Schalke verschenkt zwei Punkte

Von Stefan Rommel / Norbert Pangerl
Julian Draxler erzielte hier das 1:1, holte später den Elfmeter zum 2:1 raus - und verletzte sich schwer
© Getty

Der FC Schalke 04 hat in der Champions League einen sicher geglaubten Sieg leichtfertig weggeworfen. Die Königsblauen kamen nach dem Auftaktsieg von Piräus auch zu Hause gegen den HSC Montpellier nur zu einem 2:2 (1:1).

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Vor 51.000 Zuschauern auf Schalke erzielten Julian Draxler (26.) und Klaas Jan Huntelaar (53.) per Foulelfmeter die Tore für S04. Karim Ait Fana hatte Montpellier früh in Führung geschossen (12.). Souleymane Camara (90.) klaute Schalke dann mit seiner einzigen nennenswerten Szene doch noch zwei sicher geglaubte Punkte.

Fast genau so bitter für Schalke: Torschütze Draxler holte zwar den Elfmeter zum 2:1 mit einem tollen Solo raus, verletzte sich dabei aber schwer am linken Arm. Die Diagnose: Unterarmbruch.

Gästeverteidiger Garry Bocaly sah für die Aktion die Rote Karte (52.).

Reaktionen:

Huub Stevens (FC Schalke 04): "Wir haben das Spiel lange kontrolliert, aber nicht für die Entscheidung gesorgt. Das ärgert mich. Vor dem gegnerischen Tor läuft es derzeit nicht so gut für uns."

Klaas Jan Huntelaar (FC Schalke 04): "Wir waren lange Zeit ein Mann mehr. Wir spielen zu ängstlich, lassen die viel zu weit kommen. Dann lief es nicht, das Publikum fängt an zu pfeifen, weil wir nicht nach vorne spielen. Ich verstehe das, aber das bringt Unsicherheit in die Mannschaft, es passieren viele Fehlpässe."

Rene Girard (HSC Montpellier): "Wir haben bis zum Schluss an unsere Chance geglaubt. Auch wenn nach der Roten Karte vieles gegen uns lief, haben wir die Köpfe nicht hängen lassen. Das Tor von Souleymane Camara hält uns in der Gruppe im Rennen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Schalke mit Afellay, Farfan und Barnetta nur auf der Bank. Dafür dürfen Draxler und Pukki ran. Jones fehlt verletzt, ihn ersetzt Höger im defensiven Mittelfeld. Höwedes rückt an Stelle von Matip in die Innenverteidigung, Uchida geht in der Viererkette rechts raus.

Montpellier auf dem Papier mit einem sehr offensiven 4-3-3 und Camara als nomineller Spitze im Zentrum.

12., 0:1, Ait Fana: Montpellier mit dem Konter durch die Mitte. Cabella zieht drei Gegenspieler auf sich, spielt auf Ait Fana. Der dreht den Ball vom linken Strafraumeck als Schlenzer ins lange Eck. Unnerstall steht einen Tick zu weit vor dem Tor und kommt an die Bogenlampe nicht mehr ran.

19.: Pukki setzt sich auf der rechten Seite schön durch und steckt dann die Kugel zwischen Hilton und Yanga-Mbiwa hindurch auf Draxler. Der Youngster zieht knapp vor dem rechten Fünfereck sofort mit rechts ab. Die Kugel segelt knapp am linken Pfosten vorbei.

26., 1:1, Draxler: Schalke kontert. Huntelaar spielt den Ball gegen die schlecht sortierte Gästeabwehr perfekt in die Tiefe. Draxler hat das nötige Tempo, geht einfach an Keeper Jourdren vorbei und schiebt aus zehn Metern ins leere Tor.

29.: Belhanda setzt sich robust gegen Neustädter durch, macht Papdopoulos nass und zwirbelt dann aus 18 Metern um Höwedes herum. Der Ball geht haarscharf rechts vorbei.

47.: Holtby bedient von der Mitte aus mit einem perfekten Pass Pukki am rechten 16er-Eck. Der Finne zieht sofort flach mit rechts ab. Jourdren taucht ab und lenkt die Kugel mit der rechten Hand noch um den Pfosten.

53., 2:1, Huntelaar: Draxler macht drei Gegenspieler frisch, wird dann im Sechzehner von Bocaly gelegt. Elfmeter und Rot gegen Bocaly. Huntelaar läuft an und drischt den Ball rechts ins Eck. Draxler hat sich bei der Aktion aber schwer am linken Arm verletzt.

