Kumpel und Malocher

Von Sebastian Schuch
Schalke 04 startete erfolgreich in die neue Saison
© Getty

Schalke 04 schlägt RB Leipzig am ersten Bundesligaspieltag mit 2:0 und darf auf eine erfolgreiche Saison hoffen. Domenico Tedesco hat seine Mannschaft richtig eingestellt und seine Spieler setzen die Vorgaben perfekt um. Ein Allheilmittel ist die Taktik allerdings nicht.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Ziemlich genau elf Monate ist es her, da lag Schalke 04 am Boden. Nach fünf Niederlagen zum Saisonstart war die Anfangseuphorie um den neuen Trainer Markus Weinzierl schon wieder verflogen und Tristesse machte sich, wie so oft in den vergangenen Jahren, im königsblauen Umfeld breit.

Nach dem ersten Spieltag der Saison 2017/18 ist die Aufbruchstimmung rund um die Veltins-Arena größer denn je. Vorjahres-Vizemeister RB Leipzig wurde hochverdient mit 2:0 geschlagen, der Sieg lässt das Schalker Umfeld auf eine erfolgreiche Saison hoffen.

Schalke spielt diszipliniert

Nominell schickte Tedesco die Knappen im 3-4-3 aufs Feld, realtaktisch war es allerdings eher ein 3-4-2-1 oder ein 3-5-2. Dabei hielten die Spieler konsequent ihre Position und ließen durch geschicktes Verschieben nur wenige Räume zu. "Wir haben die Pass- und Laufwege zugestellt", konstatierte Tedesco auf der Pressekonferenz. Die Folge: Leipzig konnte den aus der Vorsaison gewohnten Tempofußball nicht aufziehen. Dadurch kam die Schalker Defensive nur selten in Bedrängnis.

Beleg hierfür ist, dass trotz 65 Prozent Ballbesitz für Leipzig über 50 Prozent des Spiels im Mittelfeld stattfanden, nur deren 30 im Drittel der Schalker. Kam RB mal in diesen Bereich, war größtenteils schon an der Strafraumgrenze Schluss. Mit Naldo und Matija Nastasic führten bezeichnenderweise zwei Schalker Abwehrspieler die wenigsten Zweikämpfe bei Königsblau.

Zudem musste Ralf Fährmann in 90 Minuten lediglich drei Schüsse parieren. Gegen die Roten Bullen, die in der Vorsaison noch die drittmeisten Tore erzielten, ist das Beleg für eine überragende Defensivleistung.

Mannschaftliche Geschlossenheit

Schalke scheint zu den Wurzeln als "Arbeiterverein" zurückgekehrt zu sein. "Gegründet von Kumpeln und Malochern" hieß es auf dem Banner, das die Spieler nach dem Abpfiff in die Kurve hielten. Kumpel und Malocher. Wohl seit den legendären Eurofightern hat diese Bezeichnung auf den Schalker Kader nicht mehr derart zugetroffen wie auf die Knappen-Elf des ersten Spieltags.

Wie gut sich Tedescos Schützlinge verstehen, zeigten vor allem die Szenen nach den beiden Toren. Bentaleb feierte sein erstes Saisontor per Foulelfmeter gemeinsam mit Torhüter Ralf Fährmann, der nach der Partie erklärte, dass die beiden im Training oft an den Elfmeterkünsten des Algeriers feilen würden. Yevhen Konoplyanka und Thilo Kehrer packten nach dem 2:0 einen lässigen Handshake aus.

Unterstrichen wurde die mannschaftliche Geschlossenheit aber auch während der Partie. Verlor beispielsweise Leon Goretzka einen Zweikampf, war Nabil Bentaleb sofort zur Stelle, um seinen Mitspieler zur Seite zu eilen. Diese beiden Namen stehen exemplarisch für jeden Akteur im Schalker Aufgebot.

Exemplarisch für das "neue" Schalke stehen auch Tedescos Aussagen nach der Partie: "Nicht nur die ersten Elf haben einen Anteil am Sieg, auch die Eingewechselten und die, die nicht zum Einsatz gekommen sind." Das gilt für Breel Embolo, der nach 308 Tagen Verletzungspause wieder im Kader stand, ebenso wie für Benedikt Höwedes, der zum ersten Mal seit April 2016 nicht startete, obwohl er im Kader war. Dafür habe der Ex-Kapitän die Mannschaft in der Kabine "gepusht". Höwedes scheint Schalke trotz seiner Degradierung zu leben.

Bedingungsloser Einsatz

Diese Leidenschaft attestierte Tedesco seiner gesamten Mannschaft nach dem Spiel gegenüber Sky. Von "kämpferisch ans Limit gegangen" sprach Sportvorstand Christian Heidel. Aussagen, die von den Spielern zuvor auf dem Platz unter Beweis gestellt wurden. Egal ob Kehrer, Bentaleb oder Franco di Santo, jeder Spieler warf sich mit allem, was er hatte, in die Zweikämpfe.

Dass davon letztlich nur 48 Prozent gewonnen wurden, interessierte schon Minuten nach Schlusspfiff keinen mehr. Im Gegensatz zur vergangenen Saison wurden gegen Leipzig zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Zweikämpfe gewonnen. "Wir haben uns den Sieg erarbeitet", stellte Tedesco fest.

Tedescos Matchplan geht auf

Erarbeitet hatte Tedesco im Vorfeld der Partie auch einen Matchplan. Wie dieser gegen vermeintlich größere Teams aussehen kann, hat man am Beispiel von Leipzig perfekt gesehen. Kompakt stehen, mit Kontern vereinzelte, tiefe Nadelstiche setzen und idealerweise die entscheidenden Tore erzielen.

Gegen RB ging dieses Vorhaben auf. Di Santo holte nach einem Gegenstoß gegen Dayot Upamecano den Elfmeter zum 1:0 heraus. Das 2:0 fiel nach einem Leipziger Einwurf tief in der Schalker Hälfte. Amine Harit schaltete nach einem Ballverlust von Konrad Laimer gedankenschnell um und schickte Konoplyanka zum entscheidenden Treffer auf die Reise.

Schalke muss Leistung bestätigen

Schon am kommenden Sonntag bei Hannover 96 (18 Uhr im LIVETICKER) kann Tedescos Matchplan ganz anders aussehen. "Vom heutigen Spiel auf andere Spiele zu schließen, wäre fahrlässig", sagte der 31-Jährige.

Die Ausgangslage wird am zweiten Spieltag auch eine andere sein. Schalke geht als klarer Favorit in die Partie gegen den zu Saisonstart ebenfalls siegreichen Aufsteiger. Hannover wird vermutlich nicht versuchen das Spiel zu machen, sondern tief stehen und auf Konter lauern. Genau wie Schalke gegen Leipzig.

Die Knappen müssen bei 96 die gegen RB gezeigte Leistung bestätigen - und Tedesco beweisen, dass das "neue" Schalke auch mit viel Ballbesitz erfolgreich ist. Sonst könnten Aufbruchstimmung und Euphorie ganz schnell in Tristesse und Unmut umschlagen. Auf Schalke geht das bekanntermaßen besonders schnell.

Artikel und Videos zum Thema