Was tun, Franck Ribery?

Von Daniel Börlein
Franck Ribery erzielte in dieser Saison bislang vier Liga-Tore für die Bayern
© Getty
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FC Barcelona

Mannschaft: Bei den Bayern steht Ribery im Schatten von Robben. Zumindest im Moment. Bei Barca wird der Franzose im Schatten von Lionel Messi stehen. Und das für alle Zeit. Die Qualität des Argentiniers wird Ribery bei aller Wertschätzung wohl nie erreichen. Und: Mit Ibrahimovic, Iniesta, Xavi oder Henry haben die Katalanen so viele Superstars wie kein anderer Klub der Welt im Kader. Ribery muss sich darauf einstellen: Bei Barca wäre er kein Highlight, sondern nur einer von vielen. Trotz aller Stars stimmt die Chemie innerhalb der Mannschaft. Gut: Wie bei Real stehen bei Barca mit Abidal und Henry derzeit zwei Franzosen im Kader, die Ribery die Eingewöhnung erleichtern könnten.

Trainer: Pep Guardiola ist derzeit der erfolgreichste Trainer der Welt. Sechs Titel in der ersten Saison als Coach suchen seinesgleichen. Weder die Bodenhaftung noch den Draht zur Mannschaft hat er allerdings dadurch verloren. Im Gegenteil: Der 39-Jährige pflegt einen sehr engen Kontakt zu seinen Spielern, kommuniziert sehr viel, unterscheidet aber nicht zwischen Nachwuchstalent und Superstars. Auch deshalb rotiert Guardiola vor allem in Ligaspielen gerne. Gerade im Offensivbereich hat der Barca-Coach viele Akteure zur Verfügung, denen er regelmäßige Spielzeiten verschafft. Auch Ribery müsste sich damit abfinden, immer wieder mal auf der Bank zu sitzen.

System: Das 4-3-3 ist bei Barca Gesetz, kein Weg führt daran vorbei. Guardiola hat für alle Positionen mehrere Optionen im Kader, jeder weiß, welche Aufgabe er zu erledigen hat, die Automatismen greifen perfekt ineinander. Daran muss sich Ribery erst gewöhnen. Landsmann Henry beispielsweise brauchte ein Jahr Anlaufzeit, um den Ansprüchen des Barca-Systems zu genügen. Und: Henry wäre im 4-3-3 einer der großen Konkurrenten Riberys auf Linksaußen. Hinzu kommen Krkic, Pedro und Iniesta. Beim keinem anderen Klub wäre die Konkurrenz für Ribery größer. Sein Problem: Fürs Mittelfeld kommt er nicht in Frage, weil Guardiola dort passsichere Akteure bevorzugt, die den Ball mit wenigen Kontakten zirkulieren lassen und zudem defensive Aufgabe erfüllen.

Umfeld: Die Bayern würden Ribery gerne halten, Real würde ihn mit offenen Armen empfangen, in Barcelona dagegen wird eine Ribery-Verpflichtung nicht als Muss gesehen. Vielmehr wird man den Eindruck nicht los, dass die Katalanen Ribery in erster Linie haben wollen, damit ihn Erzrivale Real nicht bekommt. Guardiola äußerte sich öffentlich zwar positiv über den Bayern-Star, zuletzt berichtete die spanische Tageszeitung "Sport" allerdings, dass Barca Ribery nicht um jeden Preis haben will. Ein Plus in einem möglichen Poker: Barca-Präsident Joan Laporta ist ein guter Freund von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge.

Perspektiven: In der letzten Saison holten die Katalanen sechs Titel, besser geht's nicht. Satt scheint diese Mannschaft dennoch nicht zu sein. Auch in dieser Saison sind Meisterschaft und der Triumph in der Champions League in Reichweite. Ein Geheimnis des Erfolgs: Guardiola vertraute seinem Team nach den Erfolgen des letzten Jahres, setzte aber mit dem Verkauf von Samuel Eto'o und der Verpflichtung von Ibrahimovic einen neuen Reizpunkt. Auch nach dieser Spielzeit ist kein großer Umbruch zu erwarten, es wird nur punktuell nachgebessert. Der entscheidende neue Impulsgeber könnte dann Ribery heißen. Was zudem lockt: Wer in der besten Mannschaft der Welt glänzt, ist auch einer der besten Spieler der Welt.

