAR! Real bekommt in der Nachspielzeit noch eine Ecke, die tritt Modric von rechts. Ramos kommt mit Schwung aus dem Rückraum und köpft viel zu frei perfekt aus elf Metern ins lange Eck. keine Chance für Courtois.

110., 2:1, Bale: Jetzt macht der Waliser sein Tor! Di Maria mit einem irre Solo auf links gegen drei Mann. Der Argentinier steht plötzlich alleine vor Courtois, scheitert mit seinem Abschluss aber am Belgier. Der Abpraller kommt an den langen Pfosten, wo Bale höher springt als Alderweireld und ins leere Tor köpft!

117., 3:1, Marcelo: Die Luft ist raus. Marcelo bekommt im Mittelfeld den Ball, kann aufs Tor zumarschieren und darf ungestört aus 16 Metern abziehen. Courtois ist noch dran, kann den flachen Schuss aber nicht aufhalten.

120., 4:1, Ronaldo (Foulelfmeter): Der Portugiese geht links in den Strafraum und zieht gegen Gabi das Foul. Der Weltfußballer tritt selbst an, verlädt Courtois im Tor und trifft halbhoch in die rechte Ecke.

Fazit: Real entreißt dem Stadtrivalen den sicher geglaubten Titel dank einer überragenden kämpferischen Leistung und dem nötigen Quäntchen Glück in der regulären Spielzeit. In der Verlängerung waren die Rojiblancos ausgepowert und chancenlos.

Der Star des Spiels: Sergio Ramos. Der Innenverteidiger hat das Toreschießen für sich entdeckt - und machte mit seinem 6. Tor im 7. Spiel hintereinander genau da weiter, wo er gegen Bayern aufgehört hatte. Neben der Bude in der Nachspielzeit, die Real erst die Verlängerung ermöglichte, auch defensiv der Chef und mit einer abgeklärten Leistung neben dem jungen Varane. Starke Passquote von 87,3 Prozent mit mit den meisten Ballkontakten aller Spieler auf dem Platz (136).

Der Flop des Spiels: Sami Khedira. Nach einer so langen Verletzungspause in ein Champions-League-Finale geworfen zu werden, ist eine äußerst undankbare Aufgabe - der der Nationalspieler zu keiner Zeit gewachsen war. Wirkte lasch und kam nie richtig in die Zweikämpfe. Hatte die wenigsten Ballkontakte in Reals Mittelfeld, gewann die wenigsten Zweikämpfe auf Seiten der Königlichen (35 Prozent) und spielte jeden dritten Pass zum Gegner. Musste in der 58. Minute runter.

Der Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande) hatte kein leichtes Spiel zu leiten, behielt aber in den schwierigen Situationen einen kühlen Kopf. Der Niederländer ließ viel laufen, war aber mit der nötigen Strenge zur Stelle, wenn es hitzig wurde. Garcia für sein Foul an di Maria (27.) nur Gelb zu geben, war richtig, auch wenn sich der Spanier über den roten Karton wohl auch nicht hätte Beschweren dürfen. Die Gelbe für Koke nach dessen zusammenrauschen mit Casillas (72.) war die korrekte Entscheidung. Nach dem hohen Bein von Juanfran gegen Marcelo (85.) hätten sich die Rojiblancos nicht über einen Elfmeter gegen sich beschweren dürfen. Fünf Minuten Nachspielzeit waren nach Halbzeit zwei ohne größere Unterbrechungen allerdings viel zu viel.

Das fiel auf:

  • Die Rojiblancos begannen das Spiel giftig und pressten enorm hoch, bei Ballbesitz der Real Defensive schob die die Doppelspitze sogar bis auf Keeper Casillas. Das aggressive und laufintensive Spiel gegen den Ball sowie viele kleine Fouls taktischer Natur ließen keinen Spielfluss bei Real aufkommen und machten einen Großteil der Gegenangriffe unschädlich.
  • Real war trotz mehr Ballbesitz (61,4 Prozent in Halbzeit eins) nicht an Dominanz oder strukturiertem Spielaufbau interessiert, sondern suchte sein Heil meist sofort in Tempo-Gegenstößen. Die disziplinierte Defensivreihe der Colchoneros ließ aber bis auf die Chance von Bale (32.) nach einem individuellen Patzer von Tiago im ersten Abschnitt keine einzige Chance zu.
  • Weder Taktgeber Modric noch Ronaldo vermochten es, gegen die giftigen Lokalrivalen dem Spiel ihren Stempel aufzudrücken. Während man Khedira die fehlende Spielpraxis deutlich anmerkte und der Nationalspieler folgerichtig nach einer knappen Stunde runter musste, war di Maria der einzige Antreiber im Mittelfeld der Königlichen.
  • Nach der Halbzeit stellte Simeone seine Mannschaft auf ein im Mittelfeld kompakteres 4-2-3-1 um. Adrian rutschte bei gegnerischem Ballbesitz auf die linke Seite, Koke dafür in die Zentrale. Villa gab weiter den einzigen Stürmer. Fortan versuchten die Rojiblancos speziell über die linke Seite über den schnellen Adrian und Filipe Luis umzuschalten - mit Erfolg. Die Vorstöße der Colchoneros brachten die Real-Abwehr immer wieder in Bedrängnis.

  • Mit den Hereinnahmen von Isco, Morata und Marcelo warf Ancelotti in der Schlussphase nochmal alles nach vorne. Das Spiel der Königlichen in der Schlussphase auch zielstrebiger und gefährlicher, aber lange nicht vom nötigen Glück verfolgt. Symptomatisch, dass der glückliche Ausgleich nach einem Standard fiel.
  • In der Verlängerung machte sich die frühe Auswechslung Costas und das intensive Spiel der Colchoneros deutlich bemerkbar. Die Königlichen hatten in den Extra-Minuten mehr Reserven, Atletico war nur noch auf das Verteidigen bedacht. Auch die Spritzigkeit bei Kontern fehlte dem Team von Coach Simeone fast komplett, Juanfran zum Beispiel quälte sich verletzt durch die komplette Verlängerung.

Real Madrid - Madrid: Die Statistik zum Spiel