Abgezockte Leverkusener auf CL-Kurs

Julian Brandt (r.) brachte Leverkusen kurz vor der Pause in Führung
© Getty

Am 29. Spieltag der Bundesliga hat Bayer Leverkusen das 58. Rheinische Derby gegen den 1. FC Köln mit 2:0 (2:0) gewonnen. Die Werkself ist damit wieder auf Champions-League-Kurs, Köln bleibt bei nur zwei Siegen in der Rückrunde stehen.

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Vor 50.000 Zuschauern im Rhein-Energie-Stadion brachte Julian Brandt Leverkusen in Führung (39.), noch vor der Halbzeitpause machte Chicharito den Doppelschlag und den Auswärtssieg perfekt (44.). Es war der vierte Bundesliga-Sieg ohne Gegentor in Folge für die Werkself. Sekunden vor dem Ende flogen Kölns Bittencourt (Rot - grobes Foulspiel) sowie Leverkusens Wendell nach einer Rangelei (Gelb-Rot) vom Platz.

Köln hat dagegen seine letzten vier Heimspiele allesamt verloren, am kommenden Sonntag geht es zum FSV Mainz. Leverkusen auf der anderen Seite klettert mit dem Sieg auf den vierten Platz - und hat den Tabellendritten Hertha BSC bei nur einem Punkt Rückstand fest im Blick.

Gegen Frankfurt werden am 30. Spieltag allerdings neben Wendell auch Ramalho fehlen. Ramalho sah die fünfte Gelbe Karte.

Die Reaktionen:

Roger Schmidt (Trainer Leverkusen, über die beiden Platzverweise): "So wie man den Spieler kennt war das sicherlich nicht bösartig von Leonardo Bittencourt. Aber es war eine Rote Karte. Und ich denke, auch die Gelb-Rote Karte gegen unseren Spieler geht in Ordnung. Er ist halt ein Brasilianer und muss sich daran gewöhnen, dass er nicht mehr in Brasilien spielt, sondern in Deutschland, und das hier geahndet wird. Wenn man die Bilder gesehen hat, muss man sagen: Der Schiedsrichter hat die Situation richtig gelöst."

Bernd Leno (Leverkusen): "Ich glaube, unsere Chancen stehen jetzt sehr gut. Wir treffen noch auf Gladbach und auf die Hertha, haben unser Schicksal also selbst in der Hand. Jetzt wo wir so nah an Berlin dran sind wollen wir natürlich auch den dritten Platz und die direkte Champions-League-Qualifikation. Damit kann der Verein wesentlich besser planen."

Dominic Maroh (Köln, über Bittencourts Rote Karte): "Ich habe das Foul natürlich gesehen, da war bei Leo Frust dabei, ganz klar. Das darf ihm natürlich trotzdem nicht passieren, denn jetzt ist er gesperrt und wir brauchen ihn. Er ist ein halber Brasilianer und ein wenig hitzköpfig, trotzdem hat er der Mannschaft damit ein wenig weh getan."

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Bei Köln gibt es im Vergleich zum 1:1 gegen Hoffenheim keinerlei Änderungen: Das Offensiv-Quartett bestehend aus Modeste, Gerhardt, Bittencourt und Zoller soll es auch im Derby richten. Mavraj ist nach überstandener Magen-Darm-Grippe noch nicht fit für 90 Minuten.

Leverkusen dagegen stellt zumindest auf zwei Positionen um: Nach dem beeindruckenden 3:0-Sieg über Wolfsburg in der Vorwoche rücken Yurchenko und Chicharito in die Startformation, Bender und Kießling, beide nach wie vor nicht bei 100 Prozent, müssen dafür zuschauen. Bei Bender reichte es nicht einmal für einen Kaderplatz.

3.: Erster Annäherungsversuch der Hausherren: Zoller hält aus gut 20 Metern einfach mal drauf - und Leno sieht nicht gut aus! Die Kugel prallt ihm zunächst wieder aus der Hand, erst im Nachfassen hat Leno den Ball sicher.

14.: Die beste Gelegenheit der Partie bislang! Calhanoglu zieht einen Freistoß von links aus sehr spitzem Winkel direkt auf den Kasten - Horn lenkt den Ball gerade so um den Pfosten.

21.: Es bleibt ein äußerst intensives Spiel und die Torchancen folgen: Köln schaltet nach dem Ballgewinn von Modeste wieder schnell um, Hector flankt von links und Modeste setzt sich gegen Ramalho durch. Sein Kopfball rauscht aber am kurzen Pfosten vorbei.

39., 0:1, Brandt: Es hatte sich angedeutet: Leverkusen verlagert das Spiel seit etwa einer Viertelstunde immer stärker in die Hälfte der Hausherren, Bellarabi hebt den Ball rechts am Strafraum sehenswert genau zwischen die Kölner Abwehrspieler. Aus dem Rückraum stürmt Brandt heran und knallt die Kugel humorlos ins kurze Eck.

44., 0:2, Chicharito: Jetzt geht alles zu schnell für die Kölner: Leverkusen zieht im Spiel nach vorne merklich das Tempo an, dieses Mal geht es über links. Brandt flankt in die Mitte, wieder Bellarabi legt ab für den heraneilenden Chicharito und der Mexikaner kann Horn aus kürzester Distanz ohne Gegenspieler überwinden.

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59.: Fast aus dem Nichts hat der FC die Mega-Chance auf den Anschlusstreffer! Nach einer Risse-Flanke von rechts gewinnt Zoller das Kopfballduell gegen Tah und wuchtet die Kugel in Richtung kurzes Eck. Doch Leno ist mit den Fingerspitzen dran und kann das Gegentor in Co-Produktion mit dem Pfosten verhindern!

