Pizarro: Mehr als der Nobel-Ersatz

Von Thomas Gaber
Pizarro traf gegen den OSC Lille gleich dreifach
© Getty

Claudio Pizarro hat sich binnen einer Woche mit Nachdruck in den Kampf um den Platz im Bayern-Sturm zurückgemeldet. Mandzukic traf schon elf Mal und Gomez steht kurz vor dem Comeback. Auf Heynckes kommt ein Luxus-Problem zu - er wollte es so.

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An einem durchweg gelungenen Fußballabend für den FC Bayern München gab es doch etwas, mit dem Philipp Lahm rein gar nichts anfangen konnte. Ein namentlich nicht genannter brasilianischer Tanz, den drei Spieler des FC Bayern am Tage adhoc noch schnell zwischen Mittagessen und Mittagsschlaf rudimentär einstudiert hatten, verdarb Lahm die Laune.

"Ich weiß nicht, was das war, aber es sah nicht besonders toll aus", sagte der Kapitän über das Gehopse seiner Kollegen Claudio Pizarro, Dante und Rafinha anlässlich des ersten von drei Pizarro-Toren beim der 6:1-Champions-League-Gala gegen Lille.

"Wie aus einem Guss"

Passend zur guten Laune bei den Bayern machte sich Lahm mit einem breiten Grinsen über die Südamerika-Kombo lustig. Es blieb der einzige nicht ernst gemeinte Akt der Münchner am Mittwochabend.Insbesondere die erste Halbzeit gegen hoffnungslos unterlegene Franzosen suggerierte nämlich vor allem eines: der FC Bayern meint es in dieser Königsklassen-Saison verdammt ernst.

Trainer Jupp Heynckes kam gar nicht mehr runter von Wolke sieben angesichts der Leistung seiner Mannschaft vor der Pause. "Wir haben in der ersten Hälfte wie aus einem Guss gespielt. Es waren Bilderbuchkombinationen mit wunderschönen Torabschlüssen", urteilte der Trainer.

Sammer zufrieden

Gewiss: Lille ist nur Lille und hat in der Form von Mittwoch relativ wenig in der Champions-League-Gruppenphase zu suchen. Aber der Auftritt der Bayern nötigte selbst Perfektionist Matthias Sammer den nötigen Respekt ab. "Heute gibt es überhaupt nichts zu kritisieren", sagte der Sportvorstand.

Heynckes hatte seine Elf erstmals in dieser Saison mit der Flügelzange Robben/Ribery und Pizarro als Stürmer ins Rennen geschickt. Dass Pizarro mit Robben bestens zurecht kommt, bewiesen beide in der letzten Woche beim 4:0-im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das Zusammenspiel mit Ribery liegt dem Peruaner ebenfalls. Als Beweis dafür ist das 2:0 zulässig, als Pizarro einen Doppelpass mit Ribery auf engstem Raum mit einem harten und platzierten Schuss von der Strafraumgrenze ins Tor abschloss.

"Wer sagt, dass ich die Nummer drei bin?"

Der Reimport aus Bremen ließ noch zwei weitere Treffer folgen und hat sich spätestens mit seinem ersten Dreierpack im 63. CL-Spiel im Kampf um die Stammplätze zurückgemeldet. Pizarro fühlt sich ohnehin nicht als Nobel-Ersatz. "Wer sagt, dass ich die Nummer drei bin? Klar, einer ist krank und einer verletzt, und so durfte ich diesmal ran. Aber wir sind alle wichtig hier", antwortete er etwas verblüfft auf die entsprechende Sky-Reporter-Frage.

Die Hierarchie im Bayern-Sturm ist in dieser Saison schwierig darzulegen, sie hat sich in jedem Fall verschoben. Bevor sich Mario Gomez in der Vorbereitung Anfang August am Sprunggelenk verletzte, war er die klare Nummer eins vor den Neuzugängen Mario Mandzukic und Pizarro, die als 2a und 2b ins Rennen gingen.

Pizarro wieder voll da

Mandzukic "profitierte" von Gomez' Ausfall und Pizarros körperlichen Defiziten infolge kleinerer muskulärer Verletzungen. Der Kroate nutzte seine Chance und erzielte in seinen ersten 15 Pflichtspielen für den FC Bayern elf Tore - ein herausragender Wert. Für Pizarro war das Spiel gegen Lille dagegen erst der dritte Einsatz von Beginn an.

Er hat ihn genossen und sich mit fünf Toren gegen den FCK und Lille mit Nachdruck zurückgemeldet. "Ich fühle mich körperlich wieder topfit und habe wieder viel Spaß am Fußball und in dieser Mannschaft zu spielen", sagte Pizarro.

Heynckes betrachtet die Leistung des 34-Jährigne ziemlich nüchtern. "Claudio ist dafür angestellt, dass er gute Spiele und Tore macht. Er ist nicht nur Stürmer, sondern auch Torjäger. Er hat auch schon letzte Woche im Pokal zugelangt und hat aufsteigende Form."

Gomez vor Comeback

Da das Comeback von Gomez unmittelbar bevorsteht und sich Mandzukic schnell von seiner Erkältung erholen wird, steht Heynckes vor einem Luxusproblem. Mandzukic müsste aufgrund seiner guten Torquote einen Vorsprung haben, doch Pizarro meldet berechtigte Ansprüche und auch die etatmäßige Nummer eins, Mario Gomez, wird sich nach einer gewissen Herantast-Phase nicht mit einem Platz auf der Bank zufriedengeben.

Heynckes sieht dem gelassen entgegen. "Wir haben im Sommer reagiert und viel Qualität im Sturm geholt. Diese Qualität hat uns in der ganzen letzten Saison gefehlt, als es zu Gomez keine Alternative gab. Im Champions-League-Finale hätte uns die jetzt vorhandene Qualität gut zu Gesicht gestanden", sagte er.

Sammer streute derweil ein bisschen Psychologie: "Claudio ist natürlich in keiner ganz uninteressanten Situation. Mandzukic schießt viele Tore, Gomez kommt zurück. Da kommt es Claudiuo sehr gelegen, in einer guten Verfasung zu sein und in zwei Spielen fünf Mal zu treffen."

Pizarro, Mandzukic oder Gomez - es dürfte sich lohnen, dem Kampf um den Platz im Bayern-Angriff in den kommenden Wochen eine angemessene Aufmerksamkeit zu schenken.

Claudio Pizarro im Steckbrief