Dabei sein ist nicht alles

Von Für SPOX auf Schalke: Daniel Paczulla
Schalke, Barcelona, Ernst, Puyol
© Imago

Gelsenkirchen - Die Ausgangslage war klar definiert. Schalke der krasse Außenseiter. Barca der Favorit. Eigentlich eine Nix-zu-verlieren-Situation für Königsblau. Und am Ende waren sie doch die großen Verlierer. 

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Eine gute Aktion reichte einem biederen FC Barcelona, um das Spiel mit 1:0 zu gewinnen. Bojan Krkic nutzte einen Patzer von Manuel Neuer bereits in der 12. Minute zum Siegtreffer. Was die Schalker in der Veltins-Arena zeigten, war hingegen ein einziger Offenbarungseid.

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Das "Spiel des Jahrhunderts" (O-Ton Manager Andreas Müller) sollte es sein. Es wurde das Spiel des Kaninchens vor der Schlange. Eine Stunde lang schaffte es die Slomka-Elf nicht, den Respekt vor dem Gegner abzulegen. Die Erkenntnisse nach dem Schlusspfiff waren dementsprechend mehr als enttäuschend.

Schwächstes Barca seit langem

Der Tenor war klar: In Gelsenkirchen war das wohl schlechteste Barcelona zu Gast, das man unter Trainer Frank Rijkaard je gesehen hat. In der Liga lief es zuvor alles andere als gut (drei Pleiten in den letzten fünf Spielen), im Pokal schied man unlängst gegen Valencia aus. Barca schwächelte.

Dennoch waren die Katalanen am Dienstagabend mindestens eine Klasse besser als Schalke. Eine gute Aktion reichte zum Siegtreffer. Danach verwalteten sie nur noch den Vorsprung. Viel zu spät erkannten die Knappen, dass Barca in seiner momentanen Verfassung anfällig ist.

"Haben uns einlullen lassen"

"Wenn man gegen Barcelona spielt, hat man Respekt. Ich hätte aber nicht gedacht, dass wir so großen Respekt haben", meinte Trainer Mirko Slomka. Und Christian Pander gestand: "Wir haben uns von dem Namen Barcelona einlullen lassen."

Dafür lieferte das Gegentor das beste Beispiel. Xavi genoss von Fabian Ernst Artenschutz und konnte den Ball in aller Ruhe in die Gasse spielen. Rafinha ließ Thierry Henry tatenlos einlaufen und Manuel Neuer flutschte der Ball auch noch aus der Hand. Der Rest war Krkic.

"Vor Situationen wie beim 0:1 haben wir gewarnt", meinte ein hilfloser Slomka. Seine Spieler spielten jedoch eine Stunde lang ganz nach dem olympischen Motto: Dabei sein ist alles. Sie schauten nur zu. Schalke erstarrte in Ehrfurcht.

Sechstes Spiel zu Null

Und nach dem Spiel war die Reflektion des (Nicht-)Geleisteten fernab von Realitäten. Neuer eierte rum: "Henry hat voll durchgezogen. Es war nicht ganz einfach, den Ball festzuhalten." Nicht einfach, aber unabdingbar. Das Gegentor muss sich der 21-Jährige ankreiden.

Nicht viel treffender war die Einschätzung von Heiko Westermann: "Wir haben ein Riesenspiel abgeliefert. Wenn wir in Barcelona ein solches Spiel wie in der zweiten Halbzeit hinlegen, dann werden wir ihnen alles abverlangen. Und dann mal sehen, wer weiterkommt."

Die Realität besagt jedoch, dass S04 sechs von neun Spielen zu Null gespielt hat. Wohl gemerkt: Auf der Haben-Seite. In der Vorrunde gab es nur Tore gegen Trondheim, dazu der Kuranyi-Treffer aus dem Hinspiel gegen Porto. Gegen Chelsea, Valencia, im Rückspiel gegen Porto und nun gegen Barcelona gab es nur Flaute. 

Kuranyi als Sinnbild

Sinnbildlich dafür: Kevin Kuranyi.

Gegen Barcelona war der Nationalstürmer einmal mehr abgemeldet und wurde nach 60 Minuten ausgewechselt - diesmal mit Handschlag für Slomka. Nach dem Spiel stahl sich Kuranyi mit tief ins Gesicht gezogener Kappe und starrem Blick wort- und grußlos an allen Journalisten vorbei.

Auch ihm dürfte aufgefallen sein, dass Schalke mit seiner Auswechslung und der Hereinnahme von Vicente Sanchez stärker geworden war. Slomka nahm ihn dennoch in Schutz: "Wegen seiner Krankheit im Januar hat er keine Vorbereitung gehabt. Dadurch fehlt ihm die Kraft. Ich wollte Kevin eine Pause gönnen."

In der Schlussphase warf Slomka dann auch noch Sören Larsen ins kalte Wasser. Larsen, der sein letztes Pflichtspieltor für Schalke im September 2006 gemacht hatte. Zwei Chancen hatte der Däne, zweimal vergab er.

Sanchez bringt Belebung

Die einzige positive Erkenntnis ist zugleich eine bittere: Mit schnellen, quirligen Spielern hatte Barca seine Probleme. Das sah man deutlich nach der Einwechslung von Sanchez. Höchst fragwürdig ist deshalb, warum Slomka in der Offensive auf Kuranyi, Halil Altintop, Pander und Gerald Asamoah setzte, Sanchez, Grossmüller und Lövenkrands aber zunächst draußen ließ.

Erst mit Sanchez ließ der S04-Coach ein waschechtes 4-3-3 spielen, später mit Larsen dann ein 4-2-3-1. Warum nicht früher?

Präsident Josef Schnusenberg hatte vor Wochen geäußert, dass Schalke einen Trainer mit internationalem Standing brauche. Vielleicht ist diese Erkenntnis nach diesem Spiel nun reif.

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