Bayern rumpeln sich in Lille zum Sieg

Von Stefan Rommel / Thomas Gaber
Thomas Müller erzielte das Siegtor für die Bayern - erster Gratulant war Franck Ribery
© Getty

Der FC Bayern München ist in der Champions League nach dem Ausrutscher von Borissow wieder zurück in der Spur. Am 3. Spieltag der Gruppenphase siegten die Bayern beim OSC Lille mit 1:0 (1:0).

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 42.000 Zuschauern in Lille erzielte Thomas Müller (20., FE) das Tor des Abends für den deutschen Rekordmeister.

Den Bayern reichte gegen harmlose Franzosen in einem ereignisarmen Spiel eine mittelmäßige Vorstellung, um den Betriebsschaden von Borissow wieder auszubügeln.

Aufgrund des Sieges rücken die Bayern mit nun sechs Punkten auf Rang zwei der Gruppe F vor. Lille bleibt punktlos und abgeschlagen Letzter.

Reaktionen:

Jupp Heynckes (Trainer Bayern München): "Natürlich war das gefährlich, aber auch solche Spiele muss man mal gewinnen. Die Mannschaft hat nicht so gut gespielt, das war ein Arbeitssieg. Wir waren nicht so spielfreudig, nicht so lauffreudig - wichtig ist aber, dass man solche Spiele gewinnt. Man muss auch mal mit so einer Leistung zufrieden sein."

Rudi Garcia (Trainer OSC Lille): "Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie hat alles gegeben. Wir haben alles versucht, um den knappen Rückstand noch aufzuholen. Aber die wenigen Chancen haben wir nicht sauber genutzt, fast alle unsere Schüsse gingen am Tor vorbei. Wir hätten akkurater sein müssen, um ihre Defensive in größere Schwierigkeiten zu stürzen. Bayern ist ein großes Team, aber wir hätten ihnen heute weh tun können."

Thomas Müller (Bayern München): "Wir waren heute unter Druck. Die Situation wäre unangenehm geworden, hätten wir hier verloren oder nur unentschieden gespielt. Lille hat uns einen großen Kampf geliefert, es verwundert schon, dass sie bisher noch keinen Punkt geholt haben. Es war schwer, aber auch so ein Spiel muss man auswärts erstmal gewinnen. Wenn ich an Österreich denke, war das vielleicht ein Mehmet-Scholl-Sieg, denn er war knapp. Spielerisch haben wir heute nicht so geglänzt, aber das ist mir nicht so wichtig. Ich werde mich trotzdem freuen."

Franck Ribery (Bayern München): "Das war kein einfaches Spiel für uns. Wir haben jicht gut gespielt, aber Lille hat es uns auch sehr schwer gemacht. Aber wir haben die drei Punkte und so müssen wir weitermachen. Aber zu hause müssen wir beim nächsten mal besser spielen. Ich selbst habe einige Schmerzen, ich habe gespürt, wie mein Muskel zumacht."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Lille-Coach Rudi Garcia bringt auf den Außen der Viererkette die jungen Sidibe und Digne für Basa (verletzt) und Debuchy (gesperrt). Im Angriff beginnen Roux und De Melo.

Die Bayern mit der zu erwartenden Startelf. Heißt auch, dass Martinez wieder beginnen darf und Gustavo aus der Mannschaft drängt.

20., 0:1, Müller: Überragender Pass von Boateng, in die Gasse auf Lahm. Der setzt sich etwas glücklich gegen Digne durch, läuft aufs Tor zu. Digne wieder auf den Beinen, fährt leicht den Arm aus. Lahm strauchelt, Atkinson gibt Elfer. Harte, aber vertretbare Entscheidung. Müller tritt an und verwandelt flach ins rechte untere Eck.

60.: Kroos volley aus 25 Metern nach einer Ecke - zwei Meter drüber.

70.: Gutes Pressing der Bayern, Lahm gewinnt schließlich den Ball. Doppelpass mit Kroos. Lahm alleine vor Landreau, der Pass kommt aber einen Hauch zu weit und der Keeper packt zu.

77.: Lahm über rechts mit viel Platz. Flache Hereingabe an den kurzen Pfosten. Müller rutscht rein, schiebt den Ball aber rechts am Tor vorbei.

78.: Dante klärt im Sechzehner schlampig, direkt in die Beine von Mendes. Der steht fünf Meter blank vor Neuer, trifft den Ball aber nicht vernünftig und Boateng blockt ab.

90.: Lille nochmal aus der Distanz nach einem Gustavo-Querschläger. Digne jagt den Ball aus knapp 23 Metern weit übers Tor.

