Rooneys Gehilfen

Von Jochen Tittmar
Abklatschen mit Nani: Wayne Rooney weiß, wem er nicht wenige seiner Tore zu verdanken hat
© Getty

Der FC Bayern zittert vor Wayne Rooney. Doch dass der Stürmer derzeit in so brillanter Verfassung ist, liegt auch an den Zuspielen der United-Flügelzange Nani und Antonio Valencia.

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Vor dem Champions-League-Viertelfinale zwischen dem FC Bayern München und Manchester United (20.30 Uhr im LIVE-TICKER, auf SKY und bei Sat.1) wird nur über einen Mann gesprochen: Wayne Rooney.

Das ist natürlich mehr als legitim, befindet sich der 24-Jährige doch seit Wochen in der Form seines Lebens. Die Leistungsexplosion des englischen Nationalstürmers lässt sich lapidar gesagt auf zwei wesentliche Punkte einkürzen.

Der eine Grund ist - so paradox es klingen mag - die Abwesenheit von Cristiano Ronaldo. Seit der Portugiese das Old Trafford verlassen hat, profitiert Rooney ungemein davon, nicht mehr um Ronaldo herum spielen zu müssen, sondern als alleiniger Sturmführer alle Angriffe selbst zum Abschluss zu bringen.

Daran angeschlossen resultiert daraus Rooneys neue Positionierung auf dem Spielfeld. Er darf nun ganz vorne als einzige Spitze agieren, ist dadurch ständig in Strafraumnähe und muss wesentlich kürzere Distanzen zum Tor zurücklegen.

Rooney profitiert von der Flügelzange

Dazu braucht er jedoch auch den Ball. Dieser wird ihm in dieser Saison sehr oft über die Flügel zugespielt, so dass Rooney im günstigsten Fall nur noch den Kopf hinhalten oder abstauben muss.

Rooneys atemberaubende Form ist demzufolge nicht nur auf sein neues Aufgabengebiet zurück zu führen, sondern auch auf die punktgenauen Flanken, Hereingaben und Pässe der Flügelzange Nani (links) und Antonio Valencia (rechts).

Dass die beiden Außenspieler Uniteds mittlerweile solch großen Anteil am Erfolg der Red Devils haben, wird bisweilen unterschätzt und war so auch nicht vorherzusehen.

Nani: Nach dürftigem Start endlich angekommen

"Sie sind ein wichtiger Teil unserer Spielphilosophie. Wir haben bei Manchester United schon immer sehr gute Flügelspieler gehabt. Sie besetzen die wichtigen Räume des Spielfelds, die es ihnen ermöglichen, den Stürmer einzusetzen. Das klappt derzeit wunderbar bei uns", sagte Sir Alex Ferguson auf Nachfrage von SPOX.

Nani, für den Manchester im Sommer 2007 schlanke 25 Millionen Euro hinblätterte, legte im Nordwesten Englands allerdings eine äußerst dürftige Startphase hin, die für einen solchen Millionentransfer im Grunde genommen viel zu lange dauerte.

Der Portugiese, der wie Ronaldo, Luis Figo oder Ricardo Quaresma in der Jugendabteilung von Sporting Lissabon ausgebildet wurde, agierte lange Zeit zu verspielt, verzettelte sich zu oft in aussichtslosen Einzelaktionen und galt als schüchtern und zu schmächtig für die oft zitierte härteste Liga der Welt. Ein Ronaldo im Anfangsstadium sozusagen.

Valencia: Der klassische Flügelspieler

Valencia spielt dagegen seine erste Saison bei United und stand fast doppelt so oft wie Nani auf dem Spielfeld. Der Ronaldo-Nachfolger, für den die Red Devils gute 20 Millionen Euro an Wigan Athletic überwiesen, war er jedoch nur bei den englischen Medien.

Der Ekuadorianer strahlt wenig Torgefahr aus, spielt auf der rechten Seite allerdings trotzdem eine absolut überzeugende Runde. Der 24-Jährige ist eher der klassische Flügelspieler, den es weniger oft in die Mitte zieht als seinen Gegenüber Nani, der sich auch im Zentrum ins Dribbling traut.

