Der moderne Superstar

Alle zerren an ihm: Paul Pogba ist auf dem Weg zum Superstar des Weltfußballs
© getty

Lob von Zidane, Verlgeiche mit der Mona Lisa und ein Preisschild über 100 Millionen Euro. Paul Pogba ist schon jetzt ein internationaler Superstar, obwohl ihm sportlich noch einiges zur Kategorie Messi oder Ronaldo fehlt. Wie hat der 23-Jährige diesen Aufstieg geschafft? Wie geht er damit um? Und sind die Elogen überhaupt berechtigt?

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Für diese Woche hat sich Paul Pogba etwas Besonderes einfallen lassen. Natürlich. Denn der junge Franzose ist ein Typ, der sein Leben nach dem Motto "Normal kann jeder" bestreitet. Kleidung, Schmuck und vor allem Frisuren haben es ihm so richtig angetan.

Und nachdem Juventus sein Ligaspiel gegen Sassuolo schon am Freitagabend erfolgreich absolvierte, blieb am Wochenende genügend Zeit, um sich mal etwas länger auf den Friseurstuhl zu setzen. Am Sonntagmorgen postete Paul Pogba dann sein neuestes Kunstwerk in seinen sozialen Medien.

Weg ist der blondierte Bürstenschnitt, dafür zieren Pogbas Kopf jetzt wieder einrasierte sowie gefärbte Sterne und ein Minion.

Minions sind kleine, gelbe Zeichentrickwesen und gerade mächtig angesagt bei der jüngeren Generation. In ihrer Story existieren sie seit Anbeginn der Zeit, um den Superschurken der Weltgeschichte zu dienen. Allerdings sind sie darin so ungeschickt, dass sie jeden Plan unabsichtlich durchkreuzen.

Lob von allen Seiten

Diese Analogie hatte Pogba sicher nicht im Sinn, als er sich den Minion auf den Kopf hat machen lassen. Denn nachdem er am Dienstag seinen 23. Geburtstag feiern durfte, will er am Mittwoch mit Juventus den FC Bayern aus der Champions League werfen (Mi., 20.45 Uhr im LIVETICKER). Einen tollpatschigen Möchtegerngehilfen kann er da nicht gebrauchen.

Juventus muss am Mittwoch sein Optimum abrufen, um die Bayern in München zu gefährden und hofft dabei auch auf einen Pogba am Leistungslimit. Durch das verletzungsbedingte Fehlen von Claudio Marchisio und Paulo Dybala wird es noch mehr auf den Franzosen ankommen.

Er ist das Bindeglied des kompakten Juve zwischen Defensive und Offensive. Er kann mit seiner physischen Präsenz, seiner Qualität am Ball, seinen geschickten Bewegungen und Pässen das Spiel der Italiener lenken.

Kaum eine Fußballlegende, die in Pogba noch nicht einen künftigen Weltstar gesehen hat. Patrick Vieira, Didier Deschamps und allen voran Zinedine Zidane haben sich vor Pogba verneigt. "Wenn Paul so weitermacht, wird er einer der Größten", sagt Zidane, der in Pogba eine Mischung aus Claude Makelele und Vieira erkannt haben will.

Die Statistiken von Pogba in der Saison 2015/16 im Vergleich zu Pirlo 2014/15

Alle wollen Krake Paul

Im Jahr eins nach Andrea Pirlo ist Pogba auf dem Platz noch mehr in den Mittelpunkt gerückt. Zuvor konnte er sich noch am grandiosen Altmeister auf der Sechs und dem nach München gewechselten Arturo Vidal anlehnen. "Ich war sehr glücklich, mit einem Helden wie ihm spielen zu können", sagt Pogba über Pirlo. "Ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich jetzt eine ähnliche Rolle wie er spielen will."

Pogba ist nun so etwas wie der Franchise-Player, wie man im Basketball sagen würde. Der Spieler, der stellvertretend für sein Team steht, diesem enorme Qualität verleiht, wie Lionel Messi bei Barca oder Cristiano Ronaldo in Madrid, und gleichzeitig auch als Marke funktioniert.