Fazit: Verdienter Sieg für die Bayern in einem schwachen Spiel. Lille fehlten die Mittel, die Bayern legten lange Zeit nur den Schongang ein.

Der Star des Spiels: Philipp Lahm startete verhalten, drehte dann aber nach einer Viertelstunde immer mehr auf. Offensiv mit ordentlich Dampf, traute sich sogar endlich mal wieder beherzt in Dribblingsituationen. Defensiv bärenstark, klärte zweimal mit einem tollen Tackling, gut im Stellungsspiel und nahezu perfekt seine Zweikampfquote von

Der Flop des Spiels: Salomon Kalou hatte in der Offensive eigentlich richtig viele Freiheiten. Der Ivorer trabte aber eine Halbzeit lang nur durch die Gegend, hatte erst nach der Pause so etwas wie eine auffällige Aktion. Trotzdem war nach 56 Minuten Schluss - unter den bösen Pfiffen der eigenen Fans musste Kalou vom Platz. Der Hoffnungsträger enttäuschte einmal mehr in einem wichtigen Spiel.

Der Schiedsrichter: Martin Atkinson zog mit vielen kleinen und einem großen (dem Elfmeter-)Pfiff den Unmut der Franzosen auf sich. In der Regel lag der Engländer aber richtig. Der Elfmeterpfiff war hart, aber vertretbar. Als Beria den Ball aus kurzer Distanz an den Arm bekam, ließ er weiterlaufen. Auch vertretbar. Die Bayern hatten etwas Glück, dass Atkinson nach Martinez' Schubser gegen Balmont nicht auch auf Elfmeter entschied. Atkinson hätte die ziemlich ruppige Gangart der Franzosen mit der einen oder anderen Karte aber mehr unterbinden müssen. Dass am Ende mehr Bayern-Spieler (5) als Gastgeber (3) eine Gelbe Karte sahen, war etwas merkwürdig.

Die Trainer:

Rudi Garcia musste zwangsläufig umstellen und setzte bei seinen Maßnahmen auf die Jugend. Zudem schickte er auf dem Papier eine überraschend offensive Formation auf den Rasen, in einem 4-3-3 in der Offensive. Nur fruchtete die mutige Maßnahme überhaupt nicht. Auch der Wechsel von Payet für Kalou verfehlte seine Wirkung.

Jupp Heynckes rotierte nur minimal - dennoch war es die 13. veränderte Anfangsaufstellung in Folge. An der grundsätzlichen Ausrichtung änderte dies aber nichts. Heynckes nahm Ribery zur Pause aus dem Spiel, offenbar eine Vorsichtsmaßnahme, nachdem der Franzose sechs teilwiese harte Fouls hatte einstecken müssen und über eine Muskelverhärtung klagte. Heynckes reagierte in der Schlussphase auf den aufkommenden Druck der Gastgeber und nahm Kroos und Müller für die defensiv stärkeren Gustavo und Alaba vom Platz.

Das fiel auf:

 

  • Lille ohne jeglichen Drang zum Pressing, empfing die Gäste kurz vor der Mittellinie mit einer Viererkette und Tulio De Melo davor, der allerdings nur alibimäßig Druck machte. Die Bayern dagegen recht variabel, mal zurückgezogen, in einigen Momenten aber mit einem sehr frühen Forechecking.
  • Bei den Bayern ging zuerst fast alles über die linke Seite. Ribery hatte dort nach 15 Minuten 20 Ballkontakte - Müller auf rechts nur deren drei. Erst als sich Lahm mehr ins Offensivspiel einschaltete, verloren die Bayern ihre Asymmetrie und wurden auch über rechts druckvoller.
  • Lille hatte nach vorne kaum etwas anzubieten. Den Gastgebern fehlte im Zentrum die Verbindung zwischen Mittelfeld und Angriff, Pedretti war mit der großen Aufgabe ziemlich überfordert.
  • Die Bayern wurden in der zweiten Halbzeit im Offensivspiel ein wenig sorglos, verloren viele Bälle schon nach dem zweiten, dritten Pass und machten sich so quasi selbst immer wieder unnötig das Leben schwer. Die beiden früh verwarnten Sidibe und Digne wurden auf den Flügeln kaum noch bespielt...
  • Die Bayern ließen den komplett ideenlosen Gegner viel zu lange am Leben, hätten den Sack mit etwas mehr Entschlossenheit deutlich früher zumachen müssen. Besonders das Umschalten von Defensive auf Offensive dauerte zu lange. So mussten die Gäste bis zum Schluss zittern.

 

Lille - Bayern: Daten und Fakten

Artikel und Videos zum Thema