Valencia ist nicht nur schnell mit den Füßen, sondern auch im Kopf, antizipiert gut und versucht meist, mit hoher Geschwindigkeit auf seinen Gegenspieler loszurennen, um dann von der Grundlinie aus den in der Mitte wartenden Rooney einzusetzen.

Ein eingespieltes Muster, das in dieser Saison schon unzählige Male zum Erfolg führte.

Ronaldos Aufgaben werden kollektiv aufgefangen

Dass das Dreigestirn Nani - Rooney - Valencia so gut funktionieren wird, hat Nani bereits Ende August des letzten Jahres vorhergesehen: "Rooney wird dieses Jahr der Schlüssel sein. Ich bin überzeugt, dass er viele Tore schießen wird. Wir werden ihm dabei helfen, der beste Torschütze der Premier League zu werden."

Die Aufgaben, die Ronaldo in den Vorjahren im Alleingang erledigt hat, werden von der Flügelzange nun im Kollektiv aufgefangen. ManUniteds zentrales Mittelfeld beschränkt sich meist nur aufs reine Ball-Apportieren, damit über die beweglichen und dribbelstarken Außen die Post abgeht.

Rooney, der im "neuen" System seine Bewegungsabläufe und sein Timing im Strafraum eklatant verbesserte, gibt das Lob, das derzeit über ihm ausgeschüttet wird, gerne weiter: "Ich habe früher nie viele Tore aus der Luft geschossen. Die Hereingaben und Zuspiele sind deutlich besser geworden, so gut waren sie noch nie, seit ich bei United bin."

Dass Nanis Status im Verein noch in der  Hinrunde immer mehr sank und er nach offener Kritik an Ferguson kurz vor dem Aus stand, interessiert heute keinen mehr.

Nani: "Verein hilft mir, ein echter Mann zu werden"

Nani hat eingesehen, dass er in Manchester beim idealen Verein kickt, um seine Karriere auf das nächste Level zu hieven. "Ich musste mich an das englische Spiel gewöhnen. Hier ist alles schneller und anspruchsvoller. Vor ein paar Monaten begann ich, mich mehr für das Team zu opfern. Dieser Verein hilft mir, als Spieler zu wachsen und ein echter Mann zu werden".

Valencia kommt dank seiner robusten Statur schon von Natur aus als "echter" Mann daher. Auch deshalb ist er im Defensivzweikampf stärker als Nani und geht weitere Wege, um sich die Bälle zu holen.

Nanis Aktionsradius in der Rückwärtsbewegung ist überschaubar, jedoch hat er mit Patrice Evra einen der weltbesten Linksverteidiger im Rücken. So kann sich der Portugiese einen Tick mehr als Valencia auf die Offensive konzentrieren, wo es ihm im Vergleich zu seiner spröden Anfangszeit immer öfter gelingt, bisweilen geniale Momente zu produzieren.

Bayerns Außenverteidiger sind gefordert

Valencia hingegen legte im Abschluss zu und benötigt in der Premier League noch einen Treffer, um in Manchester schon nach einer Spielzeit so viele Tore erzielt zu haben wie in zwei Jahren bei Wigan.

"Antonio ist der Traum eines jeden Stürmers, aber auch eines jeden Trainers", sagt ManUnited-Legende Ole Gunnar Solksjaer, "Rooney weiß mittlerweile genau, was Valencias erste Gedanken bei der Ballannahme sind."

Was die internationale Klasse der beiden Flügelspieler angeht, liegt der Vorteil jedoch eindeutig bei den Bayern. In Europa sind Nani und Valencia noch relativ kleine Lichter, die im Vergleich mit Ribery, Robben oder Lahm eindeutig hinterherhinken. Nichtsdestotrotz wird Manchesters Flügelzange am Dienstag in der Allianz Arena eine gewichtige Rolle spielen - auch im Hinblick auf Rooneys Leistung.

Die Kreise von Nani und Valencia einzuengen, wird keine leichte Aufgabe für die Herren Lahm und Badstuber/Contento. Es gilt, die Balance zwischen zu frühem, aggressivem Attackieren und zu respektvollem Verteidigungsspiel aus der Zone heraus zu finden. Gelingt das den Bayern, wird auch Rooney zwangsläufig Probleme dabei haben, so wie in den letzten Monaten aufzuspielen.

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