Schiedsrichter-Diskussionen nach FC Bayern - Hoffenheim: Man kriegt mehr für sein Geld

Thomas Müller und Bastian Dankert
© Getty

Nach dem Bundesligaauftaktsieg des FC Bayern München gegen die TSG Hoffenheim ging es vor allem um Schiedsrichter Bastian Dankert und seinen Videoassistenten Sascha Stegemann. Die Meinungen zu ihren Leistungen könnten unterschiedlicher und widersprüchlicher nicht sein.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Das hat sich a bisserl gezogen, geh", sagte der Österreicher David Alaba nach dem Spiel auf Österreichisch und er meinte damit natürlich die Unterbrechungen wegen des Videobeweises. Schon auf dem Platz gab es schließlich einiges zu besprechen und deswegen folgerichtig auch einiges nachzuspielen.

Man glaubt es kaum, aber einst hatte die bundesligaverfolgende Menschheit doch tatsächlich Angst um das Stammtisch-Potenzial ihrer Lieblings-Fußball-Liga. Die Älteren werden sich daran erinnern: im Sommer 2017 war das, kurz bevor in der Bundesliga der Videobeweis eingeführt wurde. In der Zwischenzeit hat sich die Erkenntnis herauskristallisiert, dass die Einführung das Stammtisch-Potenzial nur erhöht hat. Es lässt sich nämlich nicht nur darüber streiten, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war. Nein, auch darüber, ob der Videoassistent eingreifen sollte oder nicht.

Nach dem ersten Spiel des ersten Spieltags der zweiten Videobeweis-Saison wurden beide Möglichkeiten in aller Ergiebigkeit ausgeschöpft. Sicherlich auf vielen bis allen Stammtischen, aber vor allem auch in der Mixed Zone der Münchner Allianz Arena.

Hoffenheims Havard Nordtveit verursachte mit seinem Tackling den Elfmeter für den FC Bayern.
© getty
Hoffenheims Havard Nordtveit verursachte mit seinem Tackling den Elfmeter für den FC Bayern.

Havard Nordtveit: "It's no penalty. Finished."

Ihren Anfang nahmen die Diskussionen in der 78. Minute, als Franck Ribery von der linken Seite in den Hoffenheimer Strafraum lief. Sein Gegenspieler Havard Nordtveit ging schnell zu Boden und blockierte Riberys Weg, ohne den Ball zu spielen. Ribery hob sehr früh ab, womöglich zu früh. Dankert entschied auf Elfmeter, eine strittige aber wohl keine ganz offensichtlich falsche Entscheidung. Deshalb griff der Videoassistent nicht ein. So zumindest die offizielle Beweisführung.

Als der vermeintliche Foulspieler, der Norweger Nordtveit, im Anschluss darauf angesprochen wurde, sagte er zunächst, er würde sich wohler fühlen, wenn er seine Ansichten auf Englisch artikulieren dürfte, was er natürlich auch durfte. Also erklärte er: "It's no penalty. Finished." Er hätte Dankert sogar extra gebeten, doch bitte die Bilder in der Review Area anzusehen, aber dieser habe ihm nur geantwortet: "Havard, no." Nach entsprechender Ansicht, war sich Nordtveit sicher, hätte Dankert seine Entscheidung zurückgenommen. "If he saw this again, he would think twice before he puts his finger on the Elfmeterpunkt." Resignierend zuckte er noch mit den Schultern und blieb im Deutschen: "Aber so ist das Leben."

Leon Goretzka: "Nicht unbedingt Werbung für den Videoschiedsrichter"

Der vermeintlich Gefoulte Ribery selbst wollte sich zu der Szene nicht äußeren, dafür aber noch einige andere. Und das irgendwie ein bisschen Lustige daran war, dass eigentlich jeder eine andere Meinung hatte. Die Beweisführungen waren teils interessant. Hoffenheims Nico Schulz etwa meinte: "An einem Tag wie heute, an dem der Videobeweis so oft zum Einsatz gekommen ist, hätte er auch hier zum Einsatz kommen können." Tenor: Wenn schon, denn schon.

Kimmich erklärte: "Soweit ich weiß, werden alle Situationen nachgeprüft. Ich denke, dass auch der Elfmeter nachgeprüft wurde." Dann urteilte Kimmich noch, dass der Videobeweis "heute insgesamt gut funktioniert hat". Er ging, wenige Sekunden später kam Leon Goretzka am selben Ort an und meinte: "Das war insgesamt, sehr, sehr unglücklich und nicht unbedingt Werbung für den Videobeweis." Bayern-Trainer Niko Kovac hätte den Elfmeter übrigens "nicht gegeben". Sein Gegenüber Julian Nagelsmann schon gar nicht: "Ich weiß nicht, wo die Herren in Köln da waren. Offenbar noch nicht auf ihrem Platz."

Alexander Rosen: "Videobeweis bei der WM eine wunderbare Einrichtung"

Hoffenheim-Manager Alexander Rosen erinnerte sich wehmütig an die WM zurück, bei der der Videobeweis größtenteils recht problemlos funktionierte. Trotz aller Internationalität. "Da gab es zum Beispiel einen leitenden Schiedsrichter aus Simbabwe, einen vierten Offiziellen aus Saudi-Arabien, im Videoraum saß einer aus Uruguay, und der Videobeweis wurde trotzdem zu dem gemacht, was er sein soll: eine ganz wunderbare, sinnvolle und gerechte Einrichtung", lobte Rosen, um mit finsterem Blick anzufügen: "Und dann haben wir hier das, was wir heute haben." Eine "innovative" Idee wäre es seiner Meinung nach deshalb, zur Besserung künftig Schiedsrichter aus dem Ausland einzusetzen. Es war offensichtlich: Rosen fand die Elfmeter-Entscheidung gar nicht gut.

Und sie war ja nur die erste von drei strittigen Szenen. Den fälligen Elfmeter ließ Dankert nach Ansicht der Bilder in der Review Area wiederholen, weil sowohl Bayern- als auch Hoffenheim-Spieler zu früh in den Strafraum gelaufen waren. Wenig später verwehrte er einem vermeintlichen Tor von Leon Goretzka ebenfalls nach dem Gang in die Review Area die Anerkennung, weil der Ball wohl von Thomas Müllers Arm abgefälscht worden war. Rosen erklärte: "Die Handregel kapiere ich sowieso nicht." Aber es waren beides letztlich vertretbare Entscheidungen.

Thomas Müller: "Jetzt kriegt man mehr für sein Geld"

Für Müller war der einzige Fehler des Schiedsrichtergespanns, "dass Kasim Adams keine Gelb-Rote Karte bekommen hat". Gelb vorbelastet hätte der Hoffenheimer Verteidiger mehrmals "seine Hand im gegnerischen Gesicht gehabt" und auch "seinen Fuß reingehalten". Nach österreichischen, deutschen und englischen Ausführungen gab es von Müller schließlich auch noch eine lateinische. "Summa summarum haben wir den Videobeweis und er wurde heute ordentlich umgesetzt."

Und eine generell positive Auswirkung habe er ohnehin - nicht nur für die Stammtisch-Fans, sondern auch für die im Stadion. "Es wird immer über die hohen Ticketpreise gesprochen und so haben wir eine automatische Zeitverlängerung", erklärte Müller. In der ersten Halbzeit wurden schließlich fünf Minuten nachgespielt und in der zweiten gar sechs. "Jetzt kriegt man mehr für sein Geld. Schöner geht es ja gar nicht."

Artikel und Videos zum Thema