Es gibt ein Leben nach dem Kevin

Kevin De Bruyne sah den Wolfsburger Sieg von der Loge aus
© Getty

Im vermeintlichen Spiel eins nach Kevin De Bruyne ballerte sich der VfL Wolfsburg mit einer starken Vorstellung an die Tabellenspitze. Während im Lager der Wölfe Realismus im Theater um den Superstar herrscht, war beim Gegner den Grund für die deutliche Abfuhr schnell gefunden.

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An ein paar Stellen versuchte Klaus Allofs noch, zu relativieren. Das Unvermeidbare nicht schon vor dessen Eintritt beim Namen zu nennen. Zum Beispiel, als der Wölfe-Manager sagte, jeder im Klub habe gerne mit Kevin De Bruyne gespielt - nur um gleich hinterher zu schieben: "Oder spielt gerne mit ihm."

De Bruyne wird den VfL verlassen und sich Manchester City anschließen. Das ist nicht erst seit dem Field-Interview von Allofs nach der starken Vorstellung beim 3:0 über Schalke jedem klar, der nur ein wenig zwischen den Zeilen lesen kann.

Umso beeindruckender darf die Vorstellung der Wölfe angesehen werden, die gegen ein schwaches Schalke keine zitternden Knie ob des Abgangs des großen Stars hatten, sondern sich in einem beeindruckenden Spiel kurzerhand an die Tabellenspitze schossen. Es gibt also ein Leben nach dem Kevin.

"Wir haben alles versucht"

Dabei überraschte vor allem die angenehme Ruhe, mit der die eigentlichen Hauptprotagonisten an das groß debattierte Thema der letzten Tage heran gingen. "Wir können auch ohne sie Fußball spielen", befand Allofs zu De Bruyne und dem ebenfalls abwanderungswilligen Ivan Perisic, lobte die "vielen Möglichkeiten im breiten Kader" und das Auftreten der Fans ohne "negative Störgeräusche". Die Anhänger würden wissen, "dass wir alles versucht haben".

Verteidiger Timm Klose, Schütze zum sehenswerten und vorentscheidenden 3:0, sah sich sogar veranlasst, dem Umfeld und dem Trainerteam für den Umgang mit der Causa KdB zu danken. "Wir hatten Ruhe und wurden ein bisschen abgeschottet", sagte der Schweizer nach Abpfiff. "Ein Dank ans Trainerteam."

So muss es ohnehin wohl oder übel ohne den hochbegabten Belgier weitergehen. Und während Fußball-Deutschland über qualitativ unzureichende Nachfolger und einen Absturz diskutiert, bleibt man in der Autostadt cool. "Das war noch nicht am Limit", schickte Allofs eine kleine Ansage an die restlichen Klubs. "Wir können uns noch weiter steigern."

Träschi und der breite Kader

Auch Bas Dost, dessen Tor der Dosenöffner in einer "überragenden" ersten Halbzeit war, war weit davon entfernt, den Kopf in den Sand zu stecken. "Wir haben noch mehr Spieler", sagte der Niederländer, weil sich auch er - natürlich - zum bald ehemaligen Teamkameraden äußern musste.

Doch ebenso wie Coach Dieter Hecking ("Ich rede nur über die Spieler, die auf dem Platz gestanden haben") verwies der Torjäger auf die Akteure aus der zweiten Reihe. "Träschi", damit war Christian Träsch gemeint, "hat heute sein erstes Spiel und ist einer der Besten. Wir haben einen überragenden Kader." Tatsächlich waren es Träsch, unter anderem mit dem Assist zur Führung, und der enorm umtriebige De-Bruyne-Ersatz Vieirinha, die gegen Königsblau zu den Matchwinnern wurden.

Es darf also durchaus Optimismus herrschen im Lager der Wölfe nach dieser Vorstellung, wenn auch der Sieg gegen Schalke nicht der Gradmesser für den Rest der langen Saison mit Aufgaben in der Königsklasse herhalten darf.

Findungsphase, Umbruch - guter Weg?

Ein Abstimmungsfehler in der Schalker Innenverteidigung sowie zwei Eckballvarianten - mit freundlicher Mithilfe einer durchaus misslungenen Grätsche von Sead Kolasinac - reichten gegen Königsblau zum Dreier. Als "unterirdisch" und im "Dauerlauf" vorgetragen bezeichnete Schalke-Coach Breitenreiter die Vorstellung seiner Mannschaft in der Anfangsphase, der seine erste Pflichtspielpleite als Trainer der Knappen kassierte.

Doch war man sich auf Seiten der Unterlegenen schnell einig, was die Ursachenforschung angeht. "Wir sind noch in der Findungsphase", beschwichtigte der Coach und schlug in dieselbe Kerbe wie Schlussmann Ralf Fährmann, der seiner Mannschaft noch einen "Umbruch" attestierte. "Wir haben noch keine Konstanz über 90 Minuten."

Und während Wolfsburg zumindest vorübergehend am Platz an der Sonne thront, ist Schalke - bei denen es neben dem quirligen Leroy Sane und mit Abstrichen Julian Draxler wenige Lichtblicke gab - als Siebter akut gefährdet, bis Sonntag weiter nach hinten durchgereicht zu werden.

Zwar bescheinigte der Coach seiner Truppe dennoch einen "guten Weg", wirklich zu sehen war der am Freitagabend aber hauptsächlich bei der Mannschaft, die ihren Superstar in der Loge sitzen hatte - und bald gänzlich ohne ihn auskommen werden muss.

Wolfsburg - Schalke: Daten zum Spiel