BVB: Reaktionäre Wochen gesucht

Von Jochen Tittmar
Borussia Dortmund ist gegen Real Madrid zuhause noch ungeschlagen (1998: 0:0, 2003: 1:1)
© Getty

Der holprige Saisonverlauf von Borussia Dortmund lässt die Richtung, in die sich der BVB in den kommenden Wochen bewegen wird, diffus erscheinen. Die Verantwortlichen fordern nach der Derbyniederlage gegen den FC Schalke 04 eine Trotzreaktion - doch die sollte nicht nur das Champions-League-Spiel gegen Real Madrid (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) umfassen.

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Wenn Niederlagen vor einer englischen Woche etwas Positives an sich haben sollen, dann ist es wohl lediglich die Tatsache, es kurz darauf schon wieder besser machen zu können. So lautet in diesen Fällen jedenfalls die landläufige Meinung zahlreicher Fußballprofis.

Trotz aller Niedergeschlagenheit nach der Pleite im Derby gegen Schalke 04 war dies auch bei Borussia Dortmund der Tenor. Mit dem Champions-League-Spiel gegen Real Madrid steht für die Borussia nämlich schon das nächste Highlight vor der Tür.

"Genau der richtige Gegner"?

Man weiß in Dortmund derzeit nicht so genau, wo die Reise in dieser Spielzeit hingehen wird. Freilich wird die Stoßrichtung nicht von einem einzigen Spiel abhängen können, dazu bietet der Profifußball letztlich zu viele Unwägbarkeiten. Doch kann man andererseits die externe Kritik und interne Unzufriedenheit, die nach dem erneut verkorksten Saisonstart die gegenwärtige Dortmunder Situation kennzeichnen, recht schnell wieder ins Gegenteil umkehren.

Das weiß auch BVB-Manager Michael Zorc, wenn er nun im Vorfeld der Partie davon spricht, dass mit Real Madrid ausgerechnet eine der besten Mannschaften Europas "genau der richtige Gegner" in der aktuellen Lage sein könnte.

Damit impliziert er nicht, dass die Chance, die Königlichen aus Spanien am Mittwoch zu besiegen, jetzt möglicherweise höher sein könnte als jene am Wochenende gegen den Erzrivalen.

BVB soll Trotzreaktion zeigen

Zorc fordert vielmehr "eine Trotzreaktion" auf eine Darbietung, "mit der niemand zufrieden sein konnte". Die schwächste BVB-Leistung seit langer Zeit alarmiert die Verantwortlichen viel eher als nackte Zahlen aus der Statistikabteilung (schon elf Gegentore, davon fünf nach Kontern) oder der große Rückstand auf Bayern München.

Doch war diese letztlich auch darauf zurückzuführen, dass Trainer Jürgen Klopp bei der Wahl der taktischen Herangehensweise erstmals in seiner Zeit beim BVB ordentlich ins Klo griff und dieses Missgeschick zudem mit der Tatsache kollidierte, dass an diesem Tag auch noch zahlreiche Spieler von ihrer üblichen Tagesform weit entfernt waren.

Selbst wenn in Jakub Blaszczykowski und Ilkay Gündogan zwei Stammspieler erneut nicht zur Verfügung stehen, wird Klopp das Experiment mit der Dreierabwehrkette gegen Real nicht wiederholen und seinem Team mit der eingespielten Grundordnung zu mehr natürlicher Stabilität verhelfen.

Nach CL-Spielen noch ohne BL-Sieg

Dies gepaart mit der hohen Eigenmotivation, die alle BVB-Akteure nicht erst seit dem kümmerlichen Abschneiden der letzten Spielzeit aus diesem Wettbewerb ziehen, mag womöglich schon als Trotzreaktion ausreichen - auch unabhängig vom Endergebnis.

"Es geht darum, Real Madrid einen heißen Kampf zu liefern", sagt Zorc nämlich und hofft wie sein dem Pessimismus zugeneigter Kollege Hans-Joachim Watzke darauf, dass dazu "die Niederlage im Derby mental keine Auswirkungen mehr hat".

Hört man sich im Spielerkreis um, besteht dazu offenbar keinerlei Grund. Mats Hummels stellte beispielsweise bereits fest, dass die Verarbeitung des Schalke-Spiels "wie immer nicht länger als einen Tag" dauerte.

Wichtiger, um die Stoßrichtung der kommenden Wochen zu beeinflussen, dürfte daher eher die Reaktion auf das Real-Spiel sein - ob es nun gewonnen oder verloren wird. Nach den beiden bisherigen Auftritten in der Champions League fuhr der BVB in der Liga lediglich einen Zähler ein.

Machbare Gegner bis zum Clash mit Bayern

An die Wand gespielt wurde Dortmund bei den Auftritten in Hamburg und Hannover zwar nicht, wirkte jedoch anders als noch Tage zuvor in entscheidenden Spielsituationen unkonzentriert und fahrig. Überhaupt: Seit der BVB mit dem Sieg gegen Ajax Amsterdam in die Königsklasse startete, gab es in der Liga nur noch einen weiteren Dreier zu feiern.

Derartige Punktverluste kann sich das Team bis Weihnachten national aber nicht leisten, wenn der Abstand auf die Tabellenspitze - auch Platz zwei ist bereits sieben Punkte entfernt - nicht noch größer werden soll.

Gegen die nun bis zum Duell mit dem FC Bayern Anfang Dezember folgenden Gegner Freiburg, Stuttgart, Augsburg und Mainz holte Dortmund in der Vorsaison 18 von 24 möglichen Punkten, dazu kommen Heimspiele gegen die Aufsteiger Fürth und Düsseldorf, bei denen man Pflichtsiege erwarten muss.

Bisher nur zwei überzeugende Spiele in der Liga

Hier kann die Mannschaft die aktuell vorherrschenden Zweifel hinsichtlich einer Übersättigung der Spieler oder der zu schwach besetzten zweiten Reihe verstummen lassen und die sportliche Situation gerade rücken.

Und sie steht dazu gegen diese Vereine auch in der Pflicht, die eigenen Ansprüche mit Leben zu füllen - schließlich zeigte der BVB in der Bundesliga auch ohne die erheblichen Verletzungsprobleme bislang nur zwei gänzlich überzeugende Partien (gegen Leverkusen und Gladbach).

Einen ersten Schritt in die gewünschte Richtung mag aber natürlich auch bereits die Partie gegen Madrid bringen. Und da könnte Klopp und Co. vor Dortmunds 30. Heimspiel in der Champions League sogar ein Blick auf die bei ihnen ansonsten so ungeliebten Zahlenspiele weiterhelfen: Nach einer Niederlage in der Bundesliga hat die Borussia das folgende CL-Heimspiel noch nie verloren.

Dortmunds Champions-League-Gruppe D im Überblick