Das katalanische Bermudadreieck

Von SPOX
Der FC Barcelona setzt auf eine der stärksten Offensiven der Welt
© getty

Der FC Barcelona schielt vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Manchester City (20.45 Uhr im LIVE-TICKER) weiter auf den Titel. Dabei spielt das Trio um Neymar, Lionel Messi und Luis Suarez die entscheidende Rolle - mit allen Vor- und Nachteilen.

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Der FC Barcelona kann, das ist pures Selbstverständnis bei den Katalanen, in allen Belangen mit Real Madrid mithalten. Sportlich ebenso wie wirtschaftlich. Der ständige Vergleich zwischen Hauptstadt und Rebellen aus dem Nordwesten wird in Spanien tagtäglich durch die Medienwelt geschleift.

Mit dem letzten Jahr fiel Barca zurück hinter die königlichen Rivalen. Der Sieg in der Königsklasse und die Präsentation in den Clasicos brachten Real wieder dorthin, wo die Madrilenen sich heimisch fühlen: an die Spitze der Fußball-Welt.

Immer mit dabei war das Trio aus Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gareth Bale. Torgefährlich wie kaum eine andere Offensive auf der Welt, blitzschnell und trotz mancher Aussetzer beeindruckend stark im Zusammenspiel. Auch in dieser Sicht fiel Barcelona zurück.

BBC gegen El Tridente

Nicht umsonst vermutete mancher im Transfersommer einen Konter der Katalanen - und wurde glatt bestätigt. Luis Suarez ließ man sich einiges kosten - unter anderem auch eine Menge Sympathien. Der Transfers des Uruguayers warf einige Fragezeichen auf. Hinter der Transferpolitik, der sportlichen Führung und der Idee des Trainers.

Monate später entfaltet die Offensive langsam ihr Potenzial. Drei der torgefährlichsten Spieler der Welt dürfen gemeinsam den Gegner bespielen, dort wo im letzten Jahr Pedro und Alexis Sanchez um ihre Einsätze kämpften, steht jetzt an jeder Position ein Name, der alleine Spiele entscheiden kann. Barcelona hat aufgeholt und vielleicht sogar Boden gut gemacht auf Real Madrid.

Schicken die Königlichen BBC auf den Platz, baut Luis Enrique auf El Tridente, auf Suarez, Neymar und Lionel Messi. "Ich weiß nicht, ob wir schon ein Trio sind, das Wunder vollbringt", hielt sich der Brasilianer kürzlich zurück. Ob die Kombination aber besser sei, als die von Real Madrid - "Ja."

Suarez mit Einarbeitungszeit

Dabei ging es dem FC Barcelona natürlich nicht nur darum, den ewigen Rivalen auszustechen. Mit Suarez kam ein entscheidender Puzzleteil zur Mannschaft, die Enrique vor Augen schwebte, als er sie übernahm. Zuerst gesperrt, folgten einige Einsätze auf dem rechten Flügel, es brauchte noch Feintuning.

Das Hinspiel City-Barca in der Analyse

In den ersten 15 Spielen im Trikot der Blaugrana spielte der Neuzugang bei weitem nicht schlecht, letztlich aber nicht auf dem Niveau, auf dem er Liverpool verlassen hatte. 0,3 Tore pro Spiel bedeuteten einen Treffer alle 303 Minuten. Das fehlende Selbstvertrauen nach der Weltmeisterschaft und die ungewohnte Position machten sich in einer - für einen Weltklasse-Mann wie Suarez - bedenklichen Verwertungsquote von 9,5 Prozent bemerkbar.

Fortan spielte Messi mehr auf der rechten Seite, Suarez mittiger. In den letzten sieben Spielen gelangen dem Uruguayer sieben Tore, alle 77 Minuten traf er ins Netz, jeder dritte Versuch findet seinen Weg vorbei am Keeper. Suarez ist angekommen in Barcelona und mit ihm "die beste Offensive der Welt", wie sie Präsident Josep Maria Bartomeu betitelte.

