Die Unbesiegbarkeit in königlichen Finals

Real Madrid hat bisher jedes seiner Champions-League-Finals gewonnen
© getty

Real Madrid hat im Finale gegen Juventus Turin (Samstag, 20.45 im LIVETICKER) die Möglichkeit, als erster Klub seit Gründung der Champions League den Henkelpott zu verteidigen. Die Gier von Altmeister Gianluigi Buffon, die souveräne Europapokal-Saison, die Chance auf das Triple, der Titelverteidigungs-Fluch - vieles spricht vor dem Showdown der beiden besten europäischen Mannschaften für die Italiener. Einen entscheidenden Vorteil hat Real jedoch auf seiner Seite: den Nimbus der Unbesiegbarkeit in Königsklassen-Finals.

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"Fußball ist ein einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball hinterher und am Ende gewinnt immer Real Madrid."

So oder so ähnlich könnte ein Fußball-Spruch auf Kalenderblättern abgedruckt werden, frei nach der berühmten Weisheit von England-Legende Gary Lineker ("am Ende gewinnen immer die Deutschen"). Es ist besonders in einer spezifischen Art von Spielen beinahe ein Gesetz: in Champions-League-Finals.

Wenn die Königlichen am Samstagabend im Millennium Stadium in Cardiff Juventus Turin fordern, stehen sich die beiden Teams gegenüber, die es nach ihrer jeweils starken Europapokal-Saison verdient haben: "Es ist ein Endspiel - und zwar zwischen den beiden besten Mannschaften", ordnete auch Real-Trainer Zinedine Zidane beim Medientag in Madrid das Aufeinandertreffen ein: "Sie sind die Meister in ihrer Liga und wir in unserer. Das wird ein hochinteressantes und gutes Spiel werden."

Juventus hat das Momentum gefühlt auf seiner Seite

Dabei scheint das Momentum in dieser Saison aufseiten der Italiener zu sein. Aus verschiedenen Gründen.

Die Alte Dame hat von allen Teams die beeindruckendste Champions-League-Saison gespielt, spazierte mit nur zwei Gegentoren durch die Gruppenphase - obwohl mit dem FC Sevilla eines der Überraschungsteams des Jahres zu den Kontrahenten gehörte.

Auch in der K.o.-Runde waren die Vorstellungen gegen den FC Porto (2:0, 1:0), den FC Barcelona (3:0, 0:0) und die AS Monaco (2:0, 2:1) beinahe beängstigend souverän. Juventus ist spielerisch reif, defensivstark, aber auch offensiv jederzeit für ein Tor gut. Massimiliano Allegri holt das Maximum aus seinen Spielern heraus.

Darüber hinaus spricht die Gier von Gianluigi Buffon für die Italiener. Der Weltmeister ist auch mit 38 Jahren noch einer der Besten der Torhüterzunft - wenn nicht sogar die Nummer eins - und heiß wie nie, seine beeindruckende Titelsammlung endlich durch den Champions-League-Triumph zu komplettieren. Es gibt kaum einen Fan oder Experten auf der Welt, der Buffon diesen Erfolg nicht noch gönnen würde.

Juve hat die Chance auf das Triple

Zudem hat Juve in diesem Jahr die Chance, als erster Klub seit dem FC Bayern München das Triple einzufahren. Den Scudetto und die Coppa Italia hat die Allegri-Truppe bereits gewonnen, die Königsklasse würde die historische Saison perfekt machen.

Sowieso wäre da ja auch noch der Fluch der Titelverteidigung. Seit der Einführung durch die UEFA in der Saison 1992/1993 ist es keiner Mannschaft gelungen, den Henkelpott zweimal in Folge zu gewinnen.

Nicht, dass niemand die Möglichkeit gehabt hätte: Der AC Milan stand zwischen 1993 und 1995 dreimal in Serie im Endspiel, Juve zwischen 1996 und 1998 ebenso. Valencia verlor 2000 und 2001 sogar zweimal hintereinander. Später standen noch Manchester United (2008 und 2009) sowie der FC Bayern (2012 und 2013) in aufeinanderfolgenden Jahren vor dem Titelgewinn. Doch niemandem gelang ein wiederholter Triumph. Es ist ein Fluch, das Gesetz der Serie: Real kann das Finale eigentlich nicht gewinnen.