68.: Und die nächste gute Chance für Köln, Bayer lässt sich zu weit hinten rein drängen. Erst ist Bittencourt links im Strafraum durch, Leno pariert stark. Die darauf folgende Flanke findet Zoller, dessen Direktabnahme am langen Pfosten vorbei fliegt.

90.+4: Jetzt hätte es Leverkusen beinahe zu deutlich gemacht: Calhanoglu darf nochmal per Freistoß ran und der Ball kracht ans Aluminium. Von da aus prallt die Kugel an Horns Hinterkopf ab - Ecke.

90.+6: Wir sind schon lange in der Nachspielzeit - und auf einmal wird es doch noch wild im Derby. Das Spiel ist längst entschieden, da kommt es nach einem heftigen Foul von Bittencourt am Kölner Strafraum zur Rangelei. Bittencourt muss für seine Grätsche von hinten mit glatt Rot runter, Wendell sieht infolge der Rangelei Gelb-Rot.

Fazit: Ein verdienter Sieg für abgezockte Gäste. Köln schaffte es nicht, das aufopferungsvolle Spiel der ersten 25 Minuten aufrecht zu erhalten und prompt verlor der FC Zugriff und Kontrolle. Leverkusen nutzte seine Chancen eiskalt aus und konnte das Ergebnis dann mit wenig Aufwand verwalten.

Der Star des Spiels: Bernd Leno. Der Leverkusener Schlussmann verhinderte mit einigen starken Paraden, dass Köln in Führung ging beziehungsweise das Spiel im zweiten Durchgang nochmal spannend machte. Dabei musste er mehrfach in größter Not retten, die mitunter passive Grundhaltung der Gäste im zweiten Durchgang nahm den eigenen Torwart in die Pflicht. Ebenfalls stark: Julian Brandt und Karim Bellarabi, die das Spiel mit ihren Offensivaktionen entschieden.

Der Flop des Spiels: Kevin Vogt. Köln hatte im zentralen Mittelfeld viel zu wenig Zugriff und konnte aus dem eigenen Mittelfeld heraus zu wenig Gefahr und Struktur nach vorne vermitteln. Vogt konnte dem Spiel nie seinen Stempel aufdrücken und agierte deutlich zu unauffällig. Gleiches lässt sich auch über Nebenmann Matthias Lehmann sagen.

Der Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin). In seinem 200. Bundesliga-Spiel ließ Gräfe die Spieler an der langen Leine und bleib der eigenen Linie treu - das Spiel ließ das auch zu. Extrem unauffällige und somit gute Vorstellung von Gräfe, der keine kniffligen oder gar spielentscheidenden Entscheidungen treffen musste. Unsportlich wurde es erst mit der allerletzten Szene des Spiels.

Das fiel auf:

  • Köln begann aggressiver und gewann zunächst klar mehr Zweikämpfe. Das frühe Pressing störte den Leverkusener Spielaufbau merklich, zudem spielte der FC schnell nach vorne. Häufig pressten die Gastgeber mit drei bis vier Spielern tief in der Leverkusener Hälfte und standen auch in der Grundordnung mit offensiven Außenverteidigern sehr hoch. Gleichzeitig wurde es aber kaum einmal wirklich gefährlich: Der letzte Pass kam zu selten.
  • Der FC ging dabei die drei Leverkusener Aufbauspieler (zwei Innenverteidiger und einer der defensiven Mittelfeldspieler) mehrfach mit drei Spielern an, um so lange Pässe zu erzwingen. Doch Bayer schaffte es nach etwa einer halben Stunde, das Spiel per Ballbesitz zu beruhigen und Tempo aus dem Kölner Spiel raus zu nehmen. Das drängte die Gastgeber weiter in die eigene Hälfte, reduzierte die FC-Konterchancen und brachte Leverkusen häufiger in Strafraumnähe.
  • Das eigene Pressing dagegen hielt sich aufseiten der Werkself in Grenzen, stattdessen suchte Leverkusen sein Offensiv-Heil meist aus einem geordneten Spielaufbau heraus über Bellarabi auf der rechten Seite. Als Köln Leverkusen zunehmend in der eigene Hälfte ein Kombinationsspiel aufziehen ließ, wurden auch Bellarabi sowie Brandt auf der anderen Seite deutlich gefährlicher. Zuvor standen beide zu häufig gegen zwei Verteidiger, wenn der lange Pass ankam.
  • Wie schon in der ersten Hälfte präsentierte sich Köln auch zu Beginn des zweiten Durchgangs - wenn auch deutlich kürzer - als die aktivere Mannschaft und drückte Bayer phasenweise tief in die eigene Hälfte. Doch konnten sich die bemühten Gastgeber erneut nicht selbst belohnen.
  • Leverkusen auf der anderen Seite verlagerte sein Spiel mit der Führung im Rücken immer stärker auf die Konter und ging ein wenig weg vom strukturierten Spielaufbau der ersten Hälfte. Der Ballbesitz-Fußball fand jetzt eher in der eigenen Hälfte statt, mitunter agierten die Gäste hier auch zu passiv. Gleichzeitig zeigte Bayer aber wie schon in den vergangenen Wochen, dass die Defensive deutlich sicherer steht als noch in der Hinrunde - und konnte sich auf Leno verlassen.
  • Für Bayer setzt sich eine beeindruckende Serie fort: Leverkusen ist in dieser Saison jetzt 14 Mal in Führung gegangen - und hat alle 14 Spiele gewonnen.

Köln - Leverkusen: Die Statistik zum Spiel