Bremen erkämpft sich einen Punkt

Von Stefan Rommel / Christian Bernhard
Inter, Werder
© Getty

Werder Bremen hat sich im zweiten Spiel der Champions-League-Gruppenphase bei Inter Mailand ein 1:1 (1:0) erkämpft.

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Vor 39.879 Zuschauern im Giuseppe-Meazza-Stadion hielt Werder gegen den italienischen Meister gut mit und kam am Ende verdient zu einem wichtigen Zähler.

Die frühe Führung für die Nerazzurri erzielte Maicon bereits in der 14. Minute. Werder, das von Trainer Thomas Schaaf deutlich defensiver als zuletzt ausgerichtet wurde, fand selten ein Mittel gegen die abgezockten Italiener und legte seinen großen Respekt erst spät ab - zu einem Punkt reichte es dann dank Claudio Pizarros Tor doch noch (62.). In der Nachspielzeit hatte der Torschütze sogar noch die Chance auf den Siegtreffer - traf aber nur das Außennetz.

Inter bleibt damit nach zwei Spieltagen mit vier Punkten weiter Tabellenführer der Gruppe B. Die Bremer rutschten mit zwei Punkten wegen des gleichzeitigen Sieges von Famagusta gegen Panathinaikos Athen (3:1) auf Rang drei ab. 

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Werder-Coach Schaaf rotierte auf beiden Außenverteidigerpositionen (Pasanen für Boenisch und Prödl für Fritz) und im Mittelfeld (Baumann für Hunt), um defensiv kompakter zu stehen. Frings rückte vom Zentrum ins rechte Mittelfeld. Mourinho brachte im 4-3-3 mit Adriano und Supertalent Balotelli im vergleich zur Derby-Niederlage gegen Milan zwei frische Stürmer. Kapitän Zanetti verteidigte auf links, Maicon auf rechts.

1.: Flanke von Ibrahimovic von links und Adriano kann am Elfmeterpunkt in aller Ruhe den Ball mit der Brust annehmen und mit einem Seitfallzieher Richtung Tor befördern - drüber.

13., 1:0, Maicon: Baumann verlängert einen versuchten Doppelpass der Italiener unabsichtlich in Richtung eigenes Tor. Maicon erfasst die Situation am schnellsten, zieht von halbrechts in den Strafraum und lässt Wiese mit einem überlegten Heber keine Chance.

37.: Blitzschneller Konter der Mailänder mit Balotelli, der Stankovic im Strafraum bedient. Der Serbe schafft es aber nicht den Ball zu kontrollieren und wird abgedrängt. Deshalb ist der Winkel beim Abschluss zu spitz und der Ball geht ins Toraus.

39.: Pfostentreffer für Werder! Prödl bringt den Ball flach von rechts in den Strafraum und am Fünfmeterraum stolpert Pizarro den Ball an den Pfosten. Julio Cesar war bereits geschlagen.

45.: Adriano bringt erneut von links eine Flanke in den Strafraum und Wiese rettet mit einem tollen Reflex gegen Balotelli, der aus fünf Metern zum Abschluss kam.

62., 1:1, Pizarro: Wie aus dem Nichts! Özil schlägt eine super Flanke von rechts in den Strafraum und Pizarro befördert den Ball aus wenigen Metern mit gestrecktem Bein ins Tor. Keine Chance für Julio Cesar.

85.: Ibrahimovic' Flanke von links rauscht durch den Sechzehner, gleich drei Italiener verpassen nur knapp.

87.: Maicon aus 23 Metern mit dem rechten Außenrist. Wiese schon geschlagen, der Ball flutscht an den linken Pfosten!

93: Riesen-Ding von Pizza! Freistoß Naldo, Julio Cesar klatscht nur ab. Pizarro völlig frei, haut den Ball aber aus zehn Metern nur ans Außennetz.

So lief das Spiel: Werder begann konzentriert und wie erwartet sehr defensiv. Inter wusste mit der tief stehenden Bremer Deckung zunächst wenig anzufangen. Das vermeidbare, weil auch unglückliche 1:0 warf das Konzept der Gäste quasi über den Haufen, obwohl Bremen seiner Marschroute zunächst treu blieb.

