Der Königsweg durch die Königsklasse

SID
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© Getty

München/Liverpool - Fußball-Weltmeisterschaften werden ja gemeinhin als eine Art Messe für neue fußball-taktische Errungenschaften gesehen.

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Dem Sieger, beziehungsweise dem Sieger-Trainer, gesteht man letztlich zu, den heiligen Gral für perfekten Fußball gefunden zu haben.

Bricht man dieses Modell auf die Champions League herunter, lassen sich durchaus interessante Erkenntnisse ableiten.

Welches Team spielt den besten, oder sagen wir besser: erfolgreichsten Fußball in Europa?!

Der englische Fußball stellt drei der vier verbliebenen Teams. Alle liefern völlig unterschiedliche Antworten auf die Frage: Wie erreiche ich das Halbfinale der Königsklasse?

Das Chelsea-Modell

Die einfachste, wenngleich auch kostenintensivste Variante. Man nehme einen russischen Oligarchen, der die Million nicht zweimal umdrehen muss, bevor er sie ausgibt und schon kann es losgehen.

Mit Essien, Drogba, Cech, Carvalho, auch Ballack (und einigen mehr), reichen ein paar gute Griffe und schon steht man wieder mal im Halbfinale.

Wenig phantasievoll, zugegeben. Die Romantik bleibt auf der Strecke, aber erlaubt ist, was erfolgreich ist.

Letztlich kann man den ewigen Nörglern auch einfach entgegenhalten, dass mit Terry und Lampard zwei Säulen der Mannschaft schon da waren, als Roman Abramowitch noch ausschließlich in Sibirien nach Öl bohrte.

Bleibt die Frage, ob diese Mannschaft trotz oder wegen Avram Grant im Champions-League-Halbfinale steht. Bevor sie jetzt vorschnell antworten wollen: Jose Mourinho ist mit dem FC Chelsea nie über das Halbfinale hinausgekommen.

Das Liverpool-Modell

Dies ist vielleicht das undurchsichtigste Modell. Nebenbei: Auch dieses Projekt ist nicht günstig. Ansonsten braucht man einen Mathematiker auf dem Trainerstuhl und eine Mannschaft, die in der Lage ist, in 90 Minuten jeden Gegner der Welt zu bezwingen. Das ist Liverpool.

Da können dann auch schon mal die beiden Financiers erbittert über Kreuz liegen. Es ist eine nahezu typische Saison für Rafael Benitez.

Aus Meisterschaft und nationalen Pokalwettbewerben hat man sich rechtzeitig verabschiedet, der Champions-League gilt die volle Aufmerksamkeit. So war es 2005, da holte man den Pott. So war es vergangene Saison, da erreichte man das Finale.

Ein wesentliches Element in Liverpool ist natürlich auch das Stadion. Der Anfield-Faktor. Dass es den wirklich gibt, hat auch Jose Mourinho 2005 bestätigt. Er sagte nach dem 0:1 im Halbfinal-Rückspiel, durch das Phantomtor von Luis Garcia: "Das ist das einzige Stadion, dass auch Tore schießen kann."

Das ManUnited-Modell

In jedem Fall das zeitintensivste Modell. Seit nunmehr 22 Jahren bastelt, formt und entwickelt Sir Alex Ferguson. Einzigartig im europäischen Fußball. Mehrere Spielergenerationen machte er zur europäischen Spitzenklasse. Und die vorliegende Mannschaft ist die vielleicht beste, die er je hatte.

Die Breite im Kader sucht ihresgleichen, die Tiefe im Kader sucht ihresgleichen, die Qualität sucht ihresgleichen. Nicht im Hau-Ruck-Verfahren hochfrisiert, sondern sukzessive entwickelt über herausragende Nachwuchsarbeit und ein vorbildliches Scoutingsystem.

Dass man zudem den aktuell besten Fußballer der Welt in seinen Reihen weiß und über die vielleicht beste Form aller Halbfinalisten verfügt, ist der Sache sicherlich nicht abträglich.

Gibt's ein Katalanisches Modell?

Aber ja, man nimmt für sich gar in Anspruch, das Beste aus allen oben genannten Modellen zu vereinigen: langfristiges Denken und kurzfristiger Erfolg.

Ursprünglich mal auf rein ästhetische Gesichtspunkte angelegt, lässt sich das allerdings in dieser Saison nicht mehr so umsetzen, wie beispielsweise 2006, als das Modell seinen Zenit erreichte.

Wer nach Ursachen sucht, sollte ein wenig Zeit mitbringen. Vieles scheint dort im Moment in Bewegung: Rijkaard auf dem Sprung, Ronaldinho vor dem Abschied, Messi ständig verletzt. Barcas letztes Hallali vor dem strukturellen Umbruch.

Europas Granden laden zur Ausstellung und spätestens am 21. Mai in Moskau kennen wir dann den Königsweg durch der Königsklasse.

Bleiben Sie sportlich,

Ihr Wolff Fuss

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