Benedikt Höwedes: Das hässliche Entlein

Von Für SPOX in Mailand: Haruka Gruber
Benedikt Höwedes steht bei Schalkes Viertelfinal-Hinspiel in Mailand ganz besonders im Fokus
© Getty

An Schalkes Innenverteidiger Benedikt Höwedes scheiden sich die Geister, dennoch sind die Bayern angeblich interessiert. Im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals bei Inter Mailand (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) muss er ausgerechnet gegen Bayern-Albtraum Samuel Eto'o beweisen, dass Bundestrainer Jogi Löw Unrecht hat.

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Der Mechanismus ist aus der Politik nur zu gut bekannt: Nachdem der Regierende abgesetzt wird, melden sich bald die Unzufriedenen zu Wort, die zuvor aus Angst vor Repressalien geschwiegen haben.

Benedikt Höwedes war ganz offensichtlich einer derjenigen, die unter Felix Magath besonders litten. Nicht anders ist es zu verstehen, dass der Innenverteidiger des FC Schalke 04 nach der Entlassung des Trainers innerhalb von wenigen Tagen gleich mit zwei Interviews auf der offiziellen Klub-Website vertreten war.

Zunächst führte er aus, wie der Mannschaftsrat den Kontakt zu Magath suchte, das Verhältnis zwischen ihm und den Spielern jedoch gestört blieb, weswegen man gezwungen gewesen sei, den direkten Weg zu Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies zu suchen und sich zu beschweren.

"Als Mannschaftsrat haben wir alles richtig gemacht", sagte Höwedes, der wenige Tage später erläuterte, wie viel Spaß man doch unter Magaths Nachfolger Ralf Rangnick habe und dass bereits nach wenigen Tagen "Fortschritte zu erkennen sind".

Benedikt Höwedes plötzlich ein Führungsspieler

Aussagen, die zwar nicht besonders brisant klingen, dennoch eine erstaunliche Wandlung belegen: Noch zu Beginn der Saison waren seine Auftritte unscheinbar und seine Interviews von großer Vorsicht geprägt.

"Aber ich habe an Erfahrung dazu gewonnen und ich bin in eine Führungsrolle hineingewachsen", sagt Höwedes jetzt nach Rangnicks Premiere beim FC St. Pauli im Gespräch mit SPOX.

Entsprechend bedeutsam wird er sein, wenn Schalke zum Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals bei Inter Mailand antritt (20.30 Uhr im LIVE-TICKER).

Desolater Saisonstart

Zu Beginn der Saison war auch Höwedes noch eine kleine Enttäuschung. Er suchte Halt beim ebenfalls wackeligen Innenverteidiger-Partner Christoph Metzelder, wurde etwas unglücklich jeweils am ersten Spieltag der Bundesliga und der Champions League vom Platz gestellt.

Aber das scheint Vergangenheit zu sein. Höwedes hat mittlerweile die Skeptiker widerlegt, die in ihm nur einen etwas besseren Bundesliga-Profi erkannt haben wollen.

"Mich bekloppt machen zu lassen, hätte ja nichts gebracht. Ich habe viel mit Freunden und Bekannten gesprochen und gewisse Dinge mal mit anderen Leuten analysiert, mit denen ich sonst nicht so über Fußball rede. Das hat mir geholfen", erzählt Höwedes.

Bayern-Sieg der Wendepunkt

Im Champions-League-Achtelfinale gegen Valencia überzeugte er in beiden Partien, auch in der Bundesliga gewann er an Stabilität und stützte schon einige Male den schwächelnden Metzelder.

Eine Art Wendepunkt zum Guten bedeutete der 15. Spieltag, als dem 23-Jährigen beim 2:0 gegen den FC Bayern ein Tor gelang und er bester Feldspieler auf dem Platz war: "Seit dem Ende der Hinrunde läuft es wieder."

