Bayer-Ärger über "Facebook"-Schiedsrichter

SID
Trotz der Schiedsrichter-Geschichte steht für Bayer unter dem Strich eine deutliche Niederlage
© getty

Die Wut über die "Facebook"-Schiedsrichter trieb Gerechtigkeits-Fanatiker Rudi Völler erst einmal in deren Kabine. "Ich habe mich ein bisschen entladen, aber nicht schlimm. Jetzt habe ich mich wieder beruhigt", sagte der Sportchef von Bayer Leverkusen wenige Minuten später mit gequältem Lächeln.

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Vor den Journalisten war Völler um Diplomatie bemüht. Doch den slowenischen Unparteiischen wird es beim "Kabinen-Plausch" nach dem 2:4 (0:1) von Bayer bei Manchester United kaum besser ergangenen sein als einst Waldemar Hartmann, Gerhard Delling und Günter Netzer bei Völlers legendärem Wutausbruch ("Scheißdreck") nach dem Länderspiel auf Island 2003.

Berechtigt wäre es nach Bayers missglücktem Champions-League-Auftakt auf alle Fälle gewesen. War doch die Fehlentscheidung des Teams um Schiedsrichter Damir Skomina dermaßen krass gewesen, dass sie für ihre Zunft peinlicher war als der Schuss neben das leere Tor von Wayne Rooney (52.) für die Stürmergilde. Vor Rooneys 1:0 (23.) hatten die zehn slowenischen Augen eine glasklare Abseitsstellung von Antonio Valencia übersehen. Und obendrein war ihnen auch entgangen, dass Valencia Bayer-Keeper Bernd Leno foulte - zwei Meter von dem "Typ neben dem Pfosten" (Völler) entfernt.

Professionalität hinterfragt

"Ich weiß gar nicht, was die Aufgabe des Torrichters ist. Das war klarer als klar. Die stehen da einfach nur rum und meckern den Torwart an", schimpfte Leno. Und Bayer-Kapitän Simon Rolfes spottete: "Da stehen fünf Schiedsrichter rum. Aber die waren offenbar mehr damit beschäftigt, Fotos zu machen und in soziale Netzwerke zu stellen. Da darf man auch mal fragen, ob das professionell ist. Das sollten wir Spieler mal tun..." Eine solche Entscheidung, so Rolfes, sei "eigentlich ein Fall für die UEFA".

Bei allem berechtigten Unmut vergaß bei Bayer aber auch niemand die ebenfalls angebrachte Selbstkritik. "Es ist alles scheiße gelaufen", meinte Sidney Sam angesichts der unglücklichen Umstände: "Aber wir müssen uns an die eigene Nase packen, weil wir zu passiv waren."

Van Persie spektakulär

Immerhin hatte der Bundesliga-Dritte durch das erste Champions-League-Tor von Rolfes ausgeglichen (54.). Doch dann der ließ der in der Königsklasse offenbar überforderte Sebastian Boenisch den überragenden Valencia zum wiederholten Male in Ruhe flanken und Leno staunte über den spektakulären Seitfallzieher von Robin van Persie offenbar so sehr, dass er ihm durch die Finger glitt (59.).

Danach zeigten die Leverkusener wieder jenes Gesicht, das sie in den vergangenen Jahren viel zu oft in entscheidenden Momenten gezeigt hatten. "Zu passiv" (Sam), "nicht mutig genug" (Emre Can), "mit untypisch vielen Fehlpässen" (Stefan Kießling). "Wir haben es selbst verbockt", sagte denn auch Mittelfeldspieler Stefan Reinartz: "Das war ein Spiel, wo wir hätten kontern können. Aber wir haben uns stattdessen totgespielt."

"Vier Tore sind zuviel"

In jedem Fall habe United bei aller individuellen Klasse von Rooney - der in der 70. Minute noch sein 200. Tor für Manchester nachlegte - van Persie und dem ebenfalls erfolgreichen Valencia (79.) bei einem späten Gegentor von Ömer Toprak (89.) "nicht deshalb gewonnen, weil sie so überragend gewesen wären. Nur weil es das Old Trafford war und ein paar bekannte Namen auf dem Platz stehen, muss man nicht gleich von Weltklasse sprechen", meinte Reinartz: "Manchester hat eine gute Mannschaft und gut gespielt, und das hat gegen uns leider gereicht."

Auch die bewusst aufmunternden Worte Völlers ("wir können erhobenen Hauptes rausgehen, keiner muss traurig sein, wir waren zeitweilig auf Augenhöhe") wussten die Profis richtig einzuschätzen. "Von einem guten Weg zu sprechen, wenn man verliert, ist gefährlich", mahnte Rolfes: "Man darf sich nicht zu sehr loben für eine Niederlage. Vier Tore zu fangen, ist international einfach zu viel."

Womit Rolfes ebenso recht hatte wie mit seiner Kritik an den Unparteiischen.

Die Daten zum Spiel