BVB bangt nach Mainz-Pleite weiter um die Champions League: Die Saison in 90 Minuten

Der BVB verlor nach schwacher Leistung verdient gegen Mainz.
© Getty

Borussia Dortmund hat bei der 1:2-Niederlage gegen den 1. FSV Mainz 05 eine "Leistung zum Schämen" gebracht, wie es Sportdirektor Michael Zorc treffend auf den Punkt brachte. Das Saisonziel Champions-League-Qualifikation ist weiter in Gefahr - so wie es BVB-Trainer Peter Stöger schon vor Wochen prognostizierte.

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Das Vorspiel war traurig, aber er hat es sich natürlich trotzdem nicht nehmen lassen. Alles andere wäre auch absurd gewesen. Nach 16 Jahren in Diensten von Borussia Dortmund ließ sich Roman Weidenfeller von und auf der Südtribüne feiern - das hatte er sich nach dieser von Höhen und Tiefen geprägten Epoche redlich verdient.

Als sich der Torhüter nach dem Ende einer ernüchternden Vorstellung Richtung BVB-Fans aufmachte, trotteten seine Mitspieler zunächst sachte mit. Die Gelbe Wand signalisierte durch ein gellendes Pfeifkonzert aber schnell: Außer Weidenfeller könnt ihr alle gehen.

Das taten sie dann auch. Manche Spieler gingen gar so weit, vorzeitig in die Katakomben zu flüchten und das Dortmunder Urgestein auf seiner Ehrenrunde allein zu lassen, während der konsternierte Rest mit Sicherheitsabstand beobachtete, wie in Weidenfeller ein Mann bejubelt wurde, den so vieles auszeichnet, was dem aktuellen Mannschaftsgefüge zu fehlen scheint. Der Weltmeister Weidenfeller hat Dortmund als Stadt und Verein aufgesaugt, man hat sich gegenseitig mit Leidenschaft und Emotion infiziert.

BVB - ein Team voller Zwiespältigkeit und Unausgewogenheit

Diese Trennung - der eine Teil des Teams auf dem Feld bei Weidenfeller, der andere bereits in der Kabine - ist symbolträchtig für die Zwiespältigkeit innerhalb einer kaum intakten Mannschaft. Und sie belegt auch Weidenfellers Blick auf die Dinge, der vor Wochenfrist in einem Interview mit der Funke Mediengruppe noch einmal Einblicke in die mannigfaltigen Probleme beim BVB gab.

"Selbst in der Kabine war es in diesem Jahr nicht leicht. Dort muss in Zukunft wieder Disziplin herrschen, genau wie auf dem Platz. Jedem Spieler muss klar sein, dass er sich an die Regeln halten muss egal, welchen Status er hat, das ist ganz wichtig", sagte Weidenfeller. Und weiter: "Mentalität schlägt Talent. Man darf sich nicht nur von der Qualität der Spieler blenden lassen. Ich appelliere an jeden einzelnen Spieler: Talent allein reicht nicht aus. Man muss sich die Dinge jeden Tag erarbeiten, alleine und auch im Team. Dann kann man auch die großen, wichtigen und schwierigen Spiele gewinnen."

Damit hat Weidenfeller nun kein herausragendes Geheimnis ausgeplaudert. Wer aber noch Zweifel an der Unausgewogenheit des Teams hegte, der konnte sie am Samstagnachmittag in 90 Minuten am lebenden Objekt beobachten.

Zorc faucht: "Eine Leistung zum Schämen"

Auch der künftige Berater Matthias Sammer, im Stadion neben Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke platziert, durfte sich final davon überzeugt haben, dass in Dortmunds Truppe schon lange kaum mehr etwas stimmt.

"Das war eine Leistung zum Schämen - und mehr möchte ich nicht sagen", fauchte Sportdirektor Michael Zorc und verschwand. "Mainz ist so aufgetreten, wie man sich eben präsentiert, wenn man etwas ganz, ganz Großes, etwas ganz Wichtiges erreichen möchte. Das hatten sie uns voraus. Das haben wir nicht gebracht. Das war von unserer Seite ganz einfach zu wenig", äußerte Trainer Peter Stöger.