65.: Holtby flankt mit links von der linken Grundlinie an die mittige Strafraumgrenze. Dort steht Huntelaar und nimmt die Kugel mit rechts sofort volley. Seine Granate wehrt Keeper Jourdren gerade noch so ab.

89.: Farfan von rechts perfekt in die Mitte auf Huntelaar. Der legt den Ball aus elf Metern mit links aber rechts am Pfosten vorbei.

90., 2:2, Camara: Schalke hinten sechs gegen drei. Trotzdem komt Camara aus der Drehung zum Schuss. Trifft den Ball aus 18 Metern satt, Uchida durch die Beine und flach rechts unten ins Eck.

Fazit: Schalke ist selbst schuld, verschenkte den Sieg leichtfertig und ohne Not. Montpellier war quasi schon tot und kam mit einem Glücksschuss doch noch zu seinem ersten CL-Punkt überhaupt.

Der Star des Spiels: Julian Draxler fand wie die Kollegen nur schleppend in die Partie. Dann aber besorgte Draxler erst mit dem tollen Laufweg und der geschmeidigen Bewegung um den Keeper herum den Ausgleich, in der zweiten Halbzeit holte er mit einem überragenden Solo den Elfmeter zum 2:1 raus. Umso bitterer, dass er sich beim Sturz wohl schwer am linken Arm verletzte und deshalb ausgewechselt werden musste.

Der Flop des Spiels: Christian Fuchs spielte zögerlich, ohne Mumm, trat schwache Standards. Der Österreicher ist derzeit weit entfernt von seiner Normalform.

Der Schiedsrichter: Sergey Karasew hatte einige harte Zweikämpfe zu bewerten, lag mit den persönlichen Strafen richtig. Auch Rot gegen Bocaly war hart, aber vertretbar. Insgesamt eine gute Vorstellung des Russen.

Die Trainer:

Huub Stevens ließ seine dribbelstarken Spieler draußen, Farfan war dabei leicht angeschlagen. Dafür sollte Pukki in der Zentrale Betrieb machen. Der Finne wählte auch ungewöhnliche Laufwege und stiftete immer mal wieder Verwirrung bei den Franzosen. Stevens wechselte später doch Farfan und Afellay ein, um gegen nur noch zehn Gäste mehr Geschwindigkeit in die Konter zu bekommen.

Rene Girard hatte seine Mannschaft sehr gut eingestellt. Nach dem 1:2 und dem Platzverweis gegen Bocaly reagierte er nur verhalten offensiv. Den unauffälligen Camara bis zum Ende durchspielen zu lassen, war eigentlich kaum nachvollziehbar - und dann trifft Camara mit seinem einzigen Torschuss doch. Wie sich Girard aber während und vor allen Dingen auch nach dem Spiel gegenüber seinem Kollegen verhielt, war stillos und der Königsklasse nicht im Geringsten angemessen.

Das fiel auf:

  • Montpellier stand sehr dicht gestaffelt in der Defensive, rückte mit der Viererkette weit auf und machte so den Platz eng. Schalke fand gegen das 4-4-1-1 lange Zeit kein Mittel, spielte erst mit zunehmender Spieldauer einige Lücken in den Beton.
  • Schalkes Umschalten nach Ballgewinn war zu träge, das Mittelfeld rückte nicht entschlossen nach. Montpellier fand so immer wieder leicht in die Ordnung - mit einer Ausnahme: Bei Draxlers Gegentor wurde der Ball schnell gemacht und die unsortierte Gästedefensive überrumpelt.
  • Die Abstimmung zwischen Papadopoulos und Höwedes in der Schalker Innenverteidigung verlief nicht immer reibungslos.
  • Montpellier war in der Anfangsphase enorm ballsicher und hatte das Mittelfeld so sehr gut im Griff. Die Franzosen verloren aber dann plötzlich ihren Faden und fanden den bis zum Abpfiff auch nicht wieder.
  • Schalke war zu Beginn der zweiten Halbzeit und bis zum Führungstreffer bissig - offenbarte dann gegen nur noch neun Feldspieler aber wieder spielerische Mängel und hatte beinahe schon Angst, das Spiel doch noch aus der Hand zu geben. Die Quittung folgte auf dem Fuß.
  • Insgesamt war die Verunsicherung der Mannschaft doch noch anzumerken. Selbst ein Vorsprung und eine numerische Überlegenheit konnten daran nichts ändern. Dass die Fans dann auch noch mit Pfiffen reagierten, war jedenfalls nicht förderlich.

FC Schalke 04 - Montpellier HSC: Daten zum Spiel

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