PSG nach Pleite gegen ManUnited in Schockstarre: Das unerklärliche Drama

Paris Saint-Germain scheiterte zum dritten Mal in Folge im Achtelfinale der Champions League
© getty

Paris Saint-Germain verpasst zum dritten Mal in Folge den Einzug ins Champions-League-Viertelfinale. Das 1:3 gegen Manchester United versetzt den ganzen Verein in eine Schockstarre. Trainer Thomas Tuchel ist ratlos. Um seinen Job muss er jedoch nicht bangen.

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Nach solchen Abenden reden sie immer alle von diesem Fußballgott. Wie gerecht oder wie ungerecht er doch sei. Wie schön oder wie brutal. Wenn es ihn denn wirklich gibt, diesen Fußballgott, dann ist er vieles, nur eines ganz bestimmt nicht: käuflich.

Eine Erkenntnis, die Nasser Al-Khelaifi am Mittwochabend bei weitem nicht zum ersten Mal mit Erschrecken zuteil wurde. Al-Khelaifi, der schwerreiche und nach Größerem als der französischen Meisterschaft strebende Eigentümer von Paris Saint-Germain, sah sein Starensemble im dritten Champions-League-Achtelfinale in Folge scheitern.

PSG: Drittes Achtelfinal-Drama in Folge

Auf das sagenhafte Wunder von Barcelona im Jahr 2017 und die Erniedrigung gegen die abgezockten Königlichen aus Madrid im Jahr 2018 folgte diesmal das wahnsinnige Comeback der totgesagten Teufel von der Insel. Ein Triple der anderen Art. Jedenfalls kein Triple, für das man innerhalb von acht Jahren gerne über eine Milliarde Euro ausgibt und dutzende Trainer verschleißt.

So verwunderte es nicht, dass Al-Khelaifi am Mittwochabend um Worte rang. "Ich verstehe es nicht. Wir sind alle total entsetzt", sagte der 45-jährige Katari. Er müsse diesen herben Rückschlag erst einmal verarbeiten, versicherte aber: "Ich vertraue dem Trainer. Wir müssen uns beruhigen und mit kühlem Kopf schauen, was wir wollen und was der Trainer will." Der Trainer, Thomas Tuchel, befand sich ebenfalls in einer Schockstarre. Auch er vermochte noch keine einleuchtende Erklärung für das finden, was sich da in den vorangegangen 90 Minuten abgespielt hatte.

Thomas Tuchel nach PSG-Aus fassungslos

"Extrem bitter" sei sein erstes Achtelfinale an neuer Wirkungsstätte verlaufen, sagte der Schwabe am Sky-Mikrofon und kratzte sich entgeistert am Kopf, bevor er die Frage stellte: "Wie kannst du ein Spiel verlieren, in dem du überhaupt keine Torchancen gestattest, in dem du komplett dominierst?"

12:4 Torschüsse, 72 Prozent Ballbesitz, eine Passquote von 91 Prozent - all das war hinfällig, nachdem das Gespann um den slowenischen Unparteiischen Damir Skomina aufgrund eines vermeintlichen Handspiels von Presnel Kimpembe nach einem Schuss von Diago Dalot in der Nachspielzeit auf Strafstoß zugunsten der entschieden hatte. Die vom Videoassistenten aufgedeckte Szene sorgte für reichlich Gesprächsstoff.

"Handspiel ist einfach super kompliziert und immer auslegbar", haderte Tuchel und wies darauf hin, dass "die gleiche Situation wieder passieren" werde, es dann aber vielleicht keinen Elfmeter geben würde und der Schiedsrichter diese Entscheidung dennoch so begründen könnte, dass er im Recht sei.

Superstar Neymar, wegen einer Mittelfußverletzung nur Tribünengast, wurde deutlicher. "Es ist eine Schande", fluchte der Brasilianer auf Instagram, "da nehmen sie vier Leute, die keine Ahnung von Fußball haben, um sich die Szene nochmal in der Zeitlupe anzuschauen. Das kann einfach nicht sein."

Marcus Rashford war's egal. Der englische Hoffnungsträger, 21 Jahre jung, ließ dem 20 Jahre älteren Gianluigi Buffon mit seinem humorlosen Abschluss keine Chance. Und so wurde der Traum der Pariser endgültig zum Albtraum."Es ist unglaublich, eine Schande", jammerte Kapitän Thiago Silva, "wir haben so hart gearbeitet und wieder versagt."

Tuchel: Tanz "auf der Rasierklinge"

Tuchel wollte seinen Spielern weder einen Vorwurf machen noch Ausreden wie eine möglich mentale Blockade nach den dramatischen Pleiten der vergangenen Jahre gelten lassen. "Wir sollten nicht den Fehler machen, in die Falle zu treten, und daraus jetzt eine Geschichte machen, nur um unser Gewissen zu erleichtern. Wir haben Selbstvertrauen gezeigt, wir waren überhaupt nicht verunsichert. Wir haben flüssig gespielt, den Ball und den Gegner dominiert", meinte der frühere BVB-Trainer.

Gleichwohl musste aber auch er feststellen, dass seine Mannschaft "auf der Rasierklinge" getanzt habe. Worte, mit denen er nicht auf die haarsträubenden individuellen Fehler von Nationalspieler Thilo Kehrer (2.) und Torwart-Routinier Buffon (30.) anspielte, die Uniteds Sturmtank Romelu Lukaku eiskalt bestrafte.

Er meinte vielmehr die schlampige Chancenverwertung. Ohne Neymar und den nicht zu hundert Prozent fitten, für die meisten Experten aber überraschend auf die Bank verbannten Edinson Cavani ging den Hausherren die letzte Konsequenz vor dem Tor von Manchesters Keeper David de Gea ab.

Kylian Mbappe, der Anführer der Pariser Offensive, verstolperte den Ball in aussichtsreicher Position mehrfach, während sich die Außenstürmer Julian Draxler und Angel di Maria ideenlos präsentierten. "Paris hat eine sehr starke Offensive. Jeder meiner Spieler hat heute aber exzellent und mannschaftsdienlich verteidigt", lobte United-Coach Ole Gunnar Solskjaer.

Fußball-Gott meint es nicht gut mit PSG

Dennoch glaubte im Laufe der zweiten Hälfte niemand der 47.441 Zuschauer im Parc des Princes noch so recht an das Weiterkommen der spielerisch völlig unterlegenen Gäste, die aufgrund der Sperre von Paul Pogba sowie den Verletzungen von Nemanja Matic, Ander Herrera, Jesse Lingard und Anthony Martial mit ihrem allerletzten Aufgebot angereist waren.

Die siebenköpfige United-Bank, sie bestand aus fünf Teenagern und kam zusammen gerade einmal auf 17 Champions-League-Einsätze. Das Duell hatte fast schon etwas von David gegen Goliath.

Und wie so oft geschah das Unvorhergesehene. Als hätte dieser Fußballgott, von dem sie alle nach solchen Abenden immer reden, es so gewollt.

 

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