Die Bayern und der Wunsch vom Weitersein

Die Bayern waren im Spiel gegen Schalke wieder einmal nicht zufrieden mit ihrer Leistung
© getty

Der FC Bayern hat beim 1:1 gegen den FC Schalke 04 erstmals 2017 Punkte gelassen. Mit Blick auf die Tabelle ist das Ergebnis aus Sicht der Münchner kein Beinbruch. Der Leistungstrend der letzten Spiele veranlasst den Trainer und die Führungsspieler jedoch dazu, zu mahnen - zumal jetzt die wichtigste Saisonphase beginnt.

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Mahner. Dieses Attribut hatte beim FC Bayern jahrelang Sportvorstand Matthias Sammer auf seiner Visitenkarte stehen. Seit dessen Ausscheiden im vergangenen Sommer gibt es beim Rekordmeister nicht mehr die eine Person, deren Hauptaufgabe eben jenes Finger-in-die-Wunde-Legen ist.

Die Aufgabe ist mittlerweile auf einige Schultern verteilt.

Nach der dritten durchwachsenen Leistung 2017, die beim 1:1 gegen den FC Schalke 04 den ersten Punktverlust des Jahres zur Folge hatte, schickten die Münchner drei Mahner vor die Mikros: Trainer Carlo Ancelotti, Kapitän Philipp Lahm und Torhüter Manuel Neuer. Der Rest schwieg.

Arjen Robben ging wortlos durch die Mixed Zone, Thomas Müller äußerte sich nicht, Robert Lewandowski wollte nicht sprechen, keine Aussagen von Mats Hummels. Wenn die Bayern Punkte lassen, ist die Stimmung nicht gerade auf dem Siedepunkt. Das war auch am Samstagnachmittag so. Deswegen also nur die drei Genannten.

Nicht kompakt genug

Ancelotti wirkte weniger stoisch als sonst nach sieglosen Partien. Der Italiener hat den Angriff in der Rückrunde angekündigt und weiß genau, dass der Start ins neue Jahr noch nicht prickelnd war.

Besonders mit der Raumaufteilung seines Teams war er nicht zufrieden: "Wir waren nicht kompakt genug. Abwehr- und Mittelfeldlinien waren nicht nah genug beieinander. Wir haben die wichtigen Bälle nicht gewonnen, deswegen hatten wir Probleme. Insgesamt war es nicht genug. Wir müssen besser zusammenarbeiten. Das ist keine Frage von Qualität."

Besonders das Problem der Abstände zwischen den Reihen begleitet die Roten seit Wochen. Der SC Freiburg nutzte diese Räume, Werder Bremen erspielte sich in diesen Zonen Torgelegenheiten und auch der FC Schalke 04 verstand es am Samstag, sie zu nutzen, etwa durch Goretzka vor Kolasinacs großer Gelegenheit (17.).

Auffällig war die Eigenschaft des Bayernspiels, weil die Schalker diesbezüglich ein bärenstarkes Spiel machten. Die Abstände zwischen der Fünferkette und dem Dreiermittelfeld stimmten eigentlich immer.

Gepaart mit einer Aggression in den Zweikämpfen und dem Mut, den schnellen Konter zu suchen, machte die Kompaktheit den Bayern das Leben schwer. Auch deswegen kamen die Münchner am Ende lediglich auf eine Passquote von 83,4 Prozent - deutlich unter dem Saisondurchschnitt von 87 Prozent.

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Anders vorgestellt

Infolge der zu großen Abstände und der fehlenden Aggression (45 Prozent gewonnene Zweikämpfe) ließen die Münchner wieder einmal ungewöhnlich viele Gelegenheiten zu: "Wir haben uns das heute auf jeden Fall anders vorgestellt. Schalke hätte das eine oder andere Tor mehr machen können", sagte ein ebenfalls angefressen wirkender Neuer.

Bei dem Tor, das seine alte Liebe erzielte, sah Neuer selbst nicht gerade glücklich aus. Naldos Freistoß rauschte nicht etwa Millimeter neben den Pfosten. Der Bayern-Keeper war sogar da, doch der Ball flutschte ihm unter den Händen durch: "Das Problem war, dass es ein Aufsetzer war, der nicht wirklich hoch gesprungen ist. Ich habe ihn höher erwartet, normal springt er immer einen Tick hoch."

Ob man den Gegentreffer nun als bösen Patzer oder einfach als haltbar einordnet, sei einmal dahin gestellt. Für Neuer war sowieso nicht eine einzige Szene entscheidend. Vielmehr gehe es um die gesamte Haltung: "Wir haben uns vorgenommen, zu Hause mehr Tempo zu gehen und den Ball besser laufen zu lassen. Wir müssen weniger Fehler machen und uns besser bewegen. Die Bälle müssen wieder mit einer besseren Konzentration ankommen. Es fehlt, dass wir die Gegner so unter Druck setzen, dass er in Bedrängnis kommt."

Tatsächlich erspielte sich die Ancelotti-Elf in drei Spielen 2017 nur drei Großchancen. Für die Qualität der Offensivreihe zu wenig.

Nach dem furiosen 3:0-Sieg gegen RB Leipzig zum Jahresabschluss und dem guten Trainingslager in Doha/Katar wähnte sich der Titelverteidiger auf dem richtigen Weg. Ancelotti betonte, dass die Mannschaft eingespielter sei als in der Hinrunde. Drei Spiele später gibt Neuer zu: "Wir hätten uns gewünscht, dass wir spielerisch noch weiter sind."

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Sand im Getriebe - nichts Neues

Die Bayern haben im neuen Jahr Sand im Getriebe. Die Erkenntnis ist nicht neu. Und doch wird sie langsam aber sicher relevant. Denn in der nahen Zukunft stehen die Spiele an, in denen es darauf ankommt. Am Dienstag das Pokalachtelfinale gegen Wolfsburg. Eine Woche darauf das Hinspiel gegen Arsenal in der Champions League.

Bei all der Kritik bleibt festzuhalten: "Bislang ist ja überhaupt nichts passiert", wie Lahm die Situation einordnete. Sieben Punkte aus drei Spielen. Weltuntergang! Logischerweise wissen die Protagonisten beim Rekordmeister einzuordnen, dass es im Fußball am Ende um Resultate geht. Letztlich machte der Spitzenreiter ja sogar einen Punkt auf Verfolger RB Leipzig gut.

"...sonst sind wir schnell in mehreren Wettbewerben ausgeschieden"

Und doch reihte sich auch Lahm in die Mahner mit ein: "Wir hatten vor zwei Wochen in Freiburg Probleme, wir hatten in Bremen Probleme und heute gegen Schalke. Dass wir besser Fußball spielen wollen, ist auch klar. Das müssen wir angehen. Es wird aber nicht so sein, dass man einen Hebel betätigt und bis zum Saisonende super spielt."

Mit der Erfahrung seines 500. Pflichtspiels für die Bayern im Rücken, weiß der Kapitän natürlich, dass jetzt die Crunchtime der Saison beginnt: "Die Mannschaft muss sich bewusst sein, dass sie in den nächsten Wochen nicht so spielen kann wie in den vergangenen drei Spielen. Sonst sind wir nämlich ganz schnell in mehreren Wettbewerben auf einmal ausgeschieden."

Lahm gilt als heißer Kandidat für den vakanten Posten des Sportdirektors beim FC Bayern. Der Letzte, der diesen Posten ausfüllte, war Matthias Sammer. Der Mahner. Eine Disziplin, in der sich auch Lahm am Samstagnachmittag übte.

Bayern - Schalke: Die Statistik zum Spiel