Serie gerissen: Bayern-Pleite gegen Borissow

Von Thomas Jahn / Jochen Rabe
Der FC Bayern tat sich gegen bissig agierende Weißrussen äußerst schwer
© Getty

Der FC Bayern hat am 2. Spieltag der Champions League nach neun Siegen in Serie die erste Pflichtspiel-Niederlage der Saison 2012/13 kassiert. Bei BATE Borissow unterlag der Rekordmeister überraschend mit 1:3 (0:1).

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Vor 25.000 Zuschauern im Dinamo Stadion in Minsk erzielten Alexander Pavlov (23.), Vitali Rodionov (78.) und Renan (90.+4) die Treffer für die Gastgeber. Franck Ribery hatte zuvor in der Nachspielzeit noch auf 1:2 verkürzt.

Reaktionen:

Jupp Heynckes (Trainer Bayern): "Ich wusste schon vor dem Spiel, dass wir gegen seinen sehr guten Gegner antreten würden. Das ist eine sehr gut organisierte Mannschaft, vor allem in der Defensive, das haben sie heute wieder bewiesen. Und vor allem haben sie aufopferungsvoll gekämpft, als wir Druck gemacht haben. In so einem Spiel muss man 1:0 in Führung gehen. So kann der Gegner aus der Defensive kommen, kann kontern. Das haben sie sehr gut gemacht. Der beste Spieler des Gegners war der Torwart, daran kann man sehen, dass wir permanent Druck gemacht haben. Letztendlich muss man den Sieg des Gegners anerkennen."

Toni Kroos (Bayern) über seine Großchance in Hälfte eins: "Ich glaube, bis dahin war die Szene nicht so schlecht. Der Winkel war nicht so spitz. Ich denke, dass ich den schon machen darf."

Manuel Neuer (Bayern): "Wir haben es einfach verpasst, in Führung zu gehen, das 1:0 zu machen. Wir haben am Anfang gute Tormöglichkeiten gehabt, dann geht man in Führung und läuft es ganz anders. Die Jungs von Borisov haben hinten dicht gemacht, versucht, so gut wie möglich zu verteidigen und haben dann Konter gefahren. Das war schwierig für uns. Natürlich ist es sehr bitter, dass man hier gegen Borisov 1:3 verliert. Wir müssen jetzt auf jeden Fall dran bleiben, die beiden Spiele gegen Lille gewinnen. Mit neun Punkten sieht es wieder besser aus."

Alexander Hleb (BATE Borissow): "Das war ein sehr schwieriges Spiel für uns, wir haben gekämpft bis zum Ende und wir sind sehr froh. Natürlich ist das eine Sensation, wir haben aber schon vor dem Spiel daran geglaubt. Wir denken von Spiel zu Spiel, jetzt geht es gegen Valencia. Auch da werden wir versuchen, die drei Punkte zu holen."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Die Bayern mit zwei Änderungen im Vergleich zum Bremen-Spiel. Coach Heynckes gönnt Schweinsteiger eine Verschnaufspause und lässt Martinez von Beginn an ran. Mandzukic stürmt anstelle von Pizarro.

BATE mit drei Neuen in der Startelf: Der im Ligaspiel gegen Grodno geschonte Hleb kehrt für Renan in die Anfangsformation zurück. Olekhnovich ersetzt Rudik in der defensiven Dreierkette, Filipenko darf im Abwehrzentrum für Radkov ran.

6.: Polyakov geht rechts zur Grundlinie und passt an Badstuber vorbei nach innen. Dort ist Olekhnovich schneller als Dante und zieht vom Fünfer direkt ab. Neuer faustet das Ding in höchster Bedrängnis nach vorne weg.

13.: Kroos luchst Likhtarovich das Leder 20 Meter vor dem Tor ab, geht frei auf Gorbunov zu, umkurvt diesen - schiebt das Leder dann aber aus spitzem Winkel von links an den Innenpfosten!

23.: 1-0, Pavlov: Eine Flanke links fliegt in den Sechzehner, Badstuber ist weit eingerückt und hat Polyakov in seinem Rücken völlig übersehen. Der legt vom rechten Eck des Fünfers für Volodko ab, der direkt abziehen will. Weil er das Leder nicht richtig erwischt, kommt Pavlov acht Meter vor dem Tor zum Schuss - und trifft satt ins linke Eck!

25.: Im direkten Gegenzug hat Müller die Chance zum Ausgleich! Ribery flankt von links in den Strafraum. Müller kommt mit vollem Tempo herangerauscht und köpft stramm auf das rechte Eck. Gorbunov reagiert blitzschnell und hat die Hand am Ball.

65.: Pavlov vergibt die Doppelpack-Chance! Die Roten kriegen das Leder nicht weg, letztlich legt Hleb im Sechzehner rechts zum Torschützen, der völlig frei zum Schuss kommt - und nur knapp drüberzieht.