Pogba hat knapp 2 Millionen Follower bei Twitter, wo er seit einiger Zeit sein Dab Team promotet. Er trägt extravagante Outifts, wie die eigens für ihn designten Sneaker vor dem Champions-League-Finale 2015 mit seinem Konterfei und er hat auf dem Ausrüstermarkt wohl einen wahren Bieterwettstreit ausgelöst, der ihm in den nächsten Jahren einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag einbringen wird. Alle wollen Pogba, der aufgrund seiner langen Beine in Italien den Spitznamen Krake bekommen hat.

In einer Reihe mit Messi und Ronaldo?

Pogba hat in seiner noch jungen Karriere schon viele Titel gesammelt. Mit Juve wurde er dreimal Meister und gewann einmal den Pokal. Mit der französischen U20 holte er 2013 die Weltmeisterschaft und wurde zum besten Spieler des Turniers gewählt. Im selben Jahr bekam er die Auszeichnung des Golden Boy, ein Jahr später die des besten jungen Spielers bei der WM 2014. Und im vergangenen Jahr stand er sowohl im UEFA Team des Jahres als auch in der FIFA-Weltelf.

All die Titel und Auszeichnungen haben Pogba in der modernen Fußballwelt schnell in extreme Sphären geschossen. Er ist mittlerweile in der Kategorie internationaler Superstar angekommen, obwohl er noch keinen großen internationalen Titel gewonnen hat und bei keinem Klub der ersten Kategorie spielt.

Das sieht zumindest Juve-Präsident Andrea Agnelli so: "Wir stehen weiterhin zwei Stufen unter Klubs wie Bayern, Barcelona oder Real Madrid. Die Münchner dienen uns mit ihrer langjährigen wirtschaftlichen und sportlichen Erfolgsgeschichte als Vorbild. Bis dorthin wird es aber noch ein schwieriger Weg."

Raiola trommelt für seinen Klienten

Ob Pogba diesen Weg mitgehen wird, wird so heiß diskutiert wie kaum eine andere Personalie auf dem internationalen Transfermarkt. Barcelona, Real Madrid, PSG, Manchester City, Chelsea, kaum ein finanzkräftiger Klub, der nicht an ihm interessiert sein soll. In Turin besitzt Pogba einen Vertrag bis Juni 2019, ohne Ausstiegsklausel.

Sein Berater Mino Raiola versteht sein Handwerk und trommelt gewaltig auf dem Markt. "Er ist einzigartig wie die Mona Lisa", sagt Raiola. Und: "Er wird mehr kosten als Cristiano Ronaldo." 100 Millionen Euro seien nicht genug. Raiola, der unter anderen auch Ibrahimovic durch Europa transferierte, hat für das Ende der Saison schon mal eine Entscheidung Pogbas angekündigt.

Raiola hat aber auch betont, dass Pogba eine enge Beziehung zu Juve habe und sein Herz am Klub hänge. Juventus hat ihm die Chance gegeben, im Profifußball Fuß zu fassen, als es ihn ablösefrei von Manchester United verpflichtete, wo der junge Franzose Sir Alex Ferguson einen Schuss zu selbstbewusst war und die Zornesröte ins Gesicht trieb. "Respektlos" schrie Ferguson, der es heute als "einen meiner größten Fehler" bezeichnet, "dass ich Pogbas Potenzial nicht erkannt habe".

Pogba bleibt erstaunlich cool

Das steht heute außer Frage. Fast jeder ist von Pogba begeistert, alle zerren an ihm und im Sommer erwartet Frankreich, dass er die Nationalmannschaft zum EM-Titel in der Heimat führt, wie das Platini 1984 und Zidane bei der WM 1998 gemacht haben. Viel Vertrauen, aber auch hohe Erwartungen und ganz schön viel Druck für einen gerade 23-Jährigen.

Es ist erstaunlich, wie gelassen Pogba bisher mit all diesen Lobhudeleien von Experten, Mitspielern, Trainern und Medien umgeht und sportlich überzeugt. Nebengeräusche gibt es so gut wie nicht. Außer der Geschichte aus Manchester ist nichts über unangemessenes Verhalten Pogbas bekannt. Die Extravaganz hebt er sich für die Mode und seine Frisuren auf.

Paul Pogba im Steckbrief