Mit Leidenschaft, Sehnsucht und Gier

Von Thomas Gaber
Der FC Bayern hat zu Hause gegen Real Madrid eine gute Bilanz
© Getty

Bayern-Trainer Heynckes erkennt bei seinen Spielern das Feuer, um gegen Real Madrid (Di., 20.15 Uhr im LIVE-TICKER) bestehen zu können. Real-Coach Mourinho findet bei Bayern alles "fantastisch" - außer Beckenbauer, Hoeneß und Co.

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Uli Hoeneß hat sich am Sonntagabend via "Sky 90"-Talk Luft gemacht über "Märchenonkel" Hans-Joachim Watzke. Immer dann, wenn ein Rivale am Thron des FC Bayern München rüttelt, fährt der Präsident die Krallen extra lang aus.

Der Konter von BVB-Boss Watzke folgte prompt. Und auch vor Jose Mourinho ist Hoeneß dieser Tage nicht sicher. Der Trainer von Real Madrid fand es äußerst amüsant, dass Hoeneß und einige andere Größen des FC Bayern seiner Meinung nach ein wenig hochnäsig vom Gegner im Champions-League-Halbfinale sprachen.

"Hoeneß, Rummenigge, Kahn, Hitzfeld, Beckenbauer - all diese Leute, die ich sehr schätze, haben davon gesprochen, dass Real Madrid keine so tolle Mannschaft hätte und der FC Bayern Favorit sei. Dann ist es wohl so. Meine Meinung ist uninteressant", sagte Mourinho nach der Ankunft der Königlichen im München am späten Montagnachmittag.

Dass diese Herren Real Madrid unisono als herausragende Mannschaft bezeichneten und insbesondere Rummenigge die Favoritenrolle den Königlichen aufoktroyierte, drang offenbar nicht bis zu Mourinho durch.

Mourinho: Heynckes ein "fantastischer Trainer"

Es war ein seltenes Bild, das sich da im Bauch der Allianz Arena abspielte. Jose Mourinho erscheint zu einer offiziellen Pressekonferenz. Das hat es in den letzten Wochen sehr selten gegeben. Meistens ließ sich Mourinho vom drögen Co-Trainer Aitor Karanka vertreten.

Mourinho hasst Pressetermine, am Montag kam er aber nicht daran vorbei. Der Chef-Coach hat vor CL-Spielen zu erscheinen, so will es die UEFA. "Ich spreche heute hier, weil ich muss", sagte Mourinho gelangweilt, kam dann aber immer mehr ins Reden.

Der FC Bayern sei ein "ausgezeichneter Verein" mit einem "fantastischen Trainer" und "grandiosen Spielern", der es verdient hätte, ein CL-Finale im eigenen Stadion zu spielen. Da habe seine Mannschaft jedoch etwas dagegen. "Mir gefällt dieses Stadion hier. Ich würde gerne im Mai wiederkommen", sagte Mourinho.

Dass er irgendwann einmal mindestens 17 Mal pro Saison in der Allianz Arena sein wird, schließt er aus.

"Ich kann kein Deutsch, deswegen könnte ich nie in Deutschland arbeiten. Das ist nicht möglich. Die Kommunikation ist entscheidend für Erfolg. Wobei mir die Bundesliga immer besser gefällt. Das ist eine sehr starke Liga, die ich intensiv verfolge."

Kein Problem mit Webb - im Gegenteil

Für Dienstag erwartet Mourinho ein "enges Spiel", indem Kleinigkeiten den Unterschied ausmachen würden. "Der FC Bayern wird mit viel Herz spielen. Aber sie sind nicht nur aggressiv, sie können auch richtig gut Fußball spielen. Ich habe fantastische Dinge gesehen."

Mit der Schiedsrichteransetzung hatten - zum Erstaunen der anwesenden Journalisten - weder Mourinho noch Sergio Ramos Probleme. "Howard Webb ist ein sehr guter Mann, der solche Spiele schon oft gepfiffen hat. Er hat genügend Erfahrung. Die Stimmung wird wohl ein bisschen aufgeheizt sein, aber da hat die UEFA mit Webb einen guten Feuerwehrmann geschickt", sagte Mourinho.

Und Ramos wies darauf hin, dass Spanien das WM-Finale gegen Holland unter der Leitung von Webb gewonnen und er auch sonst viele gute Ergebnisse erzielt habe, wenn Webb im Einsatz war.

Mit 24 Spielern ist Real Madrid im nasskalten München angekommen. Im Gegensatz zu den Bayern ist kein Spieler von einer Gelbsperre bedroht. Toni Kroos, Luiz Gustavo, Jerome Boateng, David Alaba und Thomas Müller müssen bei der nächsten Gelben ein Spiel aussetzen. Für Bayern-Trainer Jupp Heynckes ist das kein Problem: "Meine Spieler wissen, wie sie sich verhalten müssen."

Heynckes spürt Sehnsucht seiner Spieler

Im Gegensatz zu Real Madrid, das am kommenden Samstag in Barcelona das möglicherweise vorentscheidende Meisterschaftsspiel bestreitet, sind die beiden Halbfinalspiele für den FC Bayern die wichtigsten der Saison, vielleicht sogar der letzten Jahre.

"Es geht darum, ein Finale im eigenen Stadion zu spielen. Diese Chance hat man als Spieler nur einmal im Leben. Ich spüre bei meiner Mannschaft diese Leidenschaft, diese Sehnsucht, diese Gier, dieses Finale zu erreichen. Deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass wir ein sehr gutes Spiel abliefern und auch erfolgreich abschneiden werden", sagte Heynckes.

Ob Bastian Schweinsteiger von Beginn an spielen wird, ließ der Coach offen. Mit einem Einsatz Schweinsteigers darf dennoch gerechnet werden, zumal Heynckes den Wert des Vize-Kapitäns noch einmal hervorhob.

Philipp Lahm betonte, dass die Bayern bei allem Enthusiasmus nicht kopflos agieren dürften. "Das Wichtigste wird sein, erstmal gut zu verteidigen. Wir müssen in den Zweikämpfen aggressiv sein bis zur letzten Minute. Wir müssen wenigstens 0:0 spielen."

Schlechte Real-Bilanz in München

Ein Ergebnis, mit dem auch Real Madrid zufrieden sein würde. Das Vermeiden einer Niederlage in München ist den Königlichen in neun Europacupspielen nämlich erst einmal gelungen (1:1 im Februar 2007). Im Schnitt kassierte Real 2,5 Tore.

"Das sind Zahlen, die nichts bedeuten. Die Geschichte wird am Dienstag nicht mitspielen", sagte Mourinho. Dem FC Bayern würde es gefallen, sollte sich Mourinho nach der Unterstellung, Hoeneß und Co. würden Real nicht genug Wert schätzen, ein zweites Mal irren.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

FC Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Badstuber, Alaba - Schweinsteiger, Gustavo (Tymoschtschuk) - Robben, Kroos, Ribery - Gomez

Real Madrid: Casillas - Arbeloa, Sergio Ramos, Pepe, Coentrao (Marcelo) - Khedira, Xabi Alonso - Di Maria, Özil, Ronaldo - Benzema (Higuain)

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