So kann auch Plan B nicht funktionieren

Der BVB hat die vergangenen beiden Heimspiele verloren
© getty

Die Schwächephase von Borussia Dortmund hält an. Bei der 1:3-Niederlage gegen den FC Bayern München änderte Trainer Peter Bosz seine Grundformation. Die großen Defensivprobleme des BVB blieben jedoch bestehen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Der Fernsehsender Sky versuchte vor der Partie, aus Peter Boszs Augen abzulesen, ob der Coach des formschwachen BVB seine Grundformation gegen den formstarken FC Bayern verändern würde. Bosz wollte unmittelbar vor Anpfiff nichts darüber verraten und riss zur Hilfestellung die Augen weit auf.

Da es ja aber keine Augenleser gibt, war daraus auch nichts zu interpretieren. Der vielbeschworene Plan A - hohes Pressing im typisch niederländischen 4-3-3-System - hatte Dortmund in den letzten vier Wochen kein Glück gebracht. Gegen die Bayern nahm Bosz tatsächlich Änderungen vor, am unglücklich-desolaten Auftreten seiner Elf änderte das aber nichts.

Der Plan B des Niederländers sah eine Mischung aus 4-4-2 und 4-2-3-1 vor. Das Gegenpressing wurde etwas dosierter eingesetzt, höhere Kompaktheit rückte in den Fokus. Personell bedeutete das: Shinji Kagawa lief zusammen mit Pierre-Emerick Aubameyang die Abwehrformation des Rekordmeisters früh an, im Mittelfeld agierten Julian Weigl und Gonzalo Castro meist gemeinsam auf einer Höhe gegen den Ball.

BVB: Dreiklang an Unzulänglichkeiten

"Bayern München war vor allen Dingen in der ersten Halbzeit die klar überlegene Mannschaft", musste Bosz nach der Partie formulieren, die die Münchner verdient mit 3:1 für sich entschieden. "Wir sind nur hinterhergelaufen und waren immer zu spät. Wir haben uns vorgenommen, sehr kompakt zu spielen, das hat aber nicht geklappt in der ersten Halbzeit."

So verpuffte Boszs Plan recht schnell. Besonders in den ersten 45 Minuten zeigte sich sein Team defensiv genauso anfällig wie mit Plan A in den Partien der jüngeren Vergangenheit. Das sollte für den BVB, der nun zum ersten Mal seit dem Jahreswechsel 2005/2006 in vier Bundesligaspielen in Serie mindestens zwei Gegentore kassierte, alarmierend sein.

Es ist ein Dreiklang an Unzulänglichkeiten, der die Dortmunder zuletzt befallen hat: Form, Konzentration und Qualität stimmen nicht beim BVB. Die besonders im Abwehrverbund enge Personallage erweist sich als tödlich für den Pokalsieger, ebenso die verheerende Chancenverwertung.

Bosz klagt: "Das darf nicht passieren"

15 zu zehn Torschüsse pro BVB wies die Statistik am Ende aus, doch der Spielverlauf suggerierte in kaum einer Phase, dass die Borussia diese Partie gewinnen könne. Dies lag vor allem an den Defensivschwächen, die teilweise erneut eklatant auftraten - und das eben nicht nur deshalb, weil Dortmund unter Bosz hoch verteidigt.

"Auf diesem Niveau kann man nicht so verteidigen, wie wir es heute getan haben. Wir waren zu weit weg vom Mann und erst dann hingegangen, wenn er den Ball schon bekommen hat. Auch die Räume, die die Gegenspieler innerhalb des Sechzehners bekommen haben, das darf nicht passieren", monierte Bosz.

Vielmehr geht es um Basiselemente, die momentan falsch gemacht werden. Ömer Toprak muss vor dem 0:1 hinaus auf Torschütze Arjen Robben schieben und ihn am Schuss hindern. Beim 0:2 stehen die Westfalen, die zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Behandlung von Sokratis zu zehnt spielen, im Strafraum mit drei Mann gegen Robert Lewandowski.

Nächster BVB-Härtetest, wieder drei Gegentore

Situationen wie diese sollte man zwingend verteidigt bekommen - aber ist das in der derzeitigen Zusammensetzung auch möglich? Toprak hat bislang noch nicht nachgewiesen, eine Verstärkung zu sein. Marc Bartra, den Bosz zuletzt mehrfach gegenüber Jeremy Toljan vorzog, verkörpert als Rechtsverteidiger nur Durchschnitt.

Auch Julian Weigl, der am Donnerstag davon sprach, dass seine höhere Position im Mittelfeld für ihn anfangs "sehr ungewohnt" war, steht mit Boszs Herangehensweise weiter auf Kriegsfuß. Der Nationalspieler agiert nicht mehr so klar und mit dem Spiel vor sich aus dem defensiven Mittelfeld heraus. Unter Thomas Tuchel war Weigl defensiv vor allem für die Absicherung der vorderen Mitspieler zuständig - unter Bosz drückt den BVB hier der Schuh.

Auch Pierre-Emerick Aubameyang, seit mittlerweile sechs Pflichtspielen ohne Treffer, schafft es kaum noch, sich in Szene zu setzen. Die Situationen, in denen er seine Geschwindigkeit ausspielen kann, sind seltener geworden. Der Gabuner muss häufig mit dem Rücken zum Tor agieren, was deutlich nicht zu seinen Stärken zählt.

Und so standen am Ende erneut drei Gegentore in einem Dortmunder Härtetest, so wie zuvor schon nach den Begegnungen gegen Tottenham, Real Madrid und RB Leipzig. Dortmunds Entwicklung unter Bosz hat bislang zwei Richtungen angenommen: Zu Saisonbeginn schnellte die Kurve in die Höhe, seit Anfang Oktober fällt sie mit demselben Tempo ab.

Bosz bleibt weiter optmistisch

Daher vertrauen die Verantwortlichen auch darauf, dass die starke Anfangsphase als Beweis dient, es in der Zukunft wieder besser hinzubekommen. Dies scheint die spannende Frage des BVB unter Bosz zu sein: Wo liegt die Wahrheit, welches Dortmunder Gesicht ist das wahre?

Darüber werden schon die nächsten Spiele Aufschluss geben, denn es geht brisant weiter. Nach der Länderspielpause gastiert der BVB am 17. November beim in diesem Jahr vor heimischen Publikum noch ungeschlagenen VfB Stuttgart. Eine Woche später kommt Schalke 04 zum Revierderby nach Dortmund.

Diese Partien sollte Bosz mit dem BVB erfolgreich gestalten, damit nicht noch mehr Druck auf dem Kessel ist und der besorgniserregende Trend der letzten Wochen umgekehrt wird.

Der Niederländer bleibt weiter optimistisch: "Wir haben noch sechs Monate in der Bundesliga. Wir werden versuchen, dass wir zurückkommen. Anfang der Saison haben wir gezeigt, dass wir eine gute Mannschaft haben und mit den Räumen in unserem Rücken besser spielen können. Ich glaube auch nicht, dass einigen Spielern die Qualität auf diesem Niveau fehlt. Das haben wir ja zu Beginn der Saison gezeigt."

Artikel und Videos zum Thema