Die Mischung macht's

Jeder Name alleine steht für die Qualität, aus einer ohnehin schon guten Mannschaft herauszuragen. Da ist Messi, dessen Ideen, Dribblings und Antrittsschnelligkeit jede Abwehr vor unlösbare Probleme stellen.

Da ist Suarez, eiskalt vor dem Tor, gut mit dem Kopf und aus der Distanz. Und da ist Neymar, ausgestattet mit einem brillanten First-Touch, großer Stärke im Eins-gegen-Eins und zuletzt deutlich mehr Zug zum Tor.

Der Rest der Mannschaft arbeitet zu, sichert ab und öffnet Räume. 56 Tore erzielten sie in dieser Saison selbst, insgesamt durfte Barca 76 Mal jubeln. 27 Assists gab EL Tridente sich entweder selbst oder einem Mitspieler, auf weitere 26 bringt es der gesamte Rest des Teams.

Zweite Reihe hängt hinterher

Am Optimum feilt das Trainerteam dennoch noch. Die Bewegungen der großen Drei sind noch nicht immer perfekt aufeinander abgestimmt, funktionieren zwei, fällt der letzte im Bunde oft zurück. Derzeit erleben Messi und Suarez ein Hoch, prompt prognostiziert Enrique Neymar ein Tief: "Ich weiß ebenso wie er selbst, dass man nicht immer am Limit spielen kann."

Barca nach City: Aus eins mach zwei

Den größten Makel aber hat man in dieser Saison schon über mehrere Monate beobachten dürfen. Denn drei Weltstars an vorderster Spitze haben ihre Kosten. Kosten, die selbst ein Klub wie Barcelona nicht ohne weiteres tragen kann. Die zweite Reihe in der Offensive ist dünn geworden, mit Pedro steht nur noch ein Zuarbeiter bereit, kein Spieler aber, der Ansprüche auf einen Stammplatz erhebt.

Munir El Haddadi und Sandro Ramirez sind zurück im B-Team, ihre Zeit ließen die beiden Talente nicht unbedingt ungenutzt, so schnell werden beide allerdings kaum mehr zu Einsätzen kommen. Eine Verletzung oder ein langes Tief bei einem der drei Ecken des Tridentes könnte ganz Barcelona ins Wanken bringen.

Neuer Dribbel-Fokus

Das Team definiert sich derzeit extrem über das Trio an vorderster Front. Das mag angesichts der Namen nicht verwundern und ist aufgrund aller individuellen Klasse auch kaum zu verteidigen, hat aber alte Tugenden gekostet. Der Ball läuft noch immer in den eigenen Reihen, das Spiel ist aber im letzten Drittel viel mehr auf Einzeldurchbrüche und Dribblings fokussiert.

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Deutlich weniger Schnittstellenbälle werden gespielt und die Seiten nicht mehr so oft überladen, wie es unter den Vorgängern Enriques noch geschah. Es findet eine Entwicklung statt, die ihren Erfolg erst noch beweisen muss. Das macht Barca dynamischer, etwas physischer und vor allem, soweit überhaupt noch möglich, abhängiger von Lionel Messi.

Weniger Abhängigkeit von Messi?

Auf der anderen Seite kostete der Ausfall von Messi den Katalanen im letzten Jahr jegliche Durchschlagskraft nach vorne. Dies dürfte nun nicht mehr passieren, auch wenn eine Verletzung oder eine Sperre des Argentiniers noch immer ein gewaltiges Loch reißen dürfte.

Was geschieht, wenn die Stars ruhen, war eindrucksvoll gegen Real Sociedad zu sehen. Die Niederlage gegen die Basken trieb Enrique an den Rand des Abgrunds und löst ein tiefes Beben im Verein aus.

Der Erfolg des Projekts Enrique steht und fällt mit seinem südamerikanischen Dreieck. Funktioniert es, ist es nicht zu stoppen und baut weiter an der Legende vom besten Sturm in der Geschichte des Klubs. Sollte der Asturier allerdings darüber stolpern, ist das nächste Beben nur eine Frage der Zeit.

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