Real kann das Finale eigentlich nicht verlieren

Und doch - so konträr es auf den ersten Blick klingt: Real kann das Finale eigentlich nicht verlieren.

"Wir müssen optimistisch sein, aber mir erscheint es nicht gerechtfertigt zu sagen, dass Juventus Favorit ist", schätzte Juve-Trainer Allegri die Kräfteverhältnisse für Samstagabend ein. Warum? "Real hat zwei Champions-League-Finals in den letzten beiden Jahren gespielt und beide gewonnen. Sicher sind sie die Favoriten."

Die Aufzählung Allegris ist derweil sogar nur die Spitze des Eisbergs.

Duell der Champions-League-Rekordfinalisten

Tatsächlich stehen sich am Samstagabend nämlich nicht nur die beiden besten Mannschaften der vergangenen Saison gegenüber, sondern auch die Champions-League-Rekordfinalisten. Für beide ist es seit Wettbewerbsgründung die sechste Teilnahme am Endspiel.

Die Bilanz allerdings könnte unterschiedlicher kaum sein. Juve gewann lediglich 1996 gegen Ajax, verlor die vier weiteren allesamt (1997 gegen Dortmund, 1998 gegen Real, 2003 gegen Milan, 2015 gegen Barca).

Real dagegen ging in allen fünf Endspielen als Titelträger vom Platz. In königlichen Finals haben die Madrilenen einen Nimbus der Unbesiegbarkeit. Frei nach dem Motto "...und am Ende siegt Real Madrid". Dieses Resultat schien besonders in den letzten Jahren, übertrieben gesagt, beinahe Teil eines kosmischen Plans zu sein.

Atletico zuletzt zweimal Opfer von Reals Unbesiegbarkeit in CL-Finals

Opfer dessen wurde zuletzt gleich zweimal Lokalrivale Atletico. Und das auf denkbar bittere und schicksalhaft wirkende Art und Weise.

2014 sahen die Rojiblancos bereits wie der sichere Sieger aus, führten bis zur 94. Minute mit 1:0 und durften sich bereit zum Jubeln machen. Doch dann kam Sergio Ramos, köpfte den 1:1-Ausgleich und rettete Real in die Verlängerung. Ein Treffer, der Atletico das Genick brach. In den zweimal 15 Minuten hatte die Simeone-Elf nichts mehr dagegen zu halten, Real erzielte noch drei Treffer und entschied als einzige Mannschaft seit Gründung ein Finale in der Verlängerung für sich.

2016 gelang das gegen Atletico in den zweimal 15 Minuten nicht. Also musste das Elfmeterschießen eine Entscheidung herbeiführen. Und wieder jubelte am Ende Real.

Finalsieg gegen Juventus 1998

Nicht immer setzten sich die Königlichen die europäische Krone mit einem Fußballfest wie beim 3:0-Sieg im Jahr 2000 gegen Valencia auf. Die meisten Entscheidungen waren eng, ob bei beiden Spielen gegen Atletico, beim Finale 2002 gegen Leverkusen, als erst ein Traumtor vom heutigen Trainer Zinedine Zidane die Partie entschied. Oder eben 1998 beim ersten Champions-League-Sieg in Amsterdam gegen Juventus Turin, als ein Treffer von Predrag Mijatovic zum 1:0 reichte.

Ob es nun Glück, Mentalität, Selbstbewusstsein oder doch ein kosmischer Plan ist: Real hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es immer dann da war, wenn die Zielgerade erreicht und das Ziel vor Augen war.

Ronaldo jedenfalls glaubt, dass besagter Nimbus der Unbesiegbarkeit den Titelverteidigungs-Fluch verdrängen wird: "Wir wollen in die Geschichte eingehen als erstes Team, das die Champions League zweimal hintereinander gewinnt. Wir wissen, dass es schwierig wird, aber" - und dann fügt er den entscheidenden Satz an - "wir sind Real Madrid, und wir haben immer die Chance zu gewinnen."

Juventus - Real Madrid: Die Daten zum Spiel