Ist das jetzt wieder Bayern-like?

Niklas Süle erzielte das 1:0 für den FC Bayern gegen Bayer Leverkusen per Kopfball
© Getty

Der FC Bayern München setzt seine Serie zum Saisonauftakt fort und startet mit einem 3:1-Sieg gegen Bayer Leverkusen. Das Spiel offenbart aber auch, dass die Münchner die Probleme der Vorbereitung mit in die Saison nehmen. Wie holprig wird der Start in den nächsten Wochen?

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Hasan Salihamidzic wirkt immer etwas aufgekratzt. So auch nach seinem ersten Bundesligaspiel als Sportdirektor des FC Bayern München am Freitagabend. Es war jetzt nicht ganz klar, ob seine Unruhe in diesem Moment noch vom Spiel her rührte, bei dem er sich mehrmals beim Vierten Offiziellen erregte, oder von seinem Auftritt im Fernsehstudio beim ZDF, wo er der kritischen Analyse seines Ex-Kollegen Oliver Kahn lauschen musste.

Auf jeden Fall dauerte es nicht lange, bis sich Salihamidzic genötigt sah, auch in der Mixed Zone gleich mal dazwischen zu hauen, wie Uli Hoeneß vielleicht sagen würde. "Was waren die positiven Sachen, das wollen wir wissen", entgegnete Salihamidzic auf die Frage, wo denn die größten Defizite im Spiel des FC Bayern gegen Bayer Leverkusen gelegen hätten. "Ich finde nicht gut, dass ihr nur negativ draufhaut."

Brazzos rosarote Brille

Auch Salihamidzic weiß, dass nach einem Spiel, dazu noch nach einem gewonnenen, keiner auf den FC Bayern "draufhauen" wird. Aber ein paar Fragen zum Spielverlauf und zu auffälligen wie ungewöhnlichen Statistiken sollten dann schon noch erlaubt sein.

Immerhin gab Leverkusen als Auswärtsteam in München 19 Torschüsse ab, sechs mehr als die Bayern. Dazu hatte Bayer die bessere Passquote und beim Ballbesitz mussten sie sich nur minimal geschlagen geben. Man muss schon weit zurückgehen, um ein Bundesligaspiel zu finden, in dem den Bayern ihre Dominanz derart abhanden gekommen ist.

Die Münchner können sich natürlich darauf berufen, dass sie mehr Tore geschossen und das Spiel am Ende trotzdem gewonnen haben. "Und darum geht es in diesem Spiel", sagte Salihamidzic, dessen Strategie in seinen ersten Wochen der Blick durch die rosarote Brille ist und der kritische Fragen mit Phrasen begegnet und sie dann lächelnd einfach wegschiebt.

Bayern wie in alten Tagen

Sieg, drei Punkte, fertig, Mund abputzen, weitermachen. Das klingt schon sehr nach diesem alten Mia-san-mia-Denken, das Hoeneß bei der Vorstellung Salihamidzic' so deutlich betont hat und das in schon fast vergessenen Tagen auch Bayern-like war. Aber es klingt nach Jahren erdrückender und beeindruckender Dominanz eben auch ungewohnt und hausbacken.

Gewiss, es gibt gute Gründe, warum den Bayern zum Auftakt keine Gala gelungen ist wie in den vergangenen Jahren. Zum einen waren nicht die Lemminge aus Hamburg oder Bremen zu Gast, wobei auch Bayer in München eine Schreckensbilanz vor sich her trägt.

Zum anderen stecken die Bayern trotz des Trainingsauftakts Anfang Juli nach der Asienreise und den vielen Späteinsteigern irgendwie noch in der Vorbereitung und es fehlen wichtige Spieler verletzt (Neuer, Thiago, Martinez, Boateng, James, Bernat) oder haben aufgehört (Lahm, Alonso).

"Es ist klar, dass wir noch nicht bei 100 Prozent sind, das ist völlig normal", gab auch Salihamidzic zu. Aber es war dann schon sehr mutig formuliert, als er meinte: "Es läuft alles nach Plan."

Bayern-Spieler zeigen sich selbstkritisch

Es kann eigentlich nicht der Plan des FC Bayern sein, einen Gegner wie Leverkusen im eigenen Stadion zu sechs, sieben hochkarätigen Chancen einzuladen und sich offensiv selbst auf die neu gewonnene Stärke bei Standardsituationen zu verlassen. Die guten Möglichkeiten aus dem Spiel hatten die Bayern erst, als Leverkusen aufmachte und Bayern kontern konnte, was auch nicht immer gut gelang.

Deutlich kritischer gingen die Spieler mit ihrer Leistung um. Während die erste halbe Stunde noch als "ganz gut" (Thomas Müller) durchging, bemängelten sie in der Folge unisono fehlende Kompaktheit, mangelnde Konzentration und zu viele leichte Fehler.

"Wir haben früh getroffen und dann haben wir nicht gut verteidigt. Wir haben zwischen den Linien zu viel Platz gelassen", analysierte Trainer Carlo Ancelotti, der sich zu diesem Zeitpunkt der Saison aber gnädig zeigte und die Probleme als temporär einstufte.

Hat die Liga doch eine Chance?

Die defensive Instabilität haben die Bayern aus den Testspielen auf jeden Fall vorerst mitgenommen in die Liga. Ancelotti wird sich fragen müssen, wie er seiner Mannschaft auch im Falle von Verletzungen zentraler Spieler die Balance beibringt, die er an seinen Teams normalerweise so schätzt.

Für die Liga hatte das Auftaktspiel anders als in den vergangenen Jahren eine neue Botschaft. Es war keine Machtdemonstration des um Längen überlegenen Rekordmeisters, vielleicht war es ein Signal, dass den Bayern eher beizukommen ist, gerade in den Anfangswochen.

Mats Hummels wünschte sich im Vorfeld der Partie mutigere Gegner. Ob sich die Bundesligateams in den direkten Duellen mit den Bayern trauen und wie die Bayern dann reagieren, könnte doch spannender werden als gedacht.

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