In die Unzufriedenheit gedrängt

Thomas Müller wirkte auch gegen Leverkusen in der Sturmspitze glücklos
© Getty

Die Bayern blieben beim 0:0 in Leverkusen torlos. Während Team und Trainer das recht emotionslos zur Kenntnis nahmen, kochte einer vor Wut: Thomas Müller. Der Frust galt natürlich nicht nur dem Spiel bei der Werkself.

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Thomas Müller war spürbar geladen. "Ich bin stinkig, dass wir hier kein Tor geschossen haben." Kurz nach Abpfiff war ihm am Sky-Mikrofon der Frust anzumerken.

"Wir sind sauer auf uns selbst", erklärte der Nationalspieler weiter. Dabei wurde wenig später klar: Fürs Kollektiv sprach Müller nicht wirklich. Denn Carlo Ancelotti und David Alaba betonten vielmehr das gute Spiel, das die Münchner gemacht hätten. Generell hielten sie sich nicht lange am Leverkusen-Spiel auf: Der Blick richtete sich nach Spielschluss schnell gen Madrid.

Anders Müller, der weiter auf der Ausbeute des Teams rumhackte und sich dabei nicht ausnahm: "Wir hatten drei, vier oder fünf klare Chancen - ich selbst hatte auch eine große. Jedoch habe ich mich falsch entschieden. Unsere Chancenverwertung war fatal." Unzufriedenheit, die bei Müller sicher nicht nur auf dieser Ebene herrschte.

In der Sturmspitze ohne Spielbindung

Wie schon gegen Real Madrid unter der Woche begann Müller als Ersatz für Robert Lewandowski in der Sturmspitze und sollte dabei erneut die Position des Polen eins zu eins bekleiden.

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Ebenfalls wie schon gegen Real glückte Müller das aber nicht. Vorne im Zentrum fehlte ihm gänzlich die Bindung zum Spiel. Zwar war Müller oft anspielbar, jedoch tat er sich bei der Weiterverarbeitung der Bälle schwer. Das Tor im Rücken - das ist nicht Müllers Spiel.

In Leverkusen hatte Müller immerhin die Möglichkeit, einige Male auf den Flügel auszuweichen. Von dort hatte er das Spiel - und vor allem das Tor - vor sich. So konnte er wenigstens Gefahr entwickeln. Im Zentrum fehlten ihm dazu die Mittel.

Ancelotti hat keine Position für Müller

Dass Müller diese selbstgewählte Ausweichoption auf dem Flügel überhaupt blieb, war jedoch einigen Umständen zu verdanken. In Madrid wäre das beispielsweise nicht möglich gewesen: Denn Arjen Robben und Franck Ribery klebten dort viel konsequenter an der Außenlinie und okkupierten die Fläche auf der Außenbahn aktiver als es Kingsley Coman und Douglas Costa am Samstag taten.

Der Platz hätte schlichtweg gefehlt - und die Lösung hätte es ohnehin nicht sein können: Müller soll schließlich den Lewandowski geben.

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Dass er das nicht ist, wissen die Bayern und auch Müller nicht erst seit der vergangenen Woche. Ancelotti hat es im Lauf der Saison aber verpasst, eine geeignete Position für Müller in seinem System zu finden. Zu wenig wurde ausprobiert, Müller dagegen zu sehr in eine Rolle gedrängt, die vor allem Unzufriedenheit mit sich bringt.

Unzufriedenheit bei Müller selbst. Unzufriedenheit im Verein. Unzufriedenheit in der Öffentlichkeit.

Daten: Thomas Müllers Saison in Zahlen

Persönlicher Teufelskreis

Gerade einmal vier Ligatore hat Müller in dieser Saison erzielt. So wenige waren es seit seiner ersten echten Profi-Saison 2009/10 noch nie. Die Öffentlichkeit und auch der Verein erwarten mehr von Müller - ungeachtet seiner Situation.

Hinzu kommt seine wiederholt glücklose Leistung in dieser Saison. Müller hatte mehrere Spiele, in denen er komplett abtauchte - für Ancelotti die Bestätigung, dass der einst von Louis van Gaal für unantastbar erklärte Angreifer kein primärer Baustein seiner Weltklasse-Elf sein muss.

Auch dadurch hat Müller ein Stück weit sein Selbstverständnis verloren, das ihn über Jahre auszeichnete. Der Frust, die große Unzufriedenheit - deshalb verständlich.

Seine emotionalen Aussagen vom Samstagabend sind entsprechend wohl nicht nur seinem großen Ehrgeiz zuzuschreiben. Müller weiß, dass er aus seinem persönlichen Teufelskreis vorerst nicht herauskommt und es so schwer wird, die öffentliche Anerkennung zurückzuerlangen. Denn am Dienstag in Madrid wird Robert Lewandowski wieder beginnen. Das jedenfalls hoffen um Müller herum alle.

Leverkusen - Bayern: Daten zum Spiel