Womöglich war es diese Partie, die die Verantwortlichen der Bayern auf den Gedanken brachte, Höwedes als Verstärkung für die Abwehr zu verpflichten. Der "Kicker" berichtete, dass in München neben Jerome Boateng auch sein Name diskutiert werde.

In Mailand wird Höwedes direkt gegen Inters Stürmerstar Samuel Eto'o spielen. Ein spannendes Duell, war es doch Eto'o, an dem die überforderte Bayern-Abwehr in der Runde zuvor verzweifelte.

Höwedes nicht mehr angesagt

Das offenbar bestehende Interesse des Rekordmeisters an ihm dürfte Höwedes schmeicheln - und kommt doch überraschend. Denn von den Bayern mal abgesehen, scheint kaum jemand so recht die wahre Wertigkeit des Verteidigers zu erkennen.

Auch Ex-Trainer Magath nicht, der die Abwehrzentrale generell sehr konservativ spielen lässt und Höwedes entsprechend dazu anhielt, sich rein auf die Abwehraufgaben zu beschränken.

Eine Vorgabe, die seinem Leumund durchaus schadete. Nach dem EM-Sieg der deutschen U 21 2009 wurde Höwedes noch als Inbegriff des modernen Innenverteidigers gerühmt, in den letzten zwei Jahren haben ihn in der Gunst von Bundestrainer Jogi Löw jedoch etliche Spieler aus der gleichen Generation überholt.

Noch keine DFB-Berufung

Mats Hummels, Holger Badstuber und Boateng sind trotz großer Konkurrenz (Mertesacker, Friedrich, Westermann) feste Bestandteile des DFB-Kaders, Stefan Reinartz wurde ebenfalls eingesetzt - während Höwedes trotz seiner Erfahrung von 89 Bundesliga-Spielen und zwei Champions-League-Saisons noch immer darauf wartet, überhaupt einmal berufen zu werden. Ganz offenbar ein Beleg des fehlenden Vertrauens von Löw.

Schalkes Sportvorstand Horst Heldt jedenfalls stärkt Höwedes im Gespräch mit SPOX: "Benedikt hatte Phasen, in denen es nicht so gut lief. Dennoch ist er ein moderner Innenverteidiger und gehört zu den besten der Liga. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er zur Nationalmannschaft eingeladen wird."

Ein Verkauf des bis 2014 gebundenen Hoewedes sei ohnehin nicht angedacht: "Wir geben ihn nicht her, da gibt es gar keine Diskussionen."

Lob an Rangnick, Kritik an Magath

Entscheidend dabei mithelfen soll Rangnick. Jener Rangnick, der ihn 2008 für Hoffenheim verpflichten wollte, der Wechsel wegen Schalkes zu hoher Ablöseforderung jedoch scheiterte.

"Sportlich erhoffe ich mir einen persönlichen Impuls", sagt Höwedes. "Ralf Rangnick legt Wert auf schnellere Pässe in die Tiefe, dass man auch mal einen Gegner überspielen kann. Dass ich so spielen kann, habe ich schon bewiesen."

Zumal ihm Rangnicks Wesenszug gefällt. "Er geht auf seine Spieler zu, sucht viel Kontakt. Gerade für junge Spieler ist solches Feedback wichtig. Das ist eine der Qualitäten, die ihn stark machen."

Dass eben jener Magath nicht über diese Qualität verfügt, bleibt unausgesprochen. Dennoch ist Höwedes' Botschaft klar: Die Vergangenheit gehörte Magath. Die Zukunft soll Rangnick und ihm gehören.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Inter Mailand: Cesar - Maicon, Ranocchia, Chivu, Zanetti - Stankovic, Cambiasso, Thiago Motta - Sneijder - Milito, Eto'o

Schalke 04: Neuer - Uchida, Höwedes, Metzelder, Sarpei - Papadopoulos, Matip, Farfan, Baumjohann - Edu, Raul

Schiedsrichter: Atkinson (England)

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