FC Chelsea

Mannschaft: In den vergangenen Jahren investierte Klub-Boss Abramowitsch mächtig in die Mannschaft. Vor der laufenden Spielzeit drehte der Russe den Geldhahn allerdings etwas zu, auf die ganz großen Stars wurde verzichtet. Davon hat Chelsea ohnehin schon jede Menge. Für neue Spieler war es in den letzten Jahren deshalb nicht immer leicht, bei den Blues Fuß zu fassen. Mit Terry und Lampard stehen zwei Akteure an der Spitze der Teamhierarchie, die es anderen starken Charakteren nicht immer leicht machen. Auch Michael Ballack tat sich lange schwer, seinen Platz zu finden. Andrej Schewtschenko scheiterte komplett. Andererseits: Mit seinen Landsleuten Anelka und Malouda sowie den französisch sprechenden Drogba und Kalou hätte Ribery sofort gleich mehrere direkte Bezugspersonen.

Trainer: Carlo Ancelotti ist bei den Blues ohne Probleme in die Fußstapfen von Guus Hiddink getreten, zumindest in Sachen Mannschaftsführung. Der Italiener kann wie sein Vorgänger sehr gut mit der großen Ansammlung an Stars. Ancelotti hat immer ein offenes Ohr für die Probleme seiner Spieler, stellt sein eigenes Ego hinten an und wird deshalb von den Spielern geschätzt. Im Umgang mit der Mannschaft gilt der 50-Jährige als gutmütig aber konsequent. Heißt für Neuzugänge: In der Anfangszeit bekommen sie von Ancelotti eine gewisse Schonfrist und volle Rückendeckung. Dafür erwartet der Ex-Milan-Coach allerdings auch Hingabe und Leistung. Bleibt die aus, greift Ancelotti durch.

System: Bei Milan war Ancelottis Lieblingssystem ein 4-3-2-1, in dem Kaka in der Offensive mit allen Freiheiten ausgestattet wurde. Bei den Blues hingegen setzt er meist auf ein 4-4-2 oder ein 4-2-3-1. Fest steht: Ancelotti ist kein ausgesprochener Verfechter des Flügelspiels, weder in Mailand noch jetzt bei Chelsea. Sehr wohl aber ist Ancelotti bereit, sein System nach herausragenden Akteuren zu richten. Ribery wäre ein solcher. Mit dem Franzosen würde sich der Fokus mehr aufs Spiel über die Außen richten. Allerdings: Die Blues müssten dann wohl erst einen passenden Gegenpart zu Ribery für die rechte Seite verpflichten. Kalou und Cole genügen nicht (mehr) höchsten Ansprüchen, Anelka spielt lieber im Zentrum.

Umfeld: In den vergangenen Jahren waren die Blues mehrmals nahe dran am großen Triumph in der Champions League, in dieser Saison war allerdings schon im Achtelfinale Schluss. Der Druck auf Chelsea nimmt deshalb zu, sowohl durch die Medien als auch durch Boss Abramowitsch. Gerade von Neuzugängen wird künftig noch mehr erwartet. Einer davon soll Ribery sein. Das Interesse der Blues ist hinterlegt, wirklich intensiv bemüht haben sich die Londoner bislang jedoch nicht.

Perspektiven: Die aktuelle Mannschaft scheint über ihren Zenit zu sein, den Blues steht zur kommenden Saison ein Umbruch bevor. Abramowitsch will dafür noch einmal groß auf dem Transfermarkt zuschlagen. Ribery könnte dabei ein zentraler Baustein sein und um ihn eine neue Mannschaft aufgebaut werden. Über allem steht bei Chelsea allerdings immer die Frage: Wie lange hat Abramowitsch noch Lust? Steigt der Milliardär aus, stünde der Klub vor einem Scherbenhaufen. Und, wichtig für Ribery: Den Glanz und die Bedeutung von Real oder Barca wird Chelsea in der Fußball-Welt nie erreichen.

Franck Ribery im Steckbrief