78.: 2-0, Rodionov: So leicht kann es sein: Mit einem simplen Doppelpass an der Strafraumgrenze kombinieren sich die Hausherren durch die Abwehr der Bayern. Rodionov geht von links in den Sechzehner - und drischt das Leder satt ins kurze Eck.

83.: Nach einer Ecke von rechts kommt Ribery links im Strafraum ans Leder. Der Franzose zieht wieder stramm ab, doch erneut ist Gorbunov dran und lenkt die Kugel an die Latte!

90.: 2-1, Ribery: Shaqiri steckt die Kugel zentral vor dem Strafraum herrlich durch. Ribery ist im richtigen Moment gestartet, geht frei auf den Keeper zu und schiebt das Leder eiskalt an ihm vorbei ins Netz.

90.: 3-1, Renan: Die Bayern sind mit Mann und Maus vorne und laufen in einen Konter. Mozolevski hat viel Platz, geht von links in den Sechzehner und legt dann zur Mitte. Dort kommt Renan herangerauscht und drischt das Ding in den rechten Knick!

Fazit: Trotz optischer Dominanz in Hälfte eins eine am Ende verdiente Pleite für offensiv ideenlose und defensiv äußerst anfällige Bayern.

Der Star des Spiels: Andrey Gorbunov. Borissows Keeper war der Ruhepol im BATE-Bollwerk, pflückte eine Bayern-Flanke nach der anderen aus der Luft und führte sein Team mit starken Reflexen wie bei Müllers Kopfball in Hälfte eins zum sensationellen Sieg. Bei Riberys spätem Gegentor machtlos.

Der Flop des Spiels: Holger Badstuber. Unterstützte Ribery auf der linken Seite viel zu selten und leistete sich in Durchgang eins einen krassen Stellungsfehler, der schließlich den Rückstand begünstigte. Ungenaue Flanken en masse und eine überflüssige Karte wegen Meckerns runden die schwache Leistung des Aushilfs-Linksverteidigers ab.

Der Schiedsrichter: Aleksandar Stavrev. Hatte mit seinem zweiten CL-Spiel so seine Probleme. Ließ beiden Teams in Sachen Zweikampfhärte deutlich zu viel durchgehen und versäumte es, die Giftigkeit mit der ein oder anderen Ermahnung aus dem Spiel zu nehmen.

Die Trainer:

Viktor Goncharenko: Blieb beim gewohnten 4-3-2-1-System mit einer Zestörer-Dreierkette im defensiven Mittelfeld und dem pfeilschnellen Rodionov als einziger Spitze. Der Plan: Hinten kompakt stehen, vorne mit Kontern für Gefahr sorgen.

Jupp Heynckes: Hielt auch gegen Borrisow unbeirrt am Rotationsprinzip fest und setzte Schweinsteiger zunächst auf die Bank. Traute dem agilen Mandzukic gegen Borrisows Bollwerk mehr zu als dem zuletzt blassen Pizarro. Brachte in Hälfte zwei Shaqiri, Pizarro und Schweinsteiger, um die Aufholjagd anzukurbeln - ohne Erfolg.

Das fiel auf:

  • Die Bayern zu Beginn extrem hoch stehend und sichtlich bemüht, die Gastgeber im Spielaufbau früh unter Druck zu setzen. Die Weissrussen zeigten sich davon jedoch mit Ausnahme von Likhtarovich' Patzer gegen Kroos wenig beeindruckt.
  • Nach zehn starken Borissow-Minuten übernahmen die Bayern das Kommando und erspielten sich in Hälfte eins 65 Prozent Ballbesitz und 5:0 Ecken. Dennoch wirkte das Offensivspiel der Münchner gegen die bissigen und kompakt stehenden Weißrussen deutlich zu behäbig.
  • Nach der Führung zogen sich die Weißrussen komplett in die eigene Hälfte zurück und ließen die mitunter ideenlosen Bayern in der Hoffnung auf eigene Konter anrennen.
  • Bei Borissows seltenen Gegenstößen zeigte die Defensive der Bayern eklatante Schwächen. Musterbeispiele: Badstubers krasser Stellungsfehler bei Pavlovs Tor zum 1:0 und das kollektive Wirrwarr bei BATEs zahlreichen Chancen im zweiten Durchgang.
  • Müller und Lahm sorgten auf rechts für deutlich mehr Wirbel als das Duo Ribery/Badstuber auf der linken Seite. Aushilfs-Linksverteidiger Badstuber bot seinem Vordermann deutlich zu wenig Unterstützung an und beließ es meist beim Quer- oder Rückpass.
  • Erstmals in dieser Saison wirkten die Bayern-Profis trotz Rotation ausgepumpt und konnten das Tempo in Hälfte zwei gegen die individuell klar unterlegenen BATE-Profis nicht hoch halten. Borrisow am Ende das frischere Team.

Borrisow vs. FC Bayern: Daten zum Spiel