Eine Erklärung für den gerade im Vergleich zu den beiden vergangenen Auftritten eklatanten Leistungseinbruch hatte der Coach nicht parat. Er würde aber zu dieser Saison passen, meinte der Österreicher.

Prognose von BVB-Trainer Stöger tritt ein

Da hat er zweifelsohne Recht und nimmt man es genau, hat sein Team gegen Mainz die verkorkste Spielzeit in die 90 Minuten gepackt - weil sie noch symbolischer waren als das dramatische 4:4 im Derby gegen Schalke.

Schließlich zeigte der BVB unter Peter Bosz lediglich sieben gute Bundesligapartien. Die restlichen 26 brachten viel biedere Kost, wenngleich Stöger größtenteils zufriedenstellende Ergebnisse einheimste. Die unvorhersehbare Wankelmütigkeit des fahrigen Teams war es jedoch, an der sich viel Kritik entzündete.

Und so fehlte auch gegen Mainz das, was Dortmund einst auszeichnete: Esprit, Leidenschaft, Zweikampfhärte, Tempo, Kreativität, Spielfreude, Spritzigkeit. Letztlich trat genau das ein, wovon der längst bemitleidenswerte Stöger nach den immer gleichen Fragen der letzten Monate schon früh sprach: dass der Kampf um die Qualifikation zur Champions League bis zum Schluss spannend sein werde.

Allerdings ist er das fast nur noch theoretisch. Leverkusen muss im Heimspiel gegen Hannover aufgrund des schlechteren Torverhältnisses mindestens sechs Treffer gegenüber dem BVB aufholen (die Höhe des Ergebnis' hängt vom Ausgang des BVB-Spiels in Hoffenheim ab). Die Borussia gastiert in Hoffenheim, das einen Sieg mit zwei Toren Unterschied benötigt, um Dortmund noch zu überholen. Oder anders ausgedrückt, gerade in diesen undurchsichtigen Dortmunder Zeiten: Den Westfalen reicht eine Niederlage mit einem Tor Unterschied, um bald wieder Champions League zu spielen.

BVB muss sich Vertrauen neu erarbeiten

Es sieht also weiterhin machbar aus für die Schwarzgelben, das letzte verbliebene Saisonziel zu erreichen. Dass ein Einzug in die Königsklasse nach der permanenten Unruhe rund um den Klub und den zahlreichen schwachen Vorstellungen durchaus schmeichelhaft daher käme, ist wohl selbst dem letzten Optimisten nicht verborgen geblieben.

Es wäre ein Jahr nach dem DFB-Pokalsieg und dem kurz darauf verkündeten Aus von Thomas Tuchel die zweite Spielzeit in Folge, an der am Ende bei allen Beteiligten mehr Ernüchterung als Freude stünde. Unabhängig vom - um mit Stöger zu sprechen - mit Spannung erwarteten Auftritt in Sinsheim wird diese Saison vor allem der Ausgangspunkt dafür sein, Borussia Dortmund für die Zukunft neu aufzustellen.

Klar ist dabei, das haben die letzten 90 Minuten im Signal Iduna Park in dieser Spielzeit gezeigt: Der gesamte BVB, von der Mannschaft über die Funktionäre bis zu den Fans, muss sich gegenseitiges Vertrauen wieder neu erarbeiten. Dass es Weidenfeller am Ende seiner Ehrenrunde doch noch schaffte, eine La-Ola-Welle mit seinen Mannschaftskameraden ohne Pfiffe von der Südtribüne anzuzetteln, sollte jedoch nicht als erster positiver Fingerzeig verstanden werden.

Die Bilanz der letzten vier Begegnungen: Hoffenheim - BVB

DatumHeimGastErgebnis
16.12.2017Borussia Dortmund1899 Hoffenheim2:1
06.05.2017Borussia Dortmund1899 Hoffenheim2:1
16.12.20161899 HoffenheimBorussia Dortmund2:2
28.02.2016Borussia Dortmund1899 Hoffenheim3:1
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