Der deutsche Meister kapituliert

Von Andreas Allmaier / Thomas Gaber
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© Getty

München - Wenn ein Trainer im Anschluss an ein Fußballspiel in einem gut gefüllten Stadion mit sich und seinen Gedanken alleine bleiben will, dann ist das immer ein Zeichen für einen großen Triumph oder eine vernichtende Niederlage.

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Für Stuttgarts Armin Veh war nach dem 0:2 gegen Olympique Lyon (alle Highlights und die Reakionen bei SPOX.TV) ein solcher Moment der inneren Einkehr gekommen. Die Hände tief in den Taschen seines schwarzen Mantels vergraben, blieb der Meistercoach auch nach dem Schlusspfiff noch lange auf dem roten Trainerstuhl des Gottlieb-Daimler-Stadions sitzen und starrte auf den Rasen, auf dem seine Truppe soeben die siebte Niederlage im achten Pflichtspiel erlitten hatte.

"Das hatte keine besondere Bedeutung. Ich will jetzt nicht unbedingt sagen, was ich da gedacht habe", sagte Veh. Das Ergebnis seiner Gedankenspiele teilte er allerdings mit - die Kapitulation nach dem schlechtesten Start (drei Pleiten in drei Spielen, 1:6 Tore) eines deutschen Meisters seit Einführung der Champions League.

Konzentration auf den Abstiegskampf

"Wir haben nicht die Stärke, um in der Champions League mitzuspielen", analysierte Veh. "Das hat man heute wieder gesehen. Deshalb werde ich mich nicht hinstellen und sagen, wir haben noch eine theoretische Chance. Wir haben auch fast keine Chance mehr auf den dritten Platz. So bitter das auch ist. In solchen Situationen sagt man: Jetzt kann man sich wieder auf die Bundesliga konzentrieren."

Der VfB schreibt den europäischen Wettbewerb also nach drei Spieltagen ab - und auch in der Bundesliga (10 Punkte, Platz 14) geht der Blick nach unten.

"Momentan befinden wir uns im Abstiegskampf", konstatierte der blasse Spielmacher Yildiray Bastürk, der bei seiner Auswechslung in der 71. Minute vom Stuttgarter Publikum gnadenlos ausgepfiffen wurde.

"Seit Wochen nur auf die Fresse"

Kapitän Fernando Meira stellte seiner Mannschaft ein vernichtendes Zeugnis aus: "Im Moment ist das von allen zu wenig."

Torhüter Raphael Schäfer, gegen Lyon bester Stuttgarter, geht sogar davon aus, dass es "noch ein paar Wochen dauern wird, bis wir uns da unten rausgearbeitet haben". Es sei völlig normal, so Schäfer, dass "man nicht rausgeht und ein tolles Spiel abliefert, wenn man seit Wochen nur auf die Fresse bekommt".

Keine Alternativen auf der Bank 

Gegen Lyon war keiner in Sicht, der dem Wenigen ein Mehr hätte entgegensetzen können. Auf der Auswechselbank warteten lediglich die Nachwuchskicker Michael Langer, Andreas Beck, Peter Perchtold und Marco Pischorn sowie die derzeit indisponiert wirkenden Sami Khedira und Ewerthon. Ewerthons Kunst am Ball ist unumstritten, seine charakterlichen Eigenschaften sind hingegen äußerst fragwürdig.

Bevor der Brasilianer in der 72. Minute das Feld betreten durfte, zupfte er sich noch seelenruhig die dicken Wollhandschuhe zurecht und trabte anschließend wie ein ausrangiertes Dressurpferd über den Rasen. VfB-Maskottchen Fritzle legte zwischen 22.15 Uhr und 22.35 Uhr mehr Meter zurück als Ewerthon.

Falsche Transferpolitik

Für die Champions League, da kann man Veh nur Recht geben, ist das viel zu wenig.

Nun sind Verletzungen des Stammpersonals nie planbar. Aber der VfB Stuttgart hat nach dem Meistertitel in der vergangenen Saison wenig dagegen getan, dass der überraschende Erfolg nur eine Episode bleibt. Dass man auf dem Transfermarkt derartig moderat agierte, rächt sich jetzt.

In der Winterpause - das hat das Spiel gegen Lyon noch einmal ganz deutlich gezeigt - muss der VfB personell nachlegen. Sonst ist in einigen Monaten die Champions League zwar schon lange Geschichte, der Abstiegskampf aber noch brandaktuell.   

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