Zeit für echte Helden

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Krise hin, Krise her: In der Champions League braucht der VfB Stuttgart am Dienstag (20.45 Uhr im SPOX-LIVE-TICKER und bei Premiere) schlichtweg Punkte. Aber wie wollen die Schwaben gegen die Weltauswahl aus Barcelona bestehen, wenn sie schon gegen die eher hausbackene Elf aus Rostock mit 1:2 verlieren.

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Da helfen nur noch drei VfB-Legenden, drei alte Haudegen, drei echte Kultfiguren im Ländle.

Guido Buchwald, der Schwaben-Maradona, spielte elf Jahre (325 Spiele) in Stuttgart. Zur Legende wurde er spätestens, als er am letzten Spieltag der Saison 1991/92 den VfB mit seinem 2:1-Siegtreffer zum Meister machte.

Günther Schäfer, der Eisen-Günne, 17 Jahre VfB, 331 Spiele. Gleiches Spiel, gleiche Legende: Mit einem sensationellen Fallrückzieher kratze er einen Ball noch von der eigenen Torlinie und rettete damit den Sieg.

Karlheinz Förster, der Treter mit dem Engelsgesicht, 272 Spiele in neun Jahren - alle beim VfB. Seinen Spitznamen trug er freilich zu Unrecht. Nur eine Rote Karte in der gesamten Karriere: Förster war hart, aber fair.

Im Gespräch mit SPOX.com erzählen die drei aus ihrer aktiven Zeit und verraten, wie man Messi, Ronaldinho und Henry stoppen kann.

SPOX: Der VfB kriselt - und jetzt kommt Barcelona nach Stuttgart. Schlechter Zeitpunkt oder gute Chance?

Günther Schäfer: Stuttgart steckt momentan in einer sehr, sehr schwierigen Situation. Im Moment ist einfach irgenwie der Wurm drin. Aber gegen Barca hat man rein gar nichts zu verlieren, und darin liegt vielleicht die Chance.

Karlheinz Förster: Ich werde morgen im Stadion mit dabei sein und ich erwarte einen kleinen Befreiungsschlag vom VfB. Eben solche Spiele sind oft genau richtig, um wieder Selbstvertrauen zu tanken.

SPOX: Ist das nach den Auftritten des VfB in der letzten Zeit eher fester Glaube oder vage Hoffnung?

 Förster: Natürlich auch ein stückweit Hoffnung, denn wenn man sich den momentanen Alltag in Stuttgart vor Augen hält, dann könnte man schon denken, dass der Gegner gerade zur falschen Zeit kommt. Jeder rechnet mit einer Niederlage, sogar mit einer deutlichen Niederlage. Aber ich bin überzeugt, dass es anders kommt. Stuttgart hat nichts zu verlieren und viel zu gewinnen.

SPOX: Wie muss die Mannschaft von Armin Veh ins Spiel gehen, um überhaupt eine Chance zu haben?

Guido Buchwald: Barcelona ist eine der besten Mannschaften der Welt, bestückt mit sensationellen Spielern. Natürlich muss man da erst mal mit Kampf dagegen halten. Das erwarten auch die Zuschauer.

Schäfer: Das Wichtigste wird sein, aggressiv in die Zweikämpfe zu gehen - das, was der VfB in dieser Saison bislang eher hat vermissen lassen. Barcelona hat eine spielerisch unglaublich starke Mannschaft. Wenn man die überhaupt in irgendeiner Form schocken kann, dann nur mit der nötigen Portion gesunder Aggressivität.

SPOX: Stuttgart kassierte in der Bundesliga schon zwölf Gegentore, Barcelona hat einen Weltklasseangriff. Wie kann der VfB da bestehen?

Buchwald: Man darf Barca keine Räume lassen. Man muss kompakt stehen und vielleicht auch mal sehr tief stehen. Denn sobald die im Rücken der Abwehr auch nur etwas Platz haben, sind die mit ihrem unheimlichen Tempo und ihren technischen Fähigkeiten kaum mehr zu stoppen.

SPOX: Vor allem Lionel Messi hat einen unglaublichen Lauf. Wer kann den zur Zeit überhaupt stoppen?

Buchwald: Wenn ein Messi nur ein Stück Raum hat, kann ihn im Moment wohl kaum ein Abwehrspieler auf der Welt mehr halten. Im Eins-gegen-Eins wird man nie eine Chance haben. Deshalb muss immer jemand kommen, um im Raum zu doppeln.

SPOX: Aber mit zehn Mann um den eigenen Strafraum zu stehen, kann auch nicht des Rätsels Lösung sein...

Förster: Man darf sich auf keinen Fall nur hinten verbarrikadieren und warten bis es klingelt. Weil irgendwann schießen die dann einfach ihr Tor. Auf der anderen Seite darf man aber auch nicht ins offene Messer laufen. Denn dann wird man gnadenlos ausgekontert. Henry und Messi sind beides überragende Konterspieler.

SPOX: Wo und wie ist der FC Barcelona selbst verwundbar?

Buchwald: Das Umschalten von Defensive zu Offensive muss sehr schnell gelingen, denn gerade in der Abwehr hat auch Barca die eine oder andere Schwäche. Deshalb muss Stuttgart versuchen, auch das eigene spielerische Potential abzurufen. Ein Gomez ist immer für ein Tor gut, Cacau hat unheimlich Zug, und Bastürk - wenn er denn spielt - ist für jede Abwehr ein unangenehmer Spieler. Zumal Barca hinten durchaus Defizite in Sachen Schnelligkeit hat. Da ist schon was zu holen.

SPOX: Wie haben Sie persönlich sich früher auf solche Top-Duelle vorbereitet?

Schäfer: Ich selbst hatte ja mal das etwas zweifelhafte Vergnügen, gegen Diego Maradona zu spielen. Das war nicht wirklich von Erfolg gekrönt. (Schäfer spielte im UEFA-CUP-Finale 1989 mit Stuttgart gegen Maradona und sah nicht immer glücklich aus. Der Argentinier traf im Hinspiel zum 1:1. Am Ende gewann Neapel den Pokal, d. Red.) So außergewöhnliche Spieler kann man über 90 Minuten auch nicht komplett ausschalten, sondern höchstens ihren Aktionsradius etwas einschränken. Sicher wird man auch nicht unbedingt spielerisch glänzen. Man muss mit dem nötigen Ernst in die Zweikämpfe gehen. Nicht unfair, aber aggressiv.

 Buchwald: Ich persönliche habe mich vor solch großen Spielen immer sehr gewissenhaft vorbereitet und die Gegenspieler genau studiert: Wo sind ihre Stärken, auf welche Seite schlagen sie ihre Haken, welchen Fuß muss man zumachen. Entsprechend muss sich auch jeder gegen Barca individuell auf seine Aufgabe gründlich vorbereiten und die Gegner, mit denen er am häufigsten zu tun haben wird, genau kennen.

Förster: Solchen überragenden Fußballern, die nach Stuttgart kommen und denken, dass sie hier locker gewinnen, muss man 90 Minuten auf den Füßen stehen. Wenn die merken 'Mensch, die tun uns ja richtig weh', dann verlieren sie vielleicht die Lust. Wenn ich damals gegen einen Messi, Henry oder Ronaldinho gespielt hätte, dann hätte der 90 Minuten lang meinen Atem gespürt, bis er irgendwann entnervt aufgegeben hätte.  Jeder VfB Spieler muss mit dem Willen ins Spiel gehen, jeden einzelnen Zweikampf zu gewinnen und über die komplette Spielzeit alles zu geben - ansonsten: keine Chance.

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