Allerdings leistete sich Bremen im Spielaufbau viel zu viele leichte Ballverluste und kam so immer wieder schnell unter Druck. Diego und der zuletzt bärenstarke Özil waren lange Zeit überhaupt kein Faktor, Rosenberg und Pizarro hingen in der Spitze völlig in der Luft. Trotz mehr Ballbesitzanteilen konnte Werder nie wirklichen Druck auf die Gastgeber ausüben.

Inter beherrschte bei Bedarf das Mittelfeld mit seiner enormen körperlichen Präsenz und schien Werder auch taktisch zu jeder Zeit klar überlegen. So erarbeiteten sich die Gäste erst nach 39 Minuten (Pfostenschuss von Pizarro) eine Chance - auch weil fast alle Angriffe stur durch die Mitte vorgetragen wurden und Inter dort überhaupt keine Lücken anbot.

In der zweiten Halbzeit kam Werder zunächst nur durch Schüsse aus der zweiten Reihe zu kleineren Möglichkeiten und musste seinerseits bei Inters Kontern immer aufpassen.

Die Gastgeber wollten die Partie mit Kühle und Abgeklärtheit nach Hause schaukeln - und wurden durch Pizarros Ausgleich aus dem Nichts bestraft. Inter wurde nun wieder lebhafter, konnte den Schalter aber nicht mehr so recht umlegen.

Erst in der Schlussphase kam Inter noch zu Chancen. Tim Wiese und das Glück standen Werder aber bei. Auf der Gegenseite hatte Pizarro mit dem Schlusspfiff die Sensation auf dem Fuß.

Der Star des Spiels: Claudio Pizarro war um einiges agiler und lauffreudiger als sein Partner Markus Rosenberg. In der ersten Halbzeit hatte der Peruaner nach Prödls Flanke noch Pech, in der 62. Minute aber stand er dann goldrichtig und sicherte Werder so einen wichtigen Punkt. Dass Pizarro sein erstes Champions-League-Tor für Werder ausgerechnet gegen seinen Ex-Trainer Jose Mourinho erzielte, ist eine kleine Randnotiz eines insgesamt durchwachsenen Spiels. In dieser Form wird Pizza für Werder immer wichtiger.

Die Gurke des Spiels: Inters Überheblichkeit. Im Gefühl des sicheren Sieges und durch das frühe 1:0 und Werders Harmlosigkeit offenbar eingelullt, spulten die Mailänder nur ihr Pensum runter. Die Strafe folgte in Person von Pizarro. Danach fand der italienische Meister nicht mehr wie gewünscht ins Spiel und musste zwei wichtige Punkte liegen lassen.

Die Lehren des Spiels: In Ansätzen war das Defensivverhalten schon gut, aber trotzdem: Werder bringt es nicht fertig, ein Spiel über 90 Minuten hoch konzentriert und ohne grobe Patzer durchzustehen. Schaafs Taktik war nach einer knappen Viertelstunde bereits wieder hinfällig, die Bremer einmal mehr in einem Champions-League-Spiel unter Zugzwang.

Immerhin hat  Werder jetzt auch bei einem Auswärtsspiel gegen einen Großen der Königsklasse mal wieder ein Zeichen gesetzt. Und: Anders als in früheren Spielen blieb Werder ruhig und wartete auf seine Chance. Mit Erfolg.

Ein Sorgenkind bleibt die rechte Bremer Abwehrseite. Fritz ist außer Form und Prödl wirkt - obwohl ihm das Bemühen nicht abzusprechen war - zu langsam, ist gedanklich nicht fix genug und im Spiel nach vorne zu limitiert, um den Ansprüchen eines Champions-League-Spiels gegen einen solchen Gegner gewachsen zu sein.

Inter verzockte sich mit seiner unterkühlten Art. Lange Zeit hatte man das Gefühl, dass die Italiener bei Bedarf einfach noch eine Schippe drauflegen könnten - nach dem Ausgleich wurden die Gastgeber aber eines Besseren belehrt.

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