Zaubernde Hedonisten

Von Haruka Gruber / Daniel Paczulla
Fabiano, Luis, Sevilla
© Getty

München - Als ob es den letzten Beweis bedarf, dass auf Schalke eine gewisse Nüchternheit eingekehrt ist.

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Der Revierklub erreicht mit nüchternem Fußball, nüchternen Siegen gegen Rosenborg und nüchternen fünf Toren erstmals die Runde der letzten 16 der Champions League.

Und allem Anschein nach nüchtern blickt der Verein Richtung Nyon, wo am Freitag die Achtelfinale-Paarungen der Königsklasse ausgelost werden (ab 12 Uhr im SPOX-LIVE-TICKER). Die erste seiner Art in der Klubhistorie - aber Vorfreude bei Trainer Mikro Slomka ist nicht zu verspüren.

Slomka ließ sich auf SPOX-Anfrage nicht mal einen Lieblingsgegner entlocken. Es passt ins Bild, dass die sportliche Führung mit ihm und Manager Andreas Müller in Nyon nicht zugegen sein wird und die Vereinsfarben von Präsident Josef Schnusenberg und Geschäftsführer Peter Peters vertreten werden.

Woher die Zurückhaltung? Immerhin winken Gegner der Kategorie Real Madrid, FC Barcelona und Manchester United. Oder dünkt es dem Verein, dass das Viertelfinale in Anbetracht der Hochkaräter schwer erreichbar ist? Motto: Bloß keine Hoffnung schüren?

Wie auch immer: Schluss mit den Spekulationen. Fakt ist, dass in den letzten vier Jahren, seitdem die UEFA das Achtelfinale eingeführt hat, immerhin acht Zweitplatzierte eine Runde weiterkamen. Und dass, obwohl diese das Rückspiel auswärts bestreiten müssen.

Schalke und seine sieben möglichen Gegner: Episoden zwischen Komplex und Metaphysik.

FC Porto

Selbst gegen den vermeintlich kleinsten Namen aus dem Topf der Gruppensieger ist Schalke nur Außenseiter. Nach einer dreijährigen Konsolidierungsphase ähnelt die aktuelle Mannschaft wieder dem Team von 2004, damals siegreich im Champions-League-Finale gegen Monaco. Spielort: Die Arena auf Schalke.

Die Parallelen zu heute: Genialer Kreativspieler (damals Deco, heute Ricardo Quaresma), spielstarkes Mittelfeld (Carlos Alberto, Maniche bzw. Lucho Gonzalez, Raul Meireles), torgefährlicher Südamerikaner (Derlei bzw. Lisandro Lopez), unbequeme Spielanlage.

Aussichten: Das wird nichts für Schalke. Die Namen in Portos Kader sind nicht besser als die der Schalker, wäre da nicht die Sache mit der mannschaftlichen Geschlossenheit. 

Real Madrid

Einfache Formel:
Schalke = stumpfer Sturm + ordentliche Abwehr
Real = starker Sturm + suizidale Abwehr

Alleine Raul (3) und Ruud van Nistelrooy (4) haben in der Champions-League-Saison zusammen häufiger getroffen als Schalke, dafür kassierte Real über doppelt so viele Gegentore (9 zu 4).

Aussichten: Reals Deutschland-Komplex (ein Sieg bei 22 Partien auf deutschem Boden) findet die 22. Fortsetzung, im Rückspiel geht Schalke jedoch ein.  

AC Mailand

Taktische Perfektion trifft auf Schalker Unausgegorenheit. Während Milan konsequent auf das 4-3-2-1 setzt, sucht Slomka noch immer die Idealformation.

Plus für Schalke: Die zwar ungefährlichen, aber zumindest schnellen Außenstürmer Lövenkrands und Altintop. Die Mailänder Abwehr ist, gelinde formuliert, nicht mehr die flotteste.

Aussichten: Zeigt Milan das hässliche zweite Gesicht aus der Serie A - wer weiß? Nur: Der Titelverteidiger ist in der Champions League furchterregend effektiv - und verfügt auch noch über einen gewissen Signore Inzaghi.

FC Barcelona

Nur ein Vorgeschmack auf die Matchups: Lionel Messi vs. Heiko Westermann. Andres Iniesta vs. Fabian Ernst. Yaya Toure vs. Carlos Grossmüller.

Manche mögen die Verteidigungsarbeit der Katalanen bemängeln, aber die kennen den Sturm der Schalker nicht.

Aussichten: Chancenlos.

Manchester United

Stabil vom Tormann bis zum Sturm. Kaum eine Mannschaft in Europa steht derart kompakt. Kuranyi kann gegen die Innenverteidigung Ferdinand/Vidic einpacken, genauso das Mittelfeld gegen Cristiano Ronaldo und Ryan Giggs.

Aussichten: Siehe Barcelona.

Inter Mailand

Gute Mischung aus arbeitenden Puristen (Walter Samuel, Esteban Cambisasso) und zaubernden Hedonisten (Zlatan Ibrahimovic, Luis Figo). Inter neigt trotzdem zur Überheblichkeit, wie beim 0:1 bei Fenerbahce gesehen.

Aussichten: Metaphysisch (Stichwort: der Geist von 1997). Hoffnung: Yves Eigenrauch und Mike Büskens werden reaktiviert.

FC Sevilla

Ähnlich wie Milan. National schwach, international wie ausgetauscht.

Erstaunlich, dass in der Königsklasse trotz der Unruhen durch den Trainerwechsel fünf Siege in Folge gelangen. Die Vorzüge des UEFA-Cup-Siegers: Überragender Sturm mit Kanoute und Luis Fabiano, unfassbar heimstark.

Aussichten: Obacht! Zur Abwechselung mal eine schwere, aber lösbare Aufgabe für Schalke. Der Kader ist gut, aber nicht überragend, in der Defensive geht es streckenweise vogelwild zu, zudem wirkt die Mannschaft seit dem tragischen Tod Antonio Puertas nicht